Anfang Januar geht für die Freibergerzucht immer einer der wichtigsten Anlässe im Jahr über die Bühne – die Hengstselektion in Glovelier. 43 dreijährige Kandidaten stellen sich 2022 dem Richtergremium. Das sind bedeutend weniger als auch schon. Die Linienvertretung bringt keine grossen Änderungen im Vergleich zu den letzten Jahren; mit Ausnahme, dass kein Vertreter der Don-Linie, die auf den Araber Doktryner zurückgeht, am Start ist. Auch die stark bedrohte D-Linie fehlt heuer einmal mehr. Dafür trumpft die H-Linie üppig auf. Aus dieser Linie kommt auch der einzige Basisfaktor-Hengst (max. 4 % Fremdblut-Anteil) an den Start. Basis-Hengste mit weniger als 2 % Fremdblut sind heuer keine unter den Kandidaten.
Ein Blick zurück
Das Fremdblut ist indes ein Thema, das die Freibergerszene immer mal wieder beschäftigt. Ein Blick in «alte» BauernZeitungen zeigt, dass beispielsweise am 17. April 2015 an der Delegiertenversammlung (DV) des Schweizerischen Freibergerverbands (SFV) über ein Projekt befunden wurde, das den Einsatz von Fremdblut in der FM-Rasse vorsah. Vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), wie auch vom Schweizer Nationalgestüt, erhielt der SFV damals kein grünes Licht für einen Einkreuzungsversuch. Daher wurde über das Geschäft an der DV auch nicht abgestimmt. Damals wurde der Vorstand aber damit «beauftragt», die Finanzierung der Einführung von Fremdblut in die Rasse zu erarbeiten. Konkret sollten Schritte erarbeitet werden, in welcher Form und in welchem Rahmen die Züchter(innen) einer Blutauffrischung zustimmen könnten. Was ist diesem Vorhaben geworden? «Der Verband hat damals eine Arbeitsgruppe beauftragt, Vorschläge für eine Blutauffrischung auszuarbeiten. Diese wurden aber an einer Delegiertenversammlung des Freibergerverbands vor ein paar Jahren abgelehnt», sagt Albert Rösti auf Anfrage. Er ist als neuer Präsident des SFV heuer zum ersten Mal dabei in Glovelier.
Wieder ein Thema
An der letzten DV am 6. Juli 2021 wurde das Thema nun wieder intensiv debattiert und der Ball von den Delegierten schliesslich der Zuchtkommission – unter Präsident Martin Stegmann – zugespielt.
Nun sind erste Stimmen zu vernehmen, die behaupten, das Thema solle bereits wieder auf Eis gelegt worden sein. Der Grund dafür sei, dass das Parlament mit der Motion von Ständerat Beat Rieder (Mitte/VS) Vorschriften für Erhaltung und Förderung rarer Rassen verlangt. Dazu zählt auch der Freiberger. Aber nicht nur. Der Fokus soll auf Rassen liegen, die für einzelne Regionen prägende Bedeutung haben. Die Motion hat, nach dem Ständerat, am 14. Dezember auch der Nationalrat oppositionslos überwiesen. Rieder schwebt eine Erhaltungsprämie pro Tier vor, damit die Bestände der erhaltenswerten Rassen nicht weiter zurückgehen, was auch beim Freiberger der Fall ist. Er fordert zudem rasches Handel, was bei beiden Räten auf fruchtbaren Boden stiess.
Summe soll beibehalten werden oder steigen
Die Erhaltungsprämie könnte laut Bundesrat, gestützt auf das Landwirtschaftsgesetz, rasch umgesetzt werden. Die Gesamtsumme der Beiträge für Erhaltungsmassnahmen will er aber beibehalten oder zulasten der übrigen Tierzuchtbeiträge leicht erhöhen.
Die Frage, die sich hier stellt: Ist der Zeitpunkt günstig, über ein erneutes Einkreuzen in die Freibergerrasse zu debattieren, oder könnte allenfalls ein Einkreuzen in eine einheimische «rare» Rasse, zu denen bislang auch der Freiberger zählt, diese Gelder künftig gefährden?
Es bleiben zwei Jahre Zeit
Albert Rösti bestätigt ein mögliches Aufschieben der Sache nicht. «Anlässlich der Delegiertenversammlung wurde dem Vorstand der Auftrag erteilt, über die Zuchtkommission innerhalb der zwei kommenden Jahre ein komplettes und detailliertes Kreuzungsprogramm auszuarbeiten und vorzulegen», so Rösti. Diese Arbeit sei sehr komplex, «gilt es doch einerseits dem Rassenerhalt und damit auch den entsprechenden Vorgaben des Bundesamts für Landwirtschaft betreffend Beitragszahlungen, die im Jahr 2022 auch reformiert werden, Rechnung zu tragen und andererseits die Interessen der verschiedenen Käufergruppen einzubinden», erklärt der SFV-Präsident.
Der Auftrag ist klar
Der Auftrag wurde im Nachgang zur Delegiertenversammlung letzten Sommer in Saignelégier JU an die Zuchtkommission erteilt. «Der Vorstand wird an einer Klausur im Frühjahr ersteArbeiten würdigen und dann sicher auch die Meinung der Züchter in geeigneter Weise einholen, bevor dann die Delegiertenversammlung im Jahr 2023 über konkrete Entscheide befinden kann. Bei diesem Projekt handelt es sich um einen sehr klaren Auftrag der Delegiertenversammlung, da wird nichts auf Eis gelegt», so Rösti.