Die Geflügelproduzenten sind derzeit in einer Situation, von der andere Branchen nur träumen können. Ob bei den Eiern oder beim Fleisch, die Abnehmer buhlen um die Produzenten und wünschen sich dringend einen Ausbau der einheimischen Geflügelhaltung. So konnte der Präsident des Schweizer Geflügelproduzentenverbands (SGP), Adrian Waldvogel, in seinem Jahresrückblick mehrheitlich positive Nachrichten verkünden. Und doch plagt auch ihn eine Sorge: «Bezüglich Planungssicherheit sind wir im derzeitigen politischen Umfeld an einem Tiefpunkt angekommen», betonte er. Und so zog sich sein Wunsch nach einer langfristigen Perspektive für junge Betriebsleiter und Berufseinsteiger durch die gesamte Delegiertenversammlung des SGP, die am Donnerstag, 20. März Woche in Oensingen SO stattfand.

Inlandanteil gesunken

Die Zahlen der Schweizer Geflügelproduktion sind tatsächlich eindrücklich. So stieg die Geflügelfleischproduktion in den vergangenen zehn Jahren um insgesamt 41 Prozent. Alleine von 2023 bis 2024 wurde im Inland wiederum 4,8 % mehr Geflügelfleisch produziert. Dennoch ist der Inlandanteil gesunken. Die Produktion kommt der wachsenden Nachfrage nicht hinterher. So wurden im vergangenen Jahr laut Statistik von Proviande in der Schweiz 91 983 Tonnen Geflügelfleisch produziert. Hinzu kamen Importe von 54 836 Tonnen, das sind 15,5 % mehr als im Vorjahr. Insgesamt standen der Schweizer Bevölkerung damit im vergangenen Jahr 144 398 Tonnen Geflügel zur Verfügung. Der Inlandanteil sank um gut zwei Prozent auf noch 63,7 %.

Neue Hallen fast unmöglich

Zwar habe man durch kürzere Leerzeiten bei den Ställen noch etwas Kapazität gewonnen, teilte Adrian Waldvogel mit. «Dennoch haben wir Inlandanteile verloren. Die Fakten zeigen klar, dass wir zusätzliche Stallflächen brauchen», betonte er. Denn die Mehrbelastung durch die stärker ausgelasteten Ställe spüren die Betriebsleiter. Und der stark wachsende Markt gäbe noch weiteren Betrieben die Möglichkeit, vom Aufschwung in der Geflügelbranche zu profitieren.

Jedoch sei es kaum noch möglich, neue Hallen zu bauen, die Auflagen vonseiten der Ämter seien zu hoch. Selbst bestehende Hallen würden im Nachhinein noch zu kostspieligen Investitionen gedrängt. Trotz aller gesunder Märkte und tiefer Inlandversorgung beim Geflügel drückt dies auf die Stimmung.

Mit sinkenden Emissionen, besserer Futtereffizienz und tiefem Antibiotikaverbrauch habe die Branche ihre Hausaufgaben gemacht und die Anforderungen gar übertroffen, gab Waldvogel zu bedenken. Die Geflügelproduzenten wünschen sich, dass die Politik dies anerkennt und dass das Geflügel in der neuen AP mit den Haar- und Borstentieren gleichgestellt wird. So erwirtschafte die Landwirtschaft mit Geflügelfleisch 4,1 % und mit Eiern 3,4 % – insgesamt also 7,45 % ihrer Produktionswerte mit Federvieh, rechnete er vor.

Zwei neue im Vorstand

Der Vorstand wird durch zwei junge Mitglieder verstärkt. So war der Vertreter der Frifag-Produzenten, Erwin Kündig, nach kurzer Amtsdauer zurückgetreten. Als Nachfolger wählten die 26 Delegierten Erich Jungo aus dem freiburgischen Düdingen in den Vorstand. Der 39-Jährige ist allerdings vorerst ohne Stimmrecht im Vorstand, da er als technischer Berater für die Frifag arbeitet und daher eine Statutenrevision nötig ist, damit er seine Stimme für die Produzenten abgeben kann. Ebenfalls zurückgetreten ist der langjährige Vertreter der Micarna-Produzenten, Jean-Daniel Staub. An seiner Stelle nimmt der 35-jährige Simon Pflugshaupt aus Gossau ZH im Vorstand des Schweizer Geflügelproduzentenverbandes Einsitz.

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Geflügelfleisch wird immer beliebter

Proviande hat in diesen Tagen die definitiven Schlachtzahlen vom vergangenen Jahr veröffentlicht, die wiederum und wenig überraschend einen deutlichen Zuwachs beim Geflügelfleischkonsum ausweisen. «Wenn ich mir die Entwicklung der Geflügelbranche anschaue, kann ich nur den Hut ziehen», betonte Heinrich Bucher vor den Geflügelproduzenten. Es sei eine gewaltige Produktionssteigerung, die realisiert worden sei. Und Geflügel treffe den Geschmack der Zeit. «Doch dieser Erfolg ist nicht vom Himmel gefallen. Ihr habt investiert und leistet sehr professionelle Arbeit», lobte er. Allerdings wehe der Fleischwirtschaft von politischer Seite ein rauer Wind entgegen. Dabei werde politisch versucht, ausgerechnet die Betriebszweige zu schwächen, die am meisten Wertschöpfung brächten. «Doch ihr arbeitet mit Flugtieren und darum ist euch bewusst: Aufsteigen tut man gegen den Wind», so Bucher.