Bald kommen die ersten Schafherden von den Alpen runter und mit ihnen auch Weidelämmer, die das Schlachtgewicht noch nicht erreicht haben. Vielfach haben sie jedoch das fruchtbare Alter schon erreicht und können somit die weiblichen Tiere in der Herde bereits gedeckt haben. Für unkastrierte Bock-Weidelämmer wurden bisher auf öffentlichen Märkten 20 beziehungsweise 25 Franken in Abzug gebracht. Jetzt wurde der Tarif gemäss angepasster Wochenpreistabelle auf 50 Franken erhöht.
Anreiz zur Kastration
Diese Anpassung wurde von einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der Schafproduzenten, des Schafhandels und der Verwerter erarbeitet und von der Kommission Märkte und Handelsusanzen sowie vom Proviande-Verwaltungsrat verabschiedet. Die Anpassung wird vom Schafzuchtverband begrüsst. Damit löse man einen Teil des Problems der ungewollt trächtigen Schlachtschafe dort, wo es entstehe, nämlich bei den Lämmern, sagt Geschäftsführer Christian Aeschlimann. So erhofft man sich, einen deutlichen Anreiz zu setzen, damit die Lämmer bereits im Alter von wenigen Tagen kastriert werden. Ein kleiner, unkomplizierter Eingriff mit grosser Wirkung für die Schafhalter.
Teure Untersuchung
Die Zahl ungewollt trächtiger Schlachtschafe ist im Vergleich zu anderen Tierkategorien hoch und soll nun mit der Kastration der jungen Widderlämmer deutlich sinken. Es können auch Trächtigkeitsuntersuchungen bei den Schlachttieren durchgeführt werden. Diese sind jedoch teuer und es ist anspruchsvoll, ein verlässliches Resultat zu bekommen. Ein Aufwand, der sich beim zu erwartenden Schlachterlös nicht immer rechnet.
Bringen Unruhe in Herden
Nicht nur, dass die Jungwidder teilweise auf den Alpen und in Wanderherden unbemerkt Auen decken. «Sie bringen auch eine grosse Unruhe in die Herden», erläutert Christian Aeschlimann. Durch die Unruhe resultieren weniger schöne Schlachtkörper. Schafhalter, die Jungwidder zur Weitermast kaufen, müssen diese eigentlich immer separat halten. Ihre Beliebtheit hält sich darum ebenfalls bei den potenziellen Käufern in Grenzen.
Alpen ohne Widder gesucht
Da auf den Alpen die Schafe verschiedener Besitzer zusammenkommen, sind in erster Linie die Besitzer der Widderlämmer in der Pflicht und nicht diejenigen der Auen. Die Branchenvertreter hoffen, dass das Problem der trächtigen Schlachtschafe über den Widderabzug geregelt werden kann. Zur Sensibilisierung für die Thematik ist auch ein Merkblatt erarbeitet worden, das diesen Herbst an alle Schafhalter verschickt wird. Einen Abzug für trächtige Auen möchte man ausdrücklich verhindern. Bereits haben einzelne Alpen gehandelt und nehmen keine unkastrierten Widderlämmer mehr auf. Solche Alpen sind sehr gesucht und es dürfte künftig mehr davon geben.
Kurse werden gut besucht
Der Abzug soll nun auch den übrigen Schafhaltern eine Motivation geben, Bocklämmer zu kastrieren. Wer den entsprechenden Sachkundenachweis erwirbt, kann seine Lämmer selber kastrieren. Der Aufwand beträgt einen halben Tag Theoriekurs, der Praxisteil kann anschliessend mit dem Bestandestierarzt an den eigenen Tieren absolviert werden.
Der Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer (BGK) wie auch verschiedene landwirtschaftliche Zentren bieten regelmässig solche Kurse an, die gut besucht werden. Christian Aeschlimann betont, dass bei den Schafzüchtern eine grosse Bereitschaft besteht, die Kastration zu erlernen.
Nur Weidelämmer
Aus züchterischer Sicht erwartet Christian Aeschlimann keine Auswirkungen. Wer seine Widder für die Zuchtauswahl erst später selektionieren will, der kann das weiterhin tun, denn Tiere, die auf dem Betrieb ausgemästet werden, sind vom Abzug nicht betroffen. Wer seine Lämmer also direkt in den Schlachthof liefert, kann seine Widderlämmer weiterhin unkastriert dort anliefern. Wer die Lämmer allerdings auf öffentlichen Märkten in einer Gewichtsklasse von 23 bis 39 kg Lebendgewicht (LG) als Weidelamm weiterverkauft, der muss ab sofort den Abzug von 50 Franken in Kauf nehmen.
Zahlen werden nun erhoben
Genaue Zahlen, wie viele Auen bei der Schlachtung trächtig sind, wurden bisher nicht erhoben. Dies soll nun gemacht werden, indem in einigen Schlachtbetrieben während eines bestimmten Zeitraums systematisch Trächtigkeitsuntersuchungen gemacht werden. Wann Schafe schlacht- und geschlechtsreif sind, ist auch stark von der Rasse und der Haltung abhängig. Aus diesem Grund sind grundsätzliche Empfehlungen, abgesehen von der Kastration der Widderlämmer und einem strikten Herdenmanagement, schwierig zu machen. Weidelämmer werden ausschliesslich an den öffentlichen Märkten gehandelt. Laut Jahresbericht der IG öffentliche Märkte wurden im vergangenen Jahr dort insgesamt 16 620 Weidelämmer veräussert.
Weitere Anpassungen
Die Wochenpreistabelle für Lämmer und Schafe der Proviande wurde in weiteren Punkten leicht angepasst. Weidlämmer der Fettklasse 1 über 39,1 kg LG werden als Lämmer zum Schlachten eingestuft und erhalten einen Abzug von 70 Rappen. Dabei handelt es sich um überschwere Weidelämmer, welche bereits bisher nicht ausgemästet, sondern geschlachtet worden sind. Bei der Schlachtung wird lediglich in Lämmer LA und ältere Schafe (SM 2 und SM 4-8) unterschieden. Für die Kategorie Lämmer LA gilt weiterhin ein Gewichtslimit von 43 kg LG. Nicht kastrierte männliche Schlachtlämmer LA haben keinen Abzug.
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