«Wir haben 18 000 Angestellte», scherzt Fritz Herren. Seit 1997 hält der Landwirt aus Neuenegg BE Legehennen. Bisher waren es 10 500 Tiere. Der jüngere Sohn, Marc, absolvierte die Ausbildung als Geflügelzüchter und stieg vor rund zehn Jahren in den Betrieb ein.

Er wollte zuerst etwas anderes lernen und es brauchte etwas Überredungskunst vom Vater. Doch bald nahm ihm die Landwirtschaft den Ärmel rein und heute scherzt er: «Ich bin nicht ganz unglücklich mit meinem Entscheid.» Da sei er aber froh, pflichtet ihm sein Vater mit einem Lachen bei. Man merkt, zwischen den beiden stimmt die Chemie.

5,5 Millionen Eier pro Jahr

«Nein, ganz ehrlich, ich war schon als Kind von den Hennen begeistert, wenn ich durchs Fenster gesehen habe, wie sie im Schwarm losgerannt sind», ergänzt Marc Herren. «Unsere Hennen sind kleine Spitzensportlerinnen», sagt er über das Federvieh und dessen Legeleistung.

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Vater und Sohn hegten bald Ausbaupläne und sind nun stolze Eigentümer eines neuen Doppelstalls für zwei Herden à 9000 Hühnern. Statt 3,5 Millionen Eier produzieren sie neu 5,5 Millionen pro Jahr. 10 Prozent davon (die für den Detailhandel zu grossen Eier) verkaufen sie direkt an Bäckereien, Händler, Restaurants und Läden, der Rest geht an die Eico in Bern. «Die Aufteilung der Herden auf zweimal 9000 ermöglicht es uns, dass wir 365 Tage im Jahr Eier haben», erklärt Fritz Herren.

Selber aufziehen

Im Januar wurde das erste Mal eine junge Herde eingestallt, in den zweiten Stall wurde im Februar die ältere Herde aus dem alten Stall gezügelt. Später wollen sie im alten Stall selbst Aufzucht betreiben, die Hälfte der Hennen würden sie selbst nutzen, die andere Hälfte verkaufen – weil es aber im Moment zu viele Eier auf dem Markt gibt, wollen sie abwarten, ob sich die Situation wieder normalisiert. Es gehe dabei nicht primär um den Gewinn, sondern, «wenn wir sie selbst sauber aufziehen, haben wir einen besseren Start, können vielleicht etwas an Legeleistung herausholen», erklärt Marc Herren.

Eine Odyssee

Doch der Weg bis zum neuen Stall war lang, man könnte auch von einer eigentlichen Odyssee sprechen. Acht Jahre dauerte es bis zur Baubewilligung, zwölf Einsprachen von Anwohnern mussten bereinigt werden, endlose Diskussionen mit der Ort- und Landschaftskommission und den Ämtern folgten, etwa über Dach- und Türrahmenfarbe, allein die Baubewilligungskosten betrugen rund 120 000 Franken. Ausserdem mussten sie einen Betrieb für eine Betriebszweiggemeinschaft suchen, weil der Hof mit der Fläche von 12 Hektaren für das Projekt sonst zu klein gewesen wäre, um alle Auflagen zu erfüllen.

Gemüsebauer als Partner

Sie fanden nach drei Jahren im zwei Kilometer entfernten Gemüsebaubetrieb von Bendicht Ryser in Laupen BE einen idealen Partner, der ihre Flächen bewirtschaftet und ihnen den Hofdünger zu fast 100 Prozent abnimmt. Der kleine Rest Hühnermist geht in die Kompostanlage, die der zweite Sohn betreibt. Nun ist der Doppel-Stall Tatsache: eindrückliche 100 Meter Länge, topmoderne Technik, 4,5 Hektaren Weidefläche mit 110 Obstbäumen. Sie entschieden sich für die Stallbaufirma Krieger AG und «das führende System von Vencomatic», wie Marc Herren erklärt.

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Es war ihnen früh klar, dass sie keine Metallhalle, sondern eine Holzkonstruktion wollten. «Holz ist heimelig», sagt Marc Herren. Sie hätten aus den Erfahrungen mit dem alten Stall viele Lehrplätze gezogen. «Zum Beispiel hatten wir dort Anfluggitter ohne Mistband darunter, da musste man immer drunter schaufeln.» Das ist nun anders. Doch wie im alten Stall befinden sich die Nester nach wie vor in der Mitte.

