Hirsche sind und bleiben Wildtiere, auch wenn sie in Gehegen gehalten werden. Und dies ist auch gut so, sind sich Marcel Affolter und Christine Pernet einig. Es wäre zwar möglich, die Tiere im Winter mithilfe von Futter handzahm zu machen. Doch die Züchter von Damhirschen aus der Seeländer Gemeinde Grossaffoltern, verzichten bewusst darauf. Beide geniessen es offensichtlich, die Tiere beobachten zu können. Denn das Hirschgehege liegt teilweise hinter dem Wohnhaus. Die erhöhte Terrasse ermöglicht einen guten Blick ins Gehege, ohne dass die Tiere aufschrecken und sich in die hinterste Ecke zurückziehen. Besonders schön sei es, wenn die Jungtiere in der einsetzenden Dämmerung einander spielend nachrennen würden, schwärmen sie.
Emd füttern, Heu wird verschmäht
Die Fütterung der Tiere gestaltet sich einfach, dennoch müssen ein paar Punkte beachtet werden, erklärt Marcel Affolter. Und auch Sara Murer, Leiterin Sektion Hirsche beim Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer (BGK) betont, dass eine optimale Fütterung und Haltung wichtig sei, damit die Tiere nicht krank werden. Zudem sei die tägliche Beobachtung der ganzen Herde wichtig zur Vermeidung von Problemen. Hauptsächlich fressen die Damhirsche während der warmen Monate Gras. Dieses muss zart sein, älteres Gras wird nicht mehr gefressen. Daneben gibt es Emd. Für den Winter macht Marcel Affolter Siloballen und Emd. «Wichtig finde ich, dass die Futterproduktion für Herbst und Winter ausserhalb des Geheges gemacht wird, um Krankheiten vorzubeugen», betont er. Das Heu wird verkauft. Denn dieses fressen die Tiere nicht. Sie liegen nicht einmal darauf, da es ihnen zu grob ist.
Spurenelemente sind nötig
Das ganze Jahr über bekommen die Damhirsche täglich eine Spurenelementgabe. «Dies wegen des Selens, das in unseren Böden fehlt», erklärt Christine Pernet. Zweimal jährlich werden Kotproben auf Würmer untersucht. Die Tiere werden nur bei Bedarf und nicht auf Vorrat entwurmt. Doch dies sei seit sechs Jahren nicht mehr nötig gewesen. Die Damhirsche gehören seit Anfang Mai 2009 zum Leben des Paares dazu.
Umfassende Beratung in Anspruch nehmen
Als die Betriebsübernahme von den Eltern anstand, war für Marcel Affolter klar, dass er den Betrieb im Nebenerwerb führen will. Klar war auch, dass er zwar Tiere halten, aber keine Aufzucht oder Mutterkuhhaltung betreiben wollte. Etwas, was noch eher unbekannt ist, sollte es sein. Als die Wahl auf die Damhirsche gefallen war, ging die Planung los, zudem musste der gelernte Landwirt die obligatorische Fachspezifische Berufsunabhängige Ausbildung Hirsch (FBA) absolvieren. Dieser Sachkundenachweis besteht aus einem theoretischen Teil und einem Praktikum bei einem anerkannten Mentor. «Ich hatte Glück mit meinem Berater», blickt Marcel Affolter zurück. Dieser habe ihm vieles abgenommen, das Gehege geplant, die Baueingabe gemacht und die Tiere besorgt. Der Zaun war denn auch die grösste Hürde, die es zu nehmen galt. Dieser muss zwingend zwei Meter hoch sein. Marcel Affolter hat sich für ein Diagonalgeflecht entschieden, da dieses stabiler sei und sich auch Jungtiere weniger verfangen können, als etwa in einem Maschendrahtzaun.
Die Zeit der Jungtiere geniessen
Marcel Affolter und Christine Pernet geniessen jede Jahreszeit mit ihren Tieren. Doch der Sommer sei die schönste, wenn auch zeitintensivste Zeit. Täglich laufen sie da das Gehege ab, suchen neugeborene Tiere, um diese markieren zu können. Wenn es dann Herbst wird, gilt es, sich von einigen Tieren zu trennen. Ein Jäger kommt vorbei und schiesst jeweils fünf Tiere. Wie bei der Hofschlachtung von Vieh gilt es auch bei den Hirschen Vorschriften einzuhalten. So müssen die Tiere spätestens 45 Minuten nach der Tötung in der Metzgerei ausgenommen und geschlachtet werden. Abnehmer von Marcel Affolters Tieren ist die Metzgerei Widmer im selben Dorf.
Hirschhaltung kann ein Betriebszweig werden
Von der Hirschhaltung alleine leben können Marcel Affolter und Christine Pernet nicht. Diese bedeute jedoch einen guten Betriebszweig. Für allfällige künftige Hirschhalter haben die beiden den Tipp: sich gut vorbereiten und nicht das Gefühl haben müssen, die Investitionen seien in zehn Jahren amortisiert. Hirschhaltung erfordere eine langfristige Denkweise.