Belaya ist auf ihrem linken Auge blind. Die vierjährige RH-Kuh erkrankte als Rind während der Sömmerung an einer Gamsblindheit. Ihr Besitzer holte sie in jenem Sommer, nach einem Anruf des Hirts, frühzeitig vom Berg zurück. Die Behandlung des Rindes war aufwendig. Sie musste im Stall bleiben, das Auge mit Antibiotika behandelt werden. Ganz gesund wurde das Tier nicht mehr. Die Erkrankung war derart heftig, dass das Augenlicht verloren ging. In ihrer gewohnten Umgebung, mit den anderen Kühen im Laufstall, hat Belaya keine Beeinträchtigung und dennoch ist das Tier im Verhalten anders und scheuer.
Das sind die Symptome
Von Gamsblindheit sind vor allem Jungtiere auf der Weide betroffen, typischerweise im Alter von zwei bis 24 Monaten, und das in den Sommermonaten, wie Tierarzt Beat Berchtold, Bargen, auf Anfrage der BauernZeitung erklärt. Selten trete die Erkrankung bei Kühen oder ganz jungen Kälbern auf. Begünstigende Faktoren sind Sonnenlicht, hohe Staubbelastung und Fliegen. UV-Licht schädigt die Augenoberfläche (Kornea), was den Bakterien in der Folge ermöglicht, zu haften und eine Infektion zu setzen. Doch wie erkennt der Landwirt, dass ein Tier an Gamsblindheit leidet? «Typische Symptome sind ein tränendes Auge, geschlossene Lider, Meidung von Sonnenlicht, und gerötete, entzündete Augenschleimhäute», erklärt Beat Berchtold. Wird das erkrankte Tier, wie im Fall von Belaya, erst spät entdeckt, liegt eine Trübung der Hornhaut vor. Zunächst in der Mitte, später kann die gesamte Hornhaut betroffen sein.
Befall in etwa gleichbleibend
Auf die Frage, wie sich die Gamsblindheit im Rindviehbestand in den vergangenen Jahren entwickelt hat, sagt Beat Berchtold, dass ihm keine Zahlen bekannt sind. «Vom Gefühl her stabil – aber halt immer wieder vorkommend», ergänzt er. Tritt eine Erkrankung auf, gibt es verschiedene Behandlungsstrategien. «Das hängt vom klinischen Bild und dem Allgemeinzustand des Rindes ab, so der Tierarzt. Eine korrekte lokale Therapie beim betroffenen Auge sei zeitintensiv, weil sie mehrmals pro Tag gemacht werden müsse. «Eine Augenentzündung ist sehr unangenehm und schmerzhaft und muss entsprechend auch mit schmerzstillenden Entzündungshemmern behandelt werden. Zuweilen kann es sinnvoll sein, das Auge für eine gewisse Zeit chirurgisch «zu verschliessen», erklärt Berchtold.
Das Auge kann verloren gehen
Wird eine Gamsblindheit, die im schweizerischen Sprachgebrauch vielmehr unter Gämsblindheit bekannt ist, nicht behandelt, geht das Auge im Normalfall verloren.
Behandlung ein Muss und Impfung ein Plus
Präventiv kann ein Rind gegen Gamsblindheit geimpft werden. Dies habe sich in den letzten Jahren auch etabliert. «Der Erfolg dieser Impfung wird allerdings kontrovers diskutiert. Dennoch bin ich überzeugt, dass eine Reduktion der Fallzahlen erzielt werden kann», erklärt Tierarzt Beat Berchtold. Wer die Rinder in den Sommermonaten auf den Berg gibt und impfen will, muss das jetzt tun. Denn drei bis sechs Wochen vor der Sömmerung gealpter Tiere muss die Impfung erfolgen. Natürlich ist sie auch für Rinder im Talgebiet möglich. Sie muss zudem jährlich wiederholt werden. Einen hundertprozentigen Schutz gebe es allerdings nicht, erklärt der Tierarzt.
Kanülen bei jedem Tier wechseln
An der Impfstelle kann es zu lokalen Reaktionen kommen. Das wird mit einer Schwellung sichtbar, die vermehrt warm ist und auch Schmerzen verursachen kann. Allgemeinsymptome hingegen seien sehr selten. «Für die Minimierung ist eine korrekte Lagerung und Handhabung des Impfstoffes Voraussetzung. Zudem muss auf eine saubere Applikation geachtet werden, was ein Wechseln der Kanüle zwischen den Tieren erforderlich macht»,führt Beat Berchtold aus.
Nichtbehandlung hat Folgen
Was passiert, wenn ein erkranktes Auge nicht behandelt wird? «Die Trübung, wie oben beschrieben, breitet sich über die ganze Hornhaut aus und Blutgefässe sprossen ein, vom Rand nach innen. Es kommt zu einer Vorwölbung der Hornhaut, einer Geschwürbildung und schlussendlich zu einem Durchbruch dieser Veränderung und Auslaufen der Augenflüssigkeit», sagt der Tierarzt.
Aber bereits eine späte Behandlung kann, wie in Belayas Fall, irreversible Spuren hinterlassen. Die Krankheit kann auch Ziegen und Schafe befallen und ist zudem beim Steinwild bekannt.