Die Eutergesundheit stellt bei Mutterkühen eine besondere Herausforderung dar. Dies vor dem Hintergrund, dass sie haltungsbedingt mehr Abstand zum Betreuer haben als Milchkühe, die täglich gemolken werden und somit auch nahen Kontakt mit dem Menschen haben. Da die Mutterkuh bei der Geburt oft «auf sich selbst gestellt» ist, erfolgt der erste Kontakt des Neugeborenen mit einem Menschen erst später. Etwa beim Markieren, Impfen und Kastrieren: Oft handelt es sich dabei nicht um erfreuliche, aber prägende Erlebnisse.

Bewaffnetes Fluchttier

Früher wäre jedoch besser: Am Fleischrindersymposium, das kürzlich am Plantahof in Landquart stattfand, wies Anna Jenni vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) darauf hin, Neugeborenen und später auch kleinen Kälber positive Erinnerungen an die menschlichen Begegnungen zu ermöglichen.

Der Umgang solcher Kälber, Jungtiere und Kühe sei einfacher im täglichen Umgang, beim Verladen oder dann auch beim Gang in den Schlachthof. «Das Rindvieh ist ein bewaffnetes Fluchttier», erklärte Anna Jenni. Das gelte es zu beachten, auch bei der Zucht, denn ruhige, entspannte und zugängliche Tiere seien wichtig.

Dies ist auch dann bedeutend, wenn bei der Geburt Geburtshilfe nötig ist, Kühe behandelt werden müssen oder wenn man die Eutergesundheit kontrollieren will. Kurz vor und nach der Geburt wie auch das Trockenstellen seien heikle Phasen bezüglich Eutergesundheit, sagte Beat Elmer vom Plantahof in seinem Referat. Wenn das Kalb abgesetzt wird, sich immer noch Milch bildet und sich noch kein Kreatinpfropf gebildet hat, ist dies laut Elmer der ideale Zeitpunkt für eintretende Bakterien.

Lässt sich die Kuh berühren?

Während der Ruhepause, der Galtzeit, bis zum Aufeutern gibt es wenig Euterentzündungen, denn die mechanische Barriere des Kreatinpfropfs verhindert ein Eindringen von Bakterien. Sobald die Kuh sich für die Geburt vorbereitet und aufeutert, löst sich der Pfropf auf. Milch kann austreten, die Bakterien haben wieder Zutritt und die Gefahr einer Euterentzündung steigt.

Ist das Euter oder auch nur ein Viertel vergrössert, muss man unterscheiden, ob es sich um ein Euterödem oder -hämatom, einen Tumor oder um einen Riss des Aufhängeapparates handelt. Bei einer Euterentzündung stellt man Wärme, Rötung, Schwellung, Schmerz und Funktionsverlust (Fetzen in der Milch oder keinen Milchcharakter mehr) fest. Dazu müsse man das Euter nicht nur anschauen, sondern auch berühren können, so der Referent.

Regelmässige Kontrolle

Bei Milchkühen wird das Euter in der Laktation täglich kontrolliert, bei Mutterkühen dagegen kaum. Gemäss einer Studie werden nur etwa sieben Prozent der Euter bei Mutterkühen manuell kontrolliert. Laut Beat Elmer erfolgt bei diesen eine Kontrolle manchmal beim Trockenstellen, meistens jedoch gar nie.

Ein gesundes Euter zu kontrollieren, wäre wesentlich einfacher als ein entzündetes. Bei Schmerzen wehrt die Kuh jede menschliche Berührung ab, vor allem, wenn sie diese auch nicht gewohnt ist.

Unterschwellige Euterentzündungen reduzieren die Milchleistung und demzufolge kommt es beim Kalb zu Wachstumseinbussen. Elmer betonte: Auch bei einer Mutterkuhherde könne man Euterentzündungen entgegenwirken. Er nannte einige Massnahmen:

  • Stallhygiene und -klima
  • Gute Fütterung und genügend Mineralstoff
  • Selektion
  • Galtgruppenhaltung

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Auf Kuhkomfort achten

Vom Kuhkomfort bei Milchkühen spricht man schon lange. Dass es Mutterkühe ebenso komfortabel haben sollten, darauf wies Dieter von Muralt vom Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung (BBZN) Hohenrain LU hin. Für Kuhkomfort sind laut von Muralt Luft, Stallklima, Fressplatz, Futter, Wasser, Liegeplätze und Laufgänge für die Kühe und die Kälber wichtig. Zu berücksichtigen sind zudem Arbeitseffizienz, Arbeitsplatzqualität und Wirtschaftlichkeit. Auch müssen die Möglichkeiten von Behandlungen und Verladen der Tiere gut durchdacht sein.

DNA-Check bei Rindern

Mit dem DNA-Nachweis in Fleischprodukten könne man jedes Tier zurückverfolgen, sagte Stefan Muster von Proviande. Jede Probe werde in einer Datenbank gespeichert und neue Proben mit diesen verglichen. Einfacher wäre es, so Muster, wenn bei der Markierung von Kälbern gleichzeitig eine Ohrstanzprobe genommen würde, dann wären alle Tiere viel schneller und richtig registriert.

Laut Muster wurden die Tiere auf den Märkten bisher aufgrund ihrer Schaufeln nach Alter eingeschätzt. Das hiess, man musste den Tieren das Maul aufsperren, einen Blick hineinwerfen und das Alter aufgrund der geschobenen Schaufeln bestimmen – eine nicht ganz ungefährliche Arbeit und nicht immer eine sehr genaue Einschätzung. Deshalb werden die Tiere basierend auf der neuen Verordnung seit dem 1. Januar mit den TVD-Daten altersmässig eingestuft – dies komme einem Systemwechsel gleich.

Saisonale Lieferung

Laut Ursula Freund von Mutterkuh Schweiz halten knapp 6000 Mutterkuhbetriebe rund 110 000 Mutterkühe. In den letzten Jahren sei diese Zahl etwa gleich geblieben, die Anzahl Kühe jedoch gestiegen. Die saisonale Lieferung von Natura-Veal und Natura-Beef bereitet laut Freund Sorgen: Im Sommer werden zu wenig Tiere geliefert, die Kunden wollen dieses Fleisch aber auch im Sommer. Dies möchten die Verantwortlichen jetzt mit saisonalen Preisabzügen und Preiszuschlägen ausgleichen.

Dass jedoch von den Alpen keine schlachtreifen Tiere kommen, zeigte Töni Gujan vom Plantahof auf. Die Fleischqualität mache die Fütterung im Stall aus. So müssten Tiere aus Alpgebieten vor der Alpung oder wenn sie zurückkommen und «aufgefüttert» worden seien, geschlachtet werden – was zu der nicht erwünschten Saisonalität führe.