Das Thema Gewässerschutz ist aktueller denn je. Besonders heiss wird es in der Landwirtschaft diskutiert. Seit Sommer 2022 wird im Kanton Bern der Gewässerschutz im Rahmen der ÖLN-Grundkontrolle überprüft. Vor besonderen Herausforderungen stehen Alpbetriebe.

Alpen besonders betroffen

Alpbetriebe sind oft mehrstufig, und damit fällt ein Investitionsbedarf an mehreren Standorten an, die nur wenige Wochen im Jahr genutzt werden. «Die Anforderungen des Gewässerschutzes müssen Alpbetriebe genauso umsetzen wie Talbetriebe», sagt Urs Burri, Kreisinspektor Berner Oberland. «Abweichend zu den Talbetrieben gibt es aber diverse Erleichterungen für das Sömmerungsgebiet», sagt Burri weiter.

Mängel, welche bauliche Massnahmen oder eine Bau- oder Gewässerschutzbewilligung erfordern, gehen im Berner Oberland über den Tisch von Urs Burri. «Die Mistlagerung auf Alpbetrieben ist eher ein neues Phänomen», sagt Burri. Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde der Mist aus der Alpwirtschaft jeweils direkt draussen verteilt. Heute wird der Mist meistens auf dem Miststock gelagert, was Auswirkungen auf den Gewässerschutz hat. Dies betrifft gemäss Burri nicht nur die Alpbetriebe, sondern auch viele Weideställe im Tal.

Zugang ist entscheidend

«Das Hauptthema auf den Alpen bezüglich Gewässerschutz», erklärt Urs Burri, «sind Mistplätze mit entsprechender Entwässerung sowie der Morast an zum Beispiel Tränkestellen.» Doch gerade bei den Mistplätzen und Güllekästen gibt es einige Möglichkeiten, die Investitionen klein zu halten.[IMG 2]

Ist ein Stallgebäude nicht erschlossen, kann der Mist für maximal 6 Wochen auf Naturboden gelagert werden. Doch was heisst in diesem Fall «erschlossen»? Gemäss Urs Burri sind das Gebäude ohne befahrbaren Zugang durch ein Fahrzeug, auf dem Beton transportiert werden kann. Handelt es sich also um einen Standort ohne Zufahrt, ist dies eine der oben erwähnten Erleichterungen. Der Mist muss allerdings abgedeckt sein und nach Verlassen des Standorts umgehend ausgebracht werden. Der Lagerplatz muss bei jeder Bestossungszeit gewechselt werden.

Mistplatte nötig

Handelt es sich hingegen um einen Alpbetrieb mit einem befahrbaren Zugang, ist eine Investition in eine Mistplatte unabwendbar. Eine entsprechende Entwässerung ist dann ebenfalls notwendig. Diese hat grundsätzlich in eine Güllegrube zu erfolgen. Für Mistwasser bei Sömmerungsbetrieben kann dafür ein abflussloser Kunststofftank bewilligt werden. «Ein abflussloser Kunststofftank kostet einen Bruchteil eines betonierten Güllekastens», erklärt Burri. Im Gewässerschutzbereich Au (Zustrom) und üB (übriger Bereich) genügt ein Tank, der für Abwasser ausgelegt und mit zehn Tonnen Achslast befahrbar ist. Im Gewässerschutzbereich S3 ist zusätzlich ein doppelwandiger Abwassertank erforderlich. Bei einem Ganzjahresbetrieb werden 0,6 Kubikmeter Auffangvolumen pro Quadratmeter Mistplatz berechnet. Auf der Alp wird das Volumen auf die entsprