Die Schweiz wappnet sich gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP). Denn Zweifel daran, dass die hochansteckende Seuche früher oder später auch hierzulande auftritt, hat eigentlich niemand. Derzeit wütet sie in Deutschland. Noch ist sie im Nordosten, bewegt sich im Wildschweinebestand aber kontinuierlich westwärts. Sie ist für Menschen ungefährlich, bedroht aber den Hausschweinebestand ebenso wie die Wildschweinepopulation.
Gerade die Schweiz, die mit ihrer Auslauf- und Freilandhaltung einen hohen Tierwohlstandard erfüllt, muss bei einem ASP-Ausbruch mit Einschränkungen rechnen. Für den Berner Kantonstierarzt Reto Wyss, der eine Übung mit Medien auf dem Waffenplatz in Schönbühl begleitete, ist in so einem Fall klar: «Stallpflicht oder Doppelzäune.» Zudem sei eine Freilandhaltung, wie sie beispielsweise die Justizvollzugsanstalt Witzwil aktuell praktiziert, beim Auftreten der ASP undenkbar.
Problem Wildschweine
Die Hausschweine seien schützbar, das Risiko in diesem Bereich abzuschätzen, sind sich die Fachleute einig. Was aber weitaus schwieriger zu überwachen ist, sind die Wildschweine. Ihre Bejagung ist an sich schon nicht einfach. Zudem ist bereits das vollständige Auffinden von an ASP verendeten Tieren ein Knackpunkt. Sie würden sich nämlich vor dem Tod meist verkriechen. Insbesondere in unwegsamem Gelände sei die Sicherheit, wirklich alle toten Tiere zu finden, nicht gegeben. Die im Einsatz stehenden Spürhunde leisten zwar hervorragende Arbeit, aber auch sie stossen an Grenzen, wenn das Gebiet enorm gross und unwegsam ist.
Taugt Belgien als Vorbild für die Schweiz?
Ganze Gebiete abzuriegeln, wie es beispielsweise 2019 Belgien erfolgreich tat, dürfte in der kleinstrukturierten und freiheitsliebenden Schweiz eher schwierig sein. «Im Ernstfall geht es in erster Linie darum, in betroffenen Gebieten die Ruhe sicherzustellen», sagte Sascha Quaile, Leiter der schweizweit angelegten Übung Nosos 21, gegenüber der BauernZeitung. Eine grosse Gefahr sei nämlich, dass aufgescheuchte Tiere durch zusätzliche Bewegung der Wildbestände das Virus rasch weiterverbreiten.
Schwer einzuschränken
Das Interesse am Wald ist gross. Er bietet unzählige Freizeitaktivitäten, die, wird ASP in einem entsprechenden Waldgebiet diagnostiziert, eingeschränkt werden müssten. Den am Mittwoch in Schönbühl anwesenden Fachleuten ist aufgrund der aktuellen Situation mit der Corona-Pandemie klar: es ist schwierig, dem Schweizer Volk Freiheiten zu nehmen. Man werde daher zumindest teilweise auf totale Sperrungen verzichten, im Gegenzug aber intensiv kommunizieren müssen.
Sperrungen und flächendeckende Tötungen
Der Berner Kantonstierarzt Reto Wyss, der zugleich Präsident der Vereinigung der Kantonstierärzte ist, spielt im Vollzug eine entscheidende Rolle. Er ist sicher, dass auch Sperrungen und flächendeckende Tötungen von Wildschweinen in der Schweiz möglich sein werden und müssen. «Es geht um den Schutz unserer Hausschweine und auch um den Schutz der gesunden Wildschweinpopulation», erklärt er. Das müsse die Gesellschaft, so sensibel sie solchen Einsätzen gegenüber auch immer sei, akzeptieren. «Nur so können wir grosses Leid verhindern», bilanziert Wyss.
Ein Sandwich reicht für den Ausbruch
Unabhängig davon, wie gut es der Schweiz dereinst gelingen mag, die Hausschweine zu schützen – am Mittwoch wurde klar, ein Ausbruch von ASP in der Schweiz ist unberechenbar. Zum einen, weil man nicht weiss, wann es so weit ist, und zum anderen, weil man nicht weiss, wie die Gesellschaft reagieren wird. Bereits morgen schon könnte das Virus mit einem Salamisandwich in die Schweiz gelangen – völlig unbedenklich für den, der dieses isst. Aber tödlich für alle Schweine, die mit dem Virus, das hochansteckend ist, in Kontakt kommen.

