1980 wanderte Karl Bürgi von der Schweiz in die USA aus und hat sich über Jahrzehnte einen Ruf als Spezialist für die Klauenpflege von Rindern erarbeitet. Er berät auf der ganzen Welt kleine bis ganz grosse Milchwirtschaftsbetriebe. In dieser Eigenschaft ist er regelmässig auch in der Schweiz in Kursen und als Ausbildner von Klauenpflegern anzutreffen.

Aus den USA zugeschaltet

Üblicherweise reist Karl Bürgi drei- bis viermal pro Jahr in die Schweiz. «2020 konnten diese Reisen wegen Corona nicht stattfinden», stellte der Klauenspezialist am Strickhof-Milchtag vom 29. Januar fest. Er sagte dies – zugeschaltet aus den USA – an einer Zoom-Veranstaltung, die von Matthias Schick organisiert und moderiert wurde. «Vorbeugen, Ausschau halten, eine gute Tierbeobachtung: Das ist von zentraler Bedeutung.» Dieses Fazit zog Schick, der Bereichsleiter Tierhaltung und Milchwirtschaft am Strickhof, nach den Ausführungen von Karl Bürgi.

Schnelle Behandlung

Karl Bürgi plädierte für eine Nulltoleranz in Sachen Lahmheit. Es gelte, täglich nach lahmenden Kühen Ausschau zu ­halten. Und diese seien innert 24 Stunden zu behandeln, hielt Karl Bürgi in seinem Referat fest, in dem er auch detailliert seine Technik und Grundsätze des Klauenschneidens darlegte.

Nicht zu stark schneiden

Der Referent warnte eindringlich davor, die Klauen zu stark zu schneiden. Bei weltweit 80 Prozent der Rinder sei dies der Fall. Die Klauen aller Kühe müssten ein- bis viermal pro Jahr beurteilt und wenn nötig geschnitten werden, hielt der Referent fest. Und das sind laut Bürgi die idealen Zeitpunkte, um die Klauengesundheit zu beurteilen: Drei bis acht Wochen vor dem Abkalben und 90 bis 140 Tage nach dem Abkalben.

Karl Bürgi identifizierte drei Ursachen, die weltweit für über 90 Prozent aller Lahmheiten verantwortlich sind: Sohlengeschwür, Weisse-Linie-Defekt und Mortellaro (Erdbeerkrankheit).

Und genau mit der letztgenannten Krankheit befasste sich Andrea Fiedler in ihrem Referat. Die Referentin war aus München zur Zoom-Veranstaltung zugeschaltet. Dort führt sie zusammen mit zwei Kolleginnen eine Grosstierpraxis, die sich auf das Thema Klauengesundheit spezialisiert hat.

Wie auch ihr Vorredner plädierte die Tierärztin mit Blick auf die Prävention für eine genaue Tierbeobachtung. Eine Rückenkrümmung oder eine Ent­lastungshaltung könnten An­zeichen einer beginnenden Lahmung sein. Als Hauptursache für eine Erkrankung an Mortellaro identifizierte sie einen Mangel an Hygiene. Kot und Urin seien ein ideales Reservoir für alle Keime. Deshalb sei es zu vermeiden, dass die Rinder in ihrer eigenen Gülle stehen.

Genetische Prädisposition

Wie Andrea Fiedler darlegte, sind nach dem aktuellen Stand Treponemen die Leitkeime, welche die Erdbeerkrankheit verursachen. Es handelt sich dabei um Bakterien, welche über vorgeschädigte Haut tief ins Gewebe eindringen. Weiter geht die Forschung davon aus, dass eine genetische Prädisposition besteht, dass Rinder an Mortellaro erkranken. Vermutlich verhält es sich zudem so, dass es sich bei dieser Krankheit um eine lebenslange Infektion handelt. Das heisst: Ist ein Rind einmal an Mortellaro erkrankt, ist auch nach einer erfolgreichen Behandlung die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Infektion erneut auftritt. Andrea Fiedler betonte deshalb, dass gerade bei den Aufzuchttieren die Prävention von zentraler Bedeutung ist. Und sämtliche Massnahmen zur Verhütung einer Mortellaro-Infektion können unter dem Stichwort «Hygiene» zusammengefasst werden.

Es lauern viele Gefahren

Als Problembereiche zur Verbreitung einer Mortellaro-Infektion nannte Andrea Fiedler eine mangelnde Qualität der Einstreu im Bereich der Liegeboxen. Ein Gefahrenherd besteht auch darin, wenn Kühe in einem Laufstall zu viel Zeit im Stehen verbringen: Sei es, weil es für sie schwierig ist, an Futter zu gelangen oder weil sie sich im Liegebereich nicht wohlfühlen. Auch durch Zukäufe von Tieren kann das unerwünschte Bakterium in einen Stall eingeschleppt werden. In übervollen Ställen erhöht sich die Gefahr einer Übertragung der Krankheit ebenfalls. Aber auch die externe Biosicherheit ist bei der Vermeidung einer Einschleppung der Krankheit von hoher Bedeutung: ­Weder durch Arbeitsgeräte noch durch Besucher, wie etwa Besamungstechniker, Tierarzt, Klauen­pfleger und Berater, dürfen Krankheitskeime in den Stall geschleppt werden. Das gilt aber auch etwa für die eigenen Stiefel, an denen etwas Mist hängen geblieben ist. Auch da lauern unerwünschte Keime.