Während in der Ostschweiz das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) eine halbe Million Besucherinnen und Besucher anzog, stand im Westen des Landes eine andere Schweizer Traditionssportart im Rampenlicht: In Céligny GE trafen sich vom 28. bis 31. August 2025 die besten Gespannfahrerinnen und Gespannfahrer zur Schweizermeisterschaft. Auf dem Gelände Grande Coudre wurde in den Disziplinen Dressur, Marathon und Kegelfahren um die Titel gekämpft – verteilt auf sieben Kategorien.

Der Fahrsport, tief in bäuerlicher Tradition verwurzelt, verlangt von den Athletinnen und Athleten mehr als Technik und Präzision. Im Mittelpunkt steht die Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd – eine Verbindung, die oft über viele Jahre und Generationen gewachsen ist. Ein Beispiel dafür liefert die 28-jährige Géraldine Bieli aus Mümliswil SO, die mit ihrer Stute Lagoya vom Ebnet bei dieser Meisterschaft die Bronzemedaille holte.

Eine Partnerschaft, die im Fohlenalter begann

«Lagoya ist ein ganz besonderes Pferd», sagt Géraldine, «sie war das erste Fohlen unserer Laguna – die wiederum mit meinem Vater erfolgreich bis in die Klasse S unterwegs war.» Heute ist die Stute 14 Jahre alt, charakterstark, ehrgeizig und doch feinfühlig im Umgang.

Die gemeinsame Geschichte der beiden reicht weit zurück. Lagoya habe in jungen Jahren kaum sportliche Ambitionen gezeigt, erzählt Géraldine. «Bummelig, aber unheimlich anhänglich» sei sie damals gewesen, bevor sie 2012 beim Feldtest mit Topnoten überraschte und kurz darauf in Avenches VD zur Elitejungstute gekürt wurde.

Von da an reihten sich die Stationen: Siege in Jungpferdeprüfungen, eine Fohlenpause 2017, der erste Start in einer Vollprüfung 2018, die erste Schweizermeisterschaft 2019. Damals sass noch der Vater an den Leinen, Géraldine war als Groom für das Wohl der Pferde verantwortlich.

Dann übernahm Tochter Géraldine das Leitseil

Selbst die Leinen zu übernehmen, habe sie lange hinausgezögert, gesteht sie. «Während meinen Aus- und Weiterbildungen blieb kaum Zeit. Ich habe zwar seit zwölf Jahren die Fahrlizenz, aber ich genoss lieber gemütliche Ausritte mit Lagoya.» Erst 2024 wagte sie den Schritt in die Kategorie L. «Da wurden wir gleich Achte, und kurz darauf in Wittererswil schon Dritte. Das hat mir gezeigt: Jetzt ist der Moment gekommen.»

Corona, Motivation und ein Powerfribi

Die Pandemie brachte den Fahrsport bei Bielis zwischenzeitlich zum Stillstand. «Wir verloren die Motivation, wieder voll einzusteigen», erinnert sie sich. Doch die Leidenschaft für Pferde blieb. Jährlich werden auf dem elterlichen Hof vier bis sechs Jungpferde ausgebildet – parallel zu Landwirtschaft und ihrem 80 %-Pensum bei IP-Suisse.

Umso wertvoller sei Lagoyas Kämpferherz: «Sie will immer alles richtig machen. Selbst Anfänger können mit ihr umgehen, und gleichzeitig hat sie diesen unbändigen Willen. Unser Powerfribi eben», so die junge Agrotechnikerin.

Das Team hinter dem Erfolg

Beim Gewinn der Bronzemedaille in Céligny spielte auch das Team eine tragende Rolle. An Géraldines Seite stand Groom Enya Dessibourg aus Gals BE, die sie bereits vor einigen Jahren in Murten FR kennengelernt hatte. «Enya ist nicht nur Groom, sondern auch manuelle Tiertherapeutin – sie behandelt die Pferde osteopathisch und energetisch. Für uns ist sie eine unschätzbare Unterstützung.»

Ebenso wichtig sei die Familie. «Ohne meine Eltern wäre das alles nicht möglich. Sie sind immer da – neben, auf und während den Turnieren.»

Der Blick nach vorn

Wie geht es nun weiter? Nach Bronze ist vor der nächsten Saison. «Die Qualifikation für die Schweizermeisterschaft 2026 haben wir bereits in der Tasche», sagt Géraldine. Ihr Ziel: gesund bleiben und weiter wachsen – sei es im Fahrsport, im Springsport oder bei der Ausbildung von Jungpferden.

Die Bronzemedaille von Céligny schreibt ein neues Kapitel in einer bereits langen gemeinsamen Geschichte. Lagoya, selbst aus einer bewährten Sportlinie stammend, und ihre Fahrerin, die bald den elterlichen Hof übernehmen wird, haben hier bewiesen, dass sie auf höchstem Niveau bestehen können. Es war nicht der Abschluss, sondern der Beginn einer Phase, in der die beiden den Schweizer Fahrsport noch länger prägen könnten.