Vor einem Jahr kam es im Kanton Zürich zu einem Fall von Vogelgrippe. Betroffen war eine Hobby-Geflügelhaltung in Hüntwangen. Auch in anderen Kantonen gab es im letzten Winter vereinzelte Fälle. Mitte November 2022 wurde nun erneut ein Ausbruch im Kanton Zürich gemeldet, es handelt sich dabei schweizweit um den ersten Fall des H5N1-Virus in dieser Wintersaison.
Auch der Thurgau ist betroffen
Auch dieses Mal traf es mit dem Entenweiher in Seuzach eine private Tierhaltung. Hier verendeten kurz nacheinander ein Graureiher und ein Pfau. Beide waren an der Vogelgrippe erkrankt, wie die Laborbefunde ergaben. Um die Ausbreitung der Tierseuche einzudämmen, mussten auf Anordnung der Behörden über 40 Vögel der betroffenen Anlage getötet werden, wie der «Landbote» schreibt. Zudem wurde rund um den Entenweiher eine Schutzzone mit einem Radius von drei Kilometern sowie eine Überwachungszone von zehn Kilometern definiert. Betroffen sind nebst Seuzach die Gemeinden Adlikon, Altikon, Andelfingen, Brütten, Buch am Irchel, Dägerlen, Dättlikon, Dinhard, Dorf, Ellikon an der Thur, Elsau, Henggart, Hettlingen, Humlikon, Kleinandelfingen, Neftenbach, Ossingen, Pfungen, Rickenbach, Thalheim an der Thur, Volken, Wiesendangen und Winterthur. In die Überwachungszone fallen auch die Thurgauer Gemeinden Neunforn, Uesslingen-Buch und Gachnang.
Den Kontakt zu Wildvögeln vermeiden
Um eine Verschleppung des Virus zu verhindern, gelten seit dem 22. November für Geflügelhaltungen in den betreffenden Gemeinden während mindestens drei Wochen strenge Schutz- und Hygienemassnahmen.
Haltung: Der Kontakt zu Wildvögeln muss eingeschränkt werden. Daher dürfen Hausgeflügel und andere in Gefangenschaft gehaltene Vögel nur in geschlossenen Ställen oder Wintergärten gehalten werden.
Tierverkehr: Hausgeflügel und andere in Gefangenschaft gehaltene Vögel dürfen nicht aus der Überwachungszone gebracht werden. In den ersten sieben Tagen seit Inkrafttreten der Massnahmen ist es zudem nicht erlaubt, entsprechende Tiere in die Überwachungszone hineinzubringen.
Veranstaltungen: In den Zonen sind Märkte, Ausstellungen oder ähnliche Veranstaltungen mit Hausgeflügel untersagt.
Eier: Konsumeier dürfen nicht in die oder aus der jeweiligen Zone gebracht werden. Wenn Eier ausserhalb der Zone produziert wurden und für den direkten Verkauf bestimmt sind, dürfen sie in die Zone gebracht werden. Sollen Eier aus einer der Zonen ausgeführt werden, muss das kantonale Veterinäramt den Einzelfall bewilligen, was in der Regel eine negativ auf Vogelgrippe beprobte Herde voraussetzt.
Mist: Geflügelmist darf nur innerhalb der jeweiligen Zone ausgebracht werden.
Krankheiten/Todesfälle: Unklare und gehäufte Krankheitsanzeichen oder Todesfälle bei Hausgeflügel und anderen in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln sind umgehend dem Veterinäramt zu melden.
Schutzzone: Besonders streng sind die Weisungen für die Schutzzone. So muss etwa der Gesundheitszustand des Geflügels aktiv überwacht werden. Fleisch und Fleischprodukte von Geflügel dürfen die Schutzzone nicht verlassen, wenn sie in derselben hergestellt worden sind. Zutritt zu den Stallungen ist ausschliesslich dem Betreuungspersonal, dem Tierarzt sowie entsprechenden Behörden gestattet.
Ab Montag, dem 28. November 2022 sind alle Schweizer Geflügelhaltenden dazu aufgefordert, folgende Massnahmen einzuhalten:
Auslauf: Nur in einem vor Wildvögeln geschützten Bereich. Falls das nicht möglich ist, seien Futter- und Wasserstellen für Wildvögel unzugänglich zu machen.
Zäunen: Auslaufflächen und Wasserbecken sollen durch Zäune oder engmaschige Netze vor Wildvögeln geschützt werden.
Trennen: Hühner müssen getrennt von Gänsen und Enten gehalten werden.
