Steif trottet Lucky aus dem grossen Anhänger. Das Pony ist ein Hufrehepatient. Und seine Aussichten auf komplette Heilung sind mässig. Seit über einem Jahr leidet der erst sechsjährige Wallach wohl an der in seinem Fall chronischen Form der Krankheit. So genau weiss man es aber nicht. Das verraten lediglich die Röntgenbilder und die Hufform. Lucky hat an allen vier Hufen Hufrehe. Meist tritt sie nur an den beiden Vorderhufen auf. Typischerweise nehmen die erkrankten Equiden eine Entlastungsposition ein, um die schmerzenden Extremitäten zu schonen. Sind alle betroffen, wird das aber schwierig. Lucky liegt daher viel. Wäre er nicht ein Pony, sondern ein Pferd, das mehrere 100 kg wiegt, würde ihm das Aufstehen mehr Mühe bereiten. Hier hat das Pony einen entscheidenden Vorteil.
Die Fälle nehmen zu
«Die Krankheit ist am Zunehmen», erklärt der behandelnde Tierarzt Beat Wampfler vom Nationalen Pferdezentrum (NPZ) in Bern. «Und solche Patienten, wie Lucky, sind typisch. Ein bisschen Spazieren ist einfach keine an-gemessene Aufgabe für so ein Tier», mahnt Wampfler. Der «Jö-Herzig-Effekt» sei meist schuld, dass ein Pony angeschafft werde. «Es hat aber die gleichen Bedürfnisse wie ein Pferd», sagt der Tierarzt, und da gehöre passende Arbeit zum entsprechenden Futterangebot einfach dazu. Sonst droht die Fettleibigkeit, eine der häufigsten Ursachen für Hufrehe, es gibt aber auch andere (siehe Kasten unten). «Übergewicht ist übrigens eines der grössten Probleme der modernen Pferdehaltung», sagt der Pferdearzt.
Hier erfahren Sie, wie Sie Hufrehe verhindern können.
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Die Krankengeschichte ist unklar
Luckys Geschichte und wie es zur Krankheit kam, ist nicht genau bekannt. Bruno und Christine Megert aus Speiz BE haben ihn aus einem Stall geholt, wo Luckys Krankheit nicht behandelt wurde. Der kleine Kerl muss über lange Zeit grosse Schmerzen ertragen haben. Ein tierschutzwidriger Zustand, der, würde er angezeigt, nicht ohne Folgen wäre.
Mehr über die Ursachen für Hufrehe lesen Sie hier.
Die Genesung ist noch unsicher
Vor zwei Monaten hat Lucky den Stall gewechselt. Früher lebte er anscheinend mit zwei Eseln zusammen. Seine Krankheit ist die Folge von falscher Haltung, fehlerhafter Fütterung, mangelnder Bewegung und mit ganz grosser Wahrscheinlichkeit aufgrund von Übergewicht entstanden. Die Röntgenbilder zeigen, dass das Hufbein stark rotiert ist. Ob Lucky dereinst wieder ganz gesund wird, ist nicht klar.
Lucky bleibt ein Hufrehepony
Sicher ist, dass ohne Behandlung ein Leben für das Pony ohne Qualität, gezeichnet von Schmerzen und eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit die Zukunft ist. Aber auch wenn Luckys Behandlung erfolgreich ist und seine Bewegung sich wieder einem normalen Gangmuster annähert, wird er nie mehr das Leben führen, das ein gesundes Pony haben könnte. Er bleibt ein Hufrehepony und hat darum eine erhöhte Sensibilität. Die Ansprüche an seine Haltung sind hoch, weil er immer wieder Gefahr läuft, einen Rückfall zu erleiden.
Rehe kommt von Räh
Der Name Hufrehe hat seinen Ursprung in der althochdeutschen Sprache, wie aus einer Recherche hervorgeht. Als Althochdeutsch bezeichnet man die älteste schriftlich überlieferte Sprachform des Deutschen. Diese wurde zwischen 750 und 1050 verwendet, weiss das Internetlexikon Wikipedia.
Rehe stammt demnach vom althochdeutschen Wort «räh» ab, das so viel bedeutet wie steif. Wer schon mal ein Pferd oder Pony mit Hufrehe gesehen hat, weiss, weshalb dem so ist, denn der Gang des kranken Tiers wird ausgesprochen steif.
Hufrehe scheint also alles andere als eine neuzeitliche Erscheinung zu sein. Fachpersonen sprechen davon, dass mit der Verabreichung von «Körnern», also dem ersten Kraftfutter, auch erste Rehefälle auftraten.
Eingeschränkte Bewegung und schnelles Hufwachstum
Noch Tage nach dem Stallwechsel konnte das Pony nicht traben, geschweige denn galoppieren. Er hatte gelernt, mit seinen Schmerzen an den Hufen zu leben und so nur das Nötigste zu laufen und das alles im Schritt. Kurz waren seine Schritte und er mied nach Möglichkeit enge Wendungen. Immer wieder machte er Pausen beim Laufen, trottete wieder ein paar Schritte und blieb dann stehen. Equiden sind Fluchttiere. Eigentlich ist es ihnen eigen, sich in sehr hohen Geschwindigkeiten zu bewegen und auf das kleinste Geräusch zu reagieren und davonzugaloppieren. Das kann Lucky nicht. Neben seinen massiv eingeschränkten Möglichkeiten war auch an seiner Hufform sichtbar, dass etwas nicht stimmt. Wie Schnäbel wuchsen die Zehen nach vorne und oben. Zudem wächst das Horn sehr schnell, das ist Teil der Krankheit.
Ein Spezialbeschlag soll helfen
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Nun hat Luckys Therapie begonnen. Der Hufschmied Cyrill Zuber versucht mit einem Spezialbeschläg die Rotation am Hufbein rückgängig zu machen. Zudem muss das Pony an Gewicht verlieren und nach Möglichkeit angemessene Beschäftigung haben. Seit wenigen Tagen hat er einen Ponyfreund, den 16-jährigen Anouk. Irgendwann vielleicht dürfen die beiden gemeinsam einen Galopp über eine Weide wagen. Innert Jahresfrist wird das aber nicht möglich sein. Geduld gehört eben auch zur Hufrehe.