16 Freiberger Hengste reisten von der Selektion in Glovelier (JU) an den Stationstest nach Avenches (VD). Am Samstag zeigt sich, wer von ihnen die Körung schafft. Mit sechs von elf existierenden Vaterlinien bleibt die Diversität gering – ein seit einigen Jahren zu beobachtender Trend. Die BauernZeitung hat beim Schweizerischen Freibergerverband (SFV) nach den Gründen gefragt.

Frau Queloz, wie hat sich die Qualität der Hengstanwärter in den vergangenen zehn Jahren verändert?

Pauline Queloz: Das Freibergerpferd ist im Allgemeinen zu einem echten Freizeitpferd geworden, das sportlicher ist als früher. Im Laufe der Zeit hat sich zudem die Qualität der Gänge verbessert. Ausserdem werden die Pferde heute besser auf die Selektion vorbereitet und die Züchter investieren immer mehr Zeit in die Vorbereitung. Auch das Training hat sich im Laufe der Jahre professionalisiert.

Sind andere Qualitäten dadurch in den Hintergrund gerückt?

Nein. Damals wie heute müssen die ausgewählten Hengstanwärter dem Zuchtziel entsprechen, sei es im Typ, im Körperbau, in den Gängen oder auch im Charakter. Je nach Epoche, Mode und Markt rücken bestimmte Linien mehr in den Vordergrund als andere. Die Qualität bleibt im Allgemeinen aber sehr gut. Dies ist der Tatsache zu verdanken, dass die Hengstselektion seit Jahrzehnten streng ist, was zwangsläufig zur hohen Qualität der Freibergerrasse beiträgt.[IMG 2]

Seit mehreren Jahren kann bei der Hengstselektion ein Rückgang der vertretenen Vaterlinien festgestellt werden. Wie erklären Sie sich diesen?

Bestimmte Linien werden von den Züchtern im Allgemeinen mehr geschätzt als andere. Durch Modeerscheinungen sind einige Linien derzeit beliebter als andere. Dennoch können Pferde aus allen existierenden Linien dem Zuchtziel entsprechen. Es stimmt jedoch, dass die älteren Linien weniger dem derzeit gewünschten Typ entsprechen. Neben der Hengstselektion müssen die Pferde ausserdem die notwendigen Leistungen erbringen, um den Stationstest zu bestehen. Und vor allem müssen die Züchter ihren Hengst bei bestandener Körung verkaufen können. Die Hengste der ältesten Linien sind schwieriger zu verkaufen, da man feststellen kann, dass die Züchter generell weniger geneigt sind, ihre Stuten mit ihnen zu decken als mit Hengsten des moderneren Typs. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass die Mutterlinien in Glovelier immer noch in einer schönen Vielfalt vertreten sind. Das sollte nicht ausser Acht gelassen werden. Die väterlichen Linien sind wichtig, aber die mütterlichen auch, und sie verdienen es, berücksichtigt zu werden.

Was müsste geschehen, damit mehr verschiedene Hengstlinien die Körung schaffen?

Bereits heute wäre es wichtig, dass es mehr Kandidaten aus verschiedenen Linien gibt. Der Schweizerische Freibergerverband SFV hat bereits versucht, ein Projekt für gezielte Anpaarungen durchzuführen. Dieses sollte die vernachlässigten Linien in den Vordergrund rücken und die Produktion von guten Pferden aus diesen Linien ermöglichen. Das Projekt war jedoch nicht erfolgreich. Der SFV beabsichtigt aber in Kürze den Start eins neues Projekt für gezielte Anpaarungen, mit dem Ziel, gute Stuten zu erhalten und wenn möglich Hengste aus diesen Linien kören zu können. Anschliessend müssen uns die Marktteilnehmer, wie etwa das Nationalgestüt oder private Züchter, helfen, diese Linien zu fördern, indem sie Hengste aus diesen Linien kaufen.

Denken Sie, dass einige der jetzt bereits bedrohten Linien, wie zum Beispiel D und R, in den nächsten Jahren ganz verschwinden werden?

Das ist möglich und wird vom SFV befürchtet. Allerdings gibt es Modeerscheinungen und es würde genügen, wenn die bedrohten Linien wieder eine gewisse Aura bekämen, um den Trend zu ändern. Das war zum Beispiel bei der C-Linie oder der E-Linie der Fall. Sie waren eine Zeit lang bedroht. Heute sind sie aber immer noch sehr präsent. Man muss erwähnen, dass diese Linien auch bei den Stuten vertreten sind. Es sind also nicht nur die Hengste, die in der Gleichung eine Rolle spielen. Entsprechen die Tiere einer Linie aber vorwiegend nicht mehr den gewünschten Zuchtkriterien, kann sie natürlich verschwinden. Der Verband versucht aus diesem Grund ein gutes Programm für gezielte Paarungen auf die Beine zu stellen, um Tiere zu erhalten, die dem Zuchtziel entsprechen und letztendlich in der Zucht eingesetzt werden können. Man wird die Züchter aber ermutigen müssen, in diese Richtung zu gehen.

Mit dem Rückgang einiger Hengstlinien besteht die Gefahr von Inzucht, wie möchten Sie als Verband versuchen, die Diversität der Linien aufrechtzuerhalten?

Die genetische Vielfalt sollte nicht mit der Anzahl der vorgestellten Linien verwechselt werden. Beispielsweise waren in diesem Jahr die Inzucht- und Verwandtschaftsgrade der Kandidaten der Hengstselektion in Glovelier niedriger als in den Vorjahren. Das ist sehr positiv und zeigt, dass sich die Züchter dafür interessieren und diese Parameter berücksichtigen. Manchmal kommt es sogar vor, dass einige Pferde aus derselben Linie genetisch weiter voneinander entfernt sind als andere, die aus verschiedenen Linien stammen. Auch die Stute spielt eine wichtige Rolle, denn auch sie gibt ihr genetisches Material weiter, wobei die mütterliche Abstammung oftmals nicht berücksichtigt wird.