Betriebsspiegel
Name: Fritz, Doris und Marc Herren
Ort: Neuenegg BE
Ackerfläche: 12 ha
Viehbestand: 18 000 Legehennen
Mitarbeitende: die beiden Betriebsleiter, Aushilfen im Stundenlohn

«Welle läuft aus»

«Man muss das Ganze so bauen, dass es dem Huhn passt», sagt Fritz Herren. Durch die Länge und Grösse des Stalls haben sie kaum tote Ecken und deshalb auch keine Probleme mit erdrückten Hühnern. «Sollten sie mal in Panik geraten und losrennen, läuft sich das in dem langen Stall wie eine Welle aus und es passiert nichts», erklärt er.

Die Eiersortieranlage ist nun vollautomatisch und dadurch noch effizienter. «Beim alten Stall musste man jedes Ei noch einmal in die Hand nehmen und auf die Waage legen, das fällt jetzt weg», so Fritz Herren. Deshalb hat sich die Arbeitszeit für das «Eiere» trotz der Steigerung der Tierzahl nicht erhöht.

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Am Morgen, wenn die Anlage läuft, müssen kaputte Eier rausgenommen, Federchen entfernt und die Eier teilweise nachgeputzt werden. Am Abend werden die Bänder noch einmal kurz laufen gelassen, um sie zu leeren. Vater und Sohn Herren haben dafür zwei Angestellte im Stundenlohn, den Rest der Arbeiten stemmen sie zu zweit.

Hofladen ist im Bau

Fürs Umstallen braucht es 30 bis 40 Helfer(innen), die aus dem Umfeld rekrutiert werden können. Vorne auf dem Stall haben sie einen Eventraum mit Küche, Bar, Blick in den Stall und WC-Anlagen gebaut, für Events, aber auch, um die Helfer beim Umstallen verpflegen zu können.

Ausserdem entsteht zurzeit ein eigener Hofladen, in dem Herrens Eier, aber auch Suppenhühner, Geflügelwürste und Pulled-Chicken-Fleisch an die Kunden bringen möchten. Die Geflügelwürste und die Pulled-Chicken-Burger am zweitägigen Tag der offenen Tür vor kurzem «waren ein Volltreffer», sagt Fritz Herren zufrieden. 1000 Leute fanden den Weg auf den Hof und besichtigten den neuen Stall.

Vorurteile abbauen - auch mit Blick auf die MTI

Solche Events würden helfen, Vorurteile gegenüber der Tierhaltung abzubauen, sagen die beiden. «Wenn die Leute mit dem Velo anhalten und mit den Hühner ‹bibele› und dann noch einen Blick in den Stall werfen können, haben wir jeweils eine(n) Stimmbürger(in) gewonnen», sagt der Senior-Chef.

Das ist nötig, denn die anstehende Massentierhaltungs-Initiative (MTI) beschäftigt die beiden stark. «Das würde uns die Existenz kosten», sagt Marc Herren. Deshalb wollen sie sich auch bei ihren Eier-Kunden für ein Nein zur Initiative stark machen und den Eier-Schachteln beispielsweise Info-Zettel beilegen. «Aber klar, alles im Rahmen, wenn wir das zu oft machen, verärgern wir unsere Kunden», betont Fritz Herren.

Futterkosten im Höhenflug

Auch sonst haben die beiden einige Herausforderungen zu meistern, die Futterkosten sind wegen des Ukraine-Kriegs bereits um 20 Prozent gestiegen und «es ist noch kein Ende in Sicht», so der Junior. Trotzdem bleiben sie zuversichtlich und haben den Einstieg in die Legehennen-Haltung nie bereut. «Was wir hier gebaut haben, ist ein Zwei-, vielleicht sogar ein Dreigenerationenprojekt», sagt Marc Herren mit Blick auf den neuen Stall – nicht ohne Stolz. «Mal schauen, ob ich später eines meiner drei Kinder zum Einstieg zwingen muss», scherzt er. «Musst du bestimmt nicht, die kommen von ganz allein», sagt sein Vater überzeugt und beide lachen.

Weitere Informationen: www.legehennenbetrieb-herren.ch