Wer die Geschichte von Familie Vögeli kennenlernen möchte, sollte einen Blick auf die Rückseite ihres Kachelofens werfen. Dort erzählen kunstvoll bemalte Kacheln von der Vergangenheit.
Ihr Hof in Gächlingen, ein beeindruckender Fachwerkbau mit Innenhof und Rundbogentor, wurde 1709 erbaut und seither auch von den Vorfahren der heutigen Betriebsleiter bewirtschaftet. 2018 trat mit Ronni Vögeli und seiner Frau Sabrina die jüngste Generation in die Fussstapfen ihrer Vorfahren. Auch davon berichtet nun eine neue Kachel am Ofen.
[IMG 2]
Wärme für ein halbes Dorf
Der Kachelofen in der Stube steht sinnbildlich für einen der wichtigen Betriebszweige der Familie Vögeli: den Wärmeverbund Gächlingen. Gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder betreibt Ronni Vögeli eine Holzschnitzelheizung, die 20 Haushalte mit Wärme versorgt.
Das Herzstück der Anlage befindet sich auf der Rückseite des Wohnhauses. Unter einem Hallendach lagert im Trockenen ein riesiger Haufen Holzschnitzel, darüber glänzen vier Schornsteine im Himmel, aus denen weisser Rauch steigt: Ein gutes Zeichen, die Anlage läuft und produziert Wärme. Es duftet nach Holz und Feuer. Über eine Treppe geht es hinunter in den dunklen Heizraum, wo die vier Öfen der Anlage mit der Gesamtleistung von 700 kW stehen. Ronni Vögeli öffnet eine Ofen-Tür – dahinter lodert eine Feuerwand, die seit 2013 ununterbrochen brennt.
«Unsere Kunden schätzen die Einfachheit dieses Systems», sagt er. «Durch uns sparen sie sich zum Beispiel all den Aufwand und Unterhalt einer Ölheizung.»
Die Wärmeverbund-Anlage sei eine Familiensache, die Anlage sowie die Leitungen habe man selbst bezahlt. Die gesamte Infrastruktur bis zur Übergabestation wird vom Wärmeverbund bereitgestellt und instand gehalten. Erst ab diesem Punkt liegt die Verantwortung beim Kunden. Ein Vertrag über mindestens 20 Jahre ist Pflicht – so lange dauert es, bis sich die Investition amortisiert.
[IMG 3]
Die Kälber bleiben im Dorf
Doch nicht nur Wärme liefert der Hof, sondern auch Rindfleisch. Als Präsident der Ostschweizer Rindermäster ist Ronni Vögeli tief in der Branche verankert.
Den ersten Tieren – es sind Kälber – begegnet man im kleinen Offen-Laufstall, der gleich neben dem Betriebsgebäude im Dorf steht. «Sechs- bis siebenmal im Jahr bekommen wir hier Kälber angeliefert, dann kann es in der Nacht auch mal laut werden», sagt Vögeli. Für die Nachbarn sei das jedoch kein Problem: «Auf der einen Seite wohnen junge Leute, die öfters mal Party machen und bis spätnachts Musik hören. Auf der anderen liegt eine Kochschule, deren Gäste am Abend auch mal laut werden können. Wir sagen dann auch nichts und so geht das für alle auf», sagt Vögeli.
Fleisch für die Migros
Die meisten Tiere befinden sich jedoch seit Mitte der 1980er-Jahre ausserhalb des Dorfes. Etwa einen halben Kilometer hangaufwärts in einem Seitental liegt der Aussenstandort mit den Munimastställen. Was gleich ins Auge fällt: Sämtliche Dächer sind mit Solarpanels bedeckt. «Wir bauen die Anlage gerade fertig. Bald werden wir 800 kW Solarstrom produzieren», sagt Ronni Vögeli.
Unter den Panels liegen die grossen Offen-Laufställe. Hier werden die 300 Mastmuni und die 300 Fresser in separaten Buchten gehalten und gemästet. Sie erhalten ihr Futter über eine zentrale Fressachse, während im hinteren Teil der Bucht eine dicke Strohmatte als Liegefläche dient. Das Fleisch der Tiere wird unter dem Terra-Suisse-Label an die Migros verkauft.
[IMG 4]
Wenig Regen, unstete Böden
Rund um den Betrieb erstrecken sich die Ackerflächen des Betriebs. Auf 80 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche wachsen Mais, Zuckerrüben, Weizen, Gerste, Triticale, Sonnenblumen und Kunstwiesen. 12 % der Fläche sind Biodiversitätsförderflächen, auf 1.2 ha wachsen Reben.
«Wird denn auch Gemüse angebaut?», möchte ich von Ronni Vögeli wissen. «Gemüsebau ist kein Thema», sagt er, weil man sich mit 700 mm Jahresniederschlag in einer trockenen Region befinde. Zudem seien die Böden sehr uneinheitlich. «Wir haben von leichten bis ganz schweren Böden alles bei uns. Der Bodentyp kann in einem Acker zudem über einige hundert Meter mehrere Male wechseln», so Vögeli. Er versucht darum, sie so schonend wie möglich zu bearbeiten. In der Praxis heisst das: So wenig pflügen wie möglich und, wann immer es geht, Zwischenfruchtmischungen einsetzen.
Zusätzlich steht dem Betrieb dank einer Maschinengenossenschaft das gesamte Arsenal an gezogenen Bodenbearbeitungsgeräten zur Verfügung.
[IMG 5]
Bald eine Biogasanlage?
Der Betrieb von Familie Vögeli beeindruckt durch seine effizienten Abläufe, seine unternehmerische Weitsicht und die konsequente Nutzung erneuerbarer Energien. Falls möglich, werden Gebäude in Eigenleistung gebaut – so wurde zum Beispiel die Solaranlage selbst montiert und das Gebäude für die Trafostation eigenhändig errichtet. Den Fachmann, einen Elektriker, braucht es einzig für die Abnahme und den Anschluss ans Netz.
«Gibt es noch Potenzial, was man besser machen könnte, oder einen Betriebszweig, angehen will?», möchte ich von Ronni Vögeli wissen.
«Was fehlt, ist eine grosse Biogasanlage», antwortet er. Es gäbe auf dem Betrieb nämlich viele Sachen, die man vergären und «vergasen» könnte. Wahrscheinlich seien der Wärmeverbund und die Solaranlage nicht die letzten Energiequellen, die man auf dem Hof erschlossen habe. Ob er sie selbst baut oder ob das eines Tages seine Kinder übernehmen, wird die Zukunft zeigen. Vielleicht wird auch darüber eine neue Kachel am Ofen berichten.
Betrieb Vögeli
Ronni und Sabrina Vögeli
Ort: Gächlingen SH
LN und Kulturen: 80 ha, angebaut werden Mais, Zuckerrüben, Weizen, Gerste, Triticale, Sonnenblumen und Kunstwiesen
Viehbestand: 300 Fresser und 300 Muni
Energieproduktion: Wärmeverbund mit vier Öfen und einer Gesamtleistung von 700 kW und Solarstromproduktion mit 800 kW Leistung