Mitte November 2023 hatte ein Landwirt im zürcherischen Rümlang beobachtet, wie ein Wolf über seine Wiesen lief. Er konnte ihn dabei filmen und meldete seine Sichtung der Kantonspolizei. Auch die Jagd- und Fischereiverwaltung wurde eingeschaltet, welche die Nutztierhalterinnen und -halter in der Region, die den SMS-Warndienst abonniert haben, über die Sichtung informierten. «Aufgrund der Qualität der Filmaufnahmen liess sich jedoch nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob es sich bei dem Tier um einen Wolf handelt», sagte Mediensprecherin Katharina Weber gegenüber der BauernZeitung. Die Jagd- und Fischereiverwaltung nahm daher Rücksprache mit der Stiftung Kora, Raubtierökologie und Wildtiermanagement, welche das Monitoring der Grossraubtiere in der Schweiz betreibt. «Die Fachleute gehen davon aus, dass es sich wahrscheinlich um einen Wolf handelt», so Weber. Ein Einzelfall? Bruno Zähner, Herdenschutzbeauftragter des Kanton Zürich, ordnet das Ereignis ein.
Wie viele Anfragen haben Sie von Tierhaltern aus der Region erhalten, nachdem letzte Woche in Rümlang möglicherweise ein Wolf gesichtet wurde?
Bruno Zähner: Keine einzige. Das zeigt, dass sich die Bauern sicher fühlen und gut auf eine Wolfspräsenz vorbereitet sind. In den letzten Jahren wurde schweizweit wie auch auf kantonaler Ebene gut über den erforderlichen Herdenschutz informiert.[IMG 2]
Wie hat sich die Wolfssituation im Mittelland in den letzten Jahren verändert?
Im letzten Jahr sind nur ein, zwei Sichtungen bekannt. Doch ist davon auszugehen, dass weit mehr Wölfe im Flachland unterwegs sind. Meist handelt es sich um Rüden aus den Bergregionen, die auf der Suche nach neuen Revieren abwandern. Dies entspricht einem natürlichen Verhalten.
Dazu kommt, dass auch grenznah in Süddeutschland und Frankreich Wölfe leben. So gehen letzten Risse, die sich in unserer Region ereigneten, auf Kosten eines Wolfes aus dem deutschen Raum. Ich gehe davon aus, dass sich die Populationen diesseits und jenseits der Landesgrenzen immer mehr vermischen werden.
Wie schätzen Sie die Situation für die Tierhalter ein?
Es hat sich bestätigt, dass der Wolf auch im Mittelland vorkommt. Daher ist es wichtig, als Tierhalter den Herdenschutz ernst zu nehmen. Ein Ereignis wie von letzter Woche erinnert daran, dass man gut elektrifizierbare Zäune einsetzt und diese entsprechend wartet. Stehen Neuanschaffungen an, sollten orange Zäune durch farbige ersetzt werden, weil diese von Wildtieren besser wahrgenommen werden. Zudem ist darauf zu achten, die Netze korrekt aufzustellen.
Gibt es auch im Mitteland vermehrt Betriebe, die Herdenschutzhunde einsetzen?
Im Kanton Zürich gibt es jährlich ein bis zwei Betriebe, welche anfangen, mit Herdenschutzhunden zu arbeiten. Dies jedoch in Zusammenhang mit einem Einsatz auf der Alp während der Sommermonate. Herdenschutzhunde im bevölkerungsdichten Flachland einzusetzen, ist dagegen nicht ratsam. In der Nähe von Wohnsiedlungen und Naherholungsgebieten sind diese Hunde permanenten Reizen ausgesetzt, auf welche sie reagieren müssen. Die Leute ihrerseits reagieren mit Angst und stören sich am Gebell.

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