Herr Meili, in der EU beträgt die Limite vom Ausbluten bis zum Ausnehmen 120 Minuten. Was halten Sie davon?
Eric Meili: Wir als IG Hof- und Weidetötung würden diese Erhöhung sehr begrüssen. Der SBV wird uns hoffentlich in diesen Belangen unterstützen.
Welche Auswirkungen hätte es, wenn die Limite auf 90 Minuten erhöht würde?
Wegen der Kleinräumigkeit der Schweiz würde die Erhöhung auf 90 Minuten natürlich viel mehr Betriebe einschliessen. Der Radius, um ein Schlachthaus anzufahren, würde vergrössert. Für Betriebe, die auch in 90 Minuten keinen Schlachtbetrieb auffinden können, bietet sich dann die geplante mobile Schlachtanlage an. Damit erfolgt die Schlachtung auf dem Betrieb. Der Transport ins Schlachthaus entfällt.
Warum ist es für die IG in Ordnung, dass die Limite nicht auf 120 Minuten steigt?
Weil wir befürchten, dass mit 120 Minuten ein – sagen wir dem einmal – «Tote-Tiere-Tourismus» stattfinden könnte. In zwei Stunden kommen Sie in der Schweiz weit. Das wollen wir nicht. Somit bleiben die Distanzen zwischen den Betrieben und den Schlachthäusern verhältnismässig und gleichzeitig bringt das den kleineren, regionalen Schlachthäusern Aufträge. Zudem beansprucht es pro Tötung weniger Koordination der Veterinärämter, wenn die Tötung und die Schlachtung im selben Kanton stattfinden. Dies reduziert den administrativen Aufwand. Nichtsdestotrotz setzen wir uns dafür ein, dass sich in der Schweiz mehr Betriebe für die Hoftötung entscheiden.
Man munkelt, dass die Veterinärämter die 45 Minuten nicht erhöhen möchten.
Was ich bis jetzt gehört habe, sind die Erfahrungen, welche die Angestellten der Veterinärämter allgemein mit der Hoftötung gemacht haben, gut. Es ist eine Verbesserung gegenüber vielen kleinen Schlachthöfen, welche die Tiere nicht fixieren können. Wir hoffen deshalb, dass die Ämter die Erhöhung auf 90 Minuten befürworten, damit mehr Tierhalter mitmachen können und das wachsende Bedürfnis der Kunden befriedigt werden kann.
Das heisst, das Thema gewinnt an Momentum?
In der Schlachtbranche ist die Nachfrage nach einer stressfreien Schlachtung noch zögerlich. Dennoch gewinnt das Thema an Bedeutung. Die Politik hinkt der Gesellschaft aber leider hinterher. Immerhin hat die Schweiz die gesetzlichen Grundlagen zwei Jahre vor der EU eingeführt.
Welche Bedeutung hat die Hof- und Weidetötung momentan in der Schweiz?
Die Hof- und Weidetötung ist momentan noch eine kleine Nische. Vor allem Direktvermarkter von Fleisch machen davon Gebrauch. Uns ist aber wichtig, dass immer mehr Nutztiere den Lebendtiertransport umgehen können.
Welchen Mehraufwand bedeutet die Hoftötung für die kantonalen Veterinärämter?
Es ist klar, dass die Durchführung von Hof- und Weidetötungen für die Ämter einen Mehraufwand bedeuten (z. B. Lebendtier-schau auf dem Hof), aber wenn die Bevölkerung Fleisch von Tieren ohne Lebendtiertransport nachfragt, dann ist meine Meinung, dass die Behörden gewährleisten müssen, dass das ermöglicht werden kann.
Wer zahlt für die Tötung auf dem Betrieb?
Das liegt zu 100 % beim Landwirt und bei der Landwirtin. Wir wollen auch nicht, dass der Bund hier finanziell mitmischt und die Aufgabe auf den Staat abgeschoben wird. Das ist nicht das Ziel der Interessensgemeinschaft.
Dann gibt es auch keine Anzeichen, dass der Bund in Zukunft diese Methode unterstützen würde?
Nein.
Ist es möglich, dass der Detailhandel in Zukunft für hofgetötete Tiere mehr zahlt?
Das könnte durchaus möglich sein. Aber so weit sind wir noch nicht.