Biosicherheit: Um das Einschleppen des Virus in die Tierhaltung über Personen und Geräte zu verhindern, soll der Zutritt zu den Tieren auf das Notwendigste beschränkt und eine Hygieneschleuse eingerichtet werden. «Ziehen Sie saubere Schuhe und Kleider an und waschen und desinfizieren Sie die Hände vor dem Betreten», schreibt das BLV.
Veranstaltungen: Geflügelmärkte und -ausstellungen sind verboten.
Langwieriges Prozedere mit den Behörden
Was heisst dies für betroffene Betriebe? Marc Peter führt in Wiesendangen, also innerhalb der Überwachungszone, einen Geflügelbetrieb mit 18 000 Legehennen. «Wir haben entsprechend unsere Hygienemassnahmen verschärft und die Hühner dürfen nicht mehr ins Freie», sagt Peter gegenüber der BauernZeitung. «Das ist alles machbar.» Was ihn jedoch ärgert, sei die Trägheit der Behörden: «Vorgeschrieben ist, dass die Eier erst aus der Zone ausgeführt werden dürfen, nachdem Laborproben Entwarnung gegeben haben. Das Prozedere ist jedoch mühsam und dauert viel zu lange», meint Peter.
Detaillierte Informationen: www.zh.ch/vogelgrippe
Nachgefragt bei Regula Vogel
«Vorkehrungen müssen jederzeit umsetzbar sein»
Warum trifft es mit den neusten Ausbrüchen der Vogelgrippe erneut den Kanton Zürich?
Regula Vogel: Das ist wohl schlicht und einfach Zufall. Im aktuellen Fall handelt es sich um eine grosszügige Anlage mit Teich. Ein solches Gebiet vor Wildvögeln zu schützen, ist nicht einfach. Unsere Sanierungsmassnahmen zielen nun aber unter anderem darauf ab, ebendies zu erreichen.
Muss in Zukunft vermehrt mit Vogelgrippefällen gerechnet werden?
Wir müssen aufgrund der Situation in Europa in diesem Jahr von mehr Vogelgrippefällen ausgehen. Das Virus ist in der Wildvogel-Population viel öfters und länger als in früheren Jahren vorhanden und es kam im europäischen Raum immer wieder zu Ausbrüchen in Geflügelhaltungen. Wegen des erhöhten Risikos ist es sehr wichtig, dass inskünftig alle Geflügelhalterinnen und -halter jederzeit kurzfristig die Vorsichtsmassnahmen umsetzen können, um ihr Hausgeflügel vor dem Vogelgrippevirus zu schützen. Auch für Hobby-Geflügelhaltungen sollen dauerhafte Wintergärten erstellt werden, die jederzeit bezogen werden können.
Zur Person
Regula Vogel ist Zürcher Kantonstierärztin.
Jeden Geflügelbetrieb kann es treffen, für eine Weile unter Quarantäne gestellt zu werden. Welche Vorkehrungen empfehlen Sie Geflügelhalter(innen) in Bezug auf kommende Ausbrüche?
Der Kontakt zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel muss verhindert werden. Das bedeutet in erster Linie, die Futter- und Wasserstellen für Wildvögel unzugänglich zu gestalten. Hierbei ist zu bedenken, dass Spatzen problemlos durch einen Maschendrahtzaun hindurchpassen. Weiter sollen Geflügelhaltende ihre Tierhaltung nicht in Alltagskleidung betreten, sondern nur mit sauberen Stallstiefeln und Überkleidern. Auch die Händedesinfektion hilft, die Einschleppung von Krankheitserregern zu verhindern. Einen guten Schutz vor einem Eintrag bieten auch ein überdachter Auslauf oder Wintergarten.
Zudem sollen alle Geflügelhaltenden überprüfen, ob sie beim kantonalen Veterinärdienst registriert sind, und falls nicht, diese Meldung umgehend nachholen. Nur so können wir als Veterinäramt die Geflügelhaltenden bei einem Tierseuchenfall rasch kontaktieren und instruieren, und nur so können diese umgehend handeln und die Biosicherheitsvorkehrungen erhöhen.
(Das Interview wurde schriftlich geführt.)
Risiko für Menschen?
Menschenkontakt: Der aktuell zirkulierende Virusstamm H5N1 ist nach heutigem Erkenntnisstand nur in äusserst seltenen Fällen und nur bei sehr engem Kontakt auf den Menschen übertragbar.
Konsum: Geflügelprodukte wie Pouletfleisch und Eier können ohne Bedenken konsumiert werden.
Kadaver: Tot aufgefundene Wildvögel sollten aus Sicherheitsgründen generell nicht angefasst werden.
