Je naturnaher sich eine Stallhaltung realisieren lässt, umso besser ist das für die Pferde. Weil die Gesunderhaltung von Pferden und Ponys oberstes Ziel sein sollte, hat für Stallbauer Ruedi von Niederhäuser von der Firma B+M Agrotech jede Art von Ventilator seine Berechtigung. Am Weiterbildungstag des Landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg waren Luftqualität und Lüftungssysteme ein Hauptakzent der Veranstaltung.
Keine konstanten Temperaturen
Um zu einem guten Stallklima zu kommen, muss man zuerst die entsprechenden Grundlagen kennen. Frische Luft im Pferdestall ist für Ruedi von Niederhäuser ein Muss. Das Stallklima gehört für ihn zu den wichtigsten Beurteilungskriterien in der Pferdehaltung. Gerade Equiden stellen besonders hohe Ansprüche an die Luftqualität ihres Lebensraumes. Die Stalltemperatur sollte sich an die Aussentemperatur anpassen, Zugluft und Kondenswasserbildung können so vermieden werden. Konstante Stalltemperaturen über das ganze Jahr hinweg begünstigen Erkrankungen.
Die am häufigsten zu sehenden Fehler in der Regulierung des Stallklimas – in Anbetracht des Klimawandels mit steigenden Temperaturen besonders relevant – sind eine nicht ausreichende Belüftung und die Unterschätzung der angeborenen Thermoregulierungsfähigkeit der Pferde. Diese ist bei Pferden besonders ausgeprägt: Im Temperaturbereich von – 15 °C bis gut 25 °C kann ein gesundes Pferd die Körperkerntemperatur von 37,5 bis 38,5 °C aufrechterhalten, ohne Energie aufwenden zu müssen. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Zunahme der Luftfeuchtigkeit bei gleichbleibenden Temperaturen den Hitzestress verstärkt. Die Grundvoraussetzung für eine komfortsichernde Thermoregulation ist das Zusammenspiel von Haut, Fell, Blutgefässen und Schweissdrüsen. Um das zu erhalten, muss laut Ruedi von Niederhäuser ein der Situation angepasstes Verhalten wie das Aufsuchen eines Schattenplatzes möglich sein. Herrscht im Stall ständig die gleiche Temperatur, können die Pferde ihre natürliche Thermoregulation verlernen, was sie anfälliger für Krankheiten macht.
Ungenügende Hygiene
Was aber zeichnet ein gutes Stallklima aus? Dafür sind die Schadgase Kohlendioxid und Ammoniak sowie die Staubentwicklung möglichst tief zu halten. Mitzuberücksichtigen gilt es den Luftaustausch: Je schwerer ein Pferd ist, desto mehr Luftvolumen muss pro Stunde durch den Stall fliessen. Als minimale Lüftungsrate werden für ein 400 kg schweres Pferd 62 m³ empfohlen. Für ein 600 Kilo-Pferd sind es bereits 84 m³. Dass die Hygiene längst noch nicht in allen Pferdeställen angekommen ist, zeigt eine von VetSmart durchgeführte Studie in 100 Pferdeställen: Unter dem Grenzwert für eine optimale Tiergesundheit blieben weniger als ein Zehntel.
Stark reduzieren lässt sich die Staubentwicklung im Stall durch schonendes Wischen mit vorangehendem Anfeuchten des Bodens. Wenn immer möglich sollte mit dem Wischen zugewartet werden, bis keine Pferde mehr im Stall stehen. Zu achten ist in einem guten Stall auch auf die Luftfeuchtigkeit. Ist sie zu hoch, wird die angeborene Thermoregulation beeinträchtigt und die Wärmeabgabe über das Schwitzen erschwert. Ist sie hingegen zu tief, trocknen die Schleimhäute aus, was die Infektionsanfälligkeit des gesamten Atmungstraktes erhöht. Besonders bei hohen Temperaturen ist auf einen Abtransport der Luftfeuchtigkeit durch eine gute Luftzirkulation zu achten.
Lüftungsschlitze für bessere Luft
Für einen optimalen Pferdestall sind etliche bauliche Massnahmen zu berücksichtigen. Ein wichtiger Punkt ist die passive Lüftung, die auf dem Gewichtsunterschied zwischen warmer und kalter Luft beruht. Das Verbleiben der abgekühlten Luft im Stall fördert zudem die Bildung von Kondenswasser. Bei einer kleineren Anzahl von Pferden im Stall kommt es zu wenig aufsteigender Wärme, sodass es zu keiner passiven Lüftung kommen kann.
Als bauliche Massnahmen nannte Ruedi von Niederhäuser die Möglichkeit einer Firstentlüftung, wodurch warme Luft nach oben abfliessen kann. Lösungen für eine passive Lüftung sind auch Rolltore (Netze oder Planen), Hubfenster, Ventilatoren oder Lüfter. In Boxenställen helfen Lüftungsschlitze in den Wänden für bessere Luft. Hilfreich sind die zur Verfügung stehenden Messgeräte, die Stallklimadaten erfassen und dem Stallbetreiber aufzeigen, was allenfalls zu unternehmen ist, um zum optimalen Stall zu kommen.