Wer Legehennen hält, liefert die Eier meistens in den Handel, denn es ist schwierig, die vielen Eier direkt an die Verbraucher zu verkaufen. Dem Naturahof in Frümsen im St.Galler Rheintal ist es jedoch im Laufe der Zeit gelungen, eine grosse Kundschaft aufzubauen.
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Online-Bestellungen übers Internet
Der Naturahof ist ein biologisch bewirtschafteter Familienbetrieb mit verschiedenen Sparten und Standorten. Walter Federspiel führt ihn zusammen mit seinen Söhnen Mauro und Sebastian. Die Ställe, drei für jeweils 2000 Legehennen und ein Aufzuchtstall für 4000 Junghennen, befinden sich in Frümsen. Pro Jahr fallen fast zwei Millionen Eier an. Etwa 60 % vermarkten Federspiels direkt. Ihre Kunden, vor allem Haushalte und einige Hofläden, erhalten alle zwei Wochen nicht nur frische Eier, sondern auch vakuumverpacktes Geflügelfleisch in eisgekühlten Styroporboxen.
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Ausgeliefert wird mit kleinen Lieferfahrzeugen. Auf naturahof.ch können die Kunden online aus einem breiten Sortiment auswählen. «Die meisten haben ein Abo», erklärt Walter Federspiel. Für den Empfang der Ware genügt ein «Milchkasten». Kein Problem, wenn jemand in den Ferien ist oder die Bestellung ändern möchte. Diese lässt sich kurzfristig anpassen, bei Fleisch wenigstens zwei Tage vor der Auslieferung, bei den Eiern bis zu einem Tag zuvor. Drei Chauffeure sind täglich unterwegs, um die Produkte bei den inzwischen 8000 Kunden abzuliefern.
«Kunde kann jederzeit ‹go luega›»
Die Direktvermarktung hat bei Familie Federspiel Tradition. Sie entstand schon im Jahre 1991, als sich der Betrieb noch in Sevelen SG befand. Damals waren die Eier noch in Systemeier und Graueier unterteilt. Von zwei Millionen Eiern konnte der Betrieb nur 600'000 Systemeier über den Handel absetzen. Den Rest, die sogenannten Graueier, musste er direkt vermarkten. «Die Eier aus Freilandhaltung waren damals sehr gesucht», erzählt der Eierproduzent. Schon damals ergab sich eine Zusammenarbeit mit der Frifag Märwil AG, einem inzwischen grossen Schlachtunternehmen der schweizerischen Geflügelbranche. Die Frifag liefert das vakuumverpackte Fleisch zum Naturahof, wo es in die erwähnten Styroporboxen verpackt wird. Inzwischen liefert auch die Geflügel Gourmet AG Mörschwil Geflügelprodukte aus ihrem Sortiment.
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Ihre Ribelmais-Poularde ist zum persönlichen Favoriten von Walter Federspiel geworden. Er kocht gerne und hat für seine Kundschaft Rezepte und Tipps zusammengestellt. Die Produkte des Naturahofs zeichnen sich nicht nur durch hohe Qualität und regionale Erzeugung aus, sondern auch durch eine tierfreundliche Haltung. «Jeder Kunde kann jederzeit ‹go luega›», sagt Federspiel. Die Produzenten der Frifag müssen mindestens die Anforderungen des BTS-Programmes (Besonders tierfreundliche Stallhaltung) erfüllen, Geflügel Gourmet verlangt zusätzlich noch die Haltung im Freiland.
Der Erfolg basiert auf klaren Kriterien
Auf drei Dinge legt Walter Federspiel Wert: «Wir brauchen gute Qualität, die Lieferung muss zu 100 % stimmen und wir müssen transparent sein.» Die Eier werden durchleuchtet und nach Grösse sortiert. Die grossen Kaliber gehen in die Direktvermarktung und erhalten einen Stempel mit Legedatum. Das sind etwa 60 % der Eier. «Unsere Lebensmittel müssen regional, frisch und qualitativ hochstehend sein», betont der Direktvermarkter.
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Bei der Preisgestaltung richtet sich der Naturahof nach den Preisen der Grossverteiler. «Der Kunde erhält die Ware zu den gleichen Bedingungen, aber frisch nach Hause geliefert», hebt Federspiel den grossen Vorteil seiner Direktvermarktung hervor. Ausserdem muss der Kunde nicht bei jeder Lieferung zahlen, sondern erhält alle acht Wochen eine Rechnung.
Hier wird nachhaltig produziert
Die Hühnerhaltung auf dem Naturahof ist nicht nur auf Eierproduktion ausgerichtet, sondern auch auf Nachhaltigkeit. Wie üblich werden die Legehennen im Alter von etwa anderthalb Jahren geschlachtet, da die Legeleistung und die Qualität der Eier mit dem Alter der Tiere abnehmen. Häufig werden diese «ausgedienten» Legehennen getötet und entsorgt. Der natürliche Nahrungskreislauf ist damit nicht geschlossen. Der Naturahof lässt seine Hennen bei der Geflügel Gourmet AG schlachten. «Leider lassen sich nur 10 % der Hennen als Suppenhühner verkaufen», bedauert Walter Federspiel.
Die wenig wertvollen Fleischteile werden aber nicht entsorgt oder ins Ausland verkauft, sondern kommen zurück auf den Naturahof. Dieser verarbeitet sie unter dem geschützten Namen «Aktivdog» zu Hundefutter. Die Produktionsanlage mit einem speziellen Dampf-Garverfahren verwendet fast ausschliesslich Schweizer Fleisch, Gemüse und Obst. Die Idee, das Fleisch der Legehennen für Hundefutter zu verwenden, lag für Walter Federspiel nahe, da er sich als Hundehalter und -züchter schon seit Jahren mit der Hundeernährung beschäftigt.
Professionalität als Voraussetzung
Eine erfolgreiche Eierproduktion und Direktvermarktung muss professionell angegangen werden. Sohn Mauro Federspiel, Betriebsleiter des Legehennenbetriebes, ist Geflügelfachmann EFZ.
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Die Direktvermarktung verlangt nicht nur gut geschultes und motiviertes Personal für die Tierbetreuung, das Abpacken und Ausfahren der Eier, sondern auch kaufmännisch ausgebildetes Personal für Verkauf, Marketing und Buchhaltung. Die diversen Arbeitskräfte auf dem Naturahof umfassen 600 Stellenprozent ohne diejenigen für «Aktivdog». Die Verwaltung der Kundendaten und der Bestellungen benötigt eine entsprechende Software. Denn die Auslieferung muss zu 100 % stimmen, wie der Eigentümer des Naturahofs betont.
Legehennenhaltung im Freiland
Freilandhaltung von Hühnern heisst, dass die Tiere täglich in einen Auslauf auf einer Wiese dürfen. Bio Suisse schreibt mindestens 5 m² Freilandfläche pro Henne vor. Für einen Stall mit 2000 Hennen – die maximale Einheit für Bio-Ställe – ist das ein Hektar. Die Ställe müssen über einen geschützten Aussenklimabereich, auch Wintergarten genannt, verfügen. Dort können die Hühner im Sand baden, im Stroh scharren und nach Körnern suchen, die zur Beschäftigung verstreut werden. Im Stall selbst befinden sich die Legenester sowie die Volieren, die Sitzstangen mit Fütterungseinrichtungen und Tränken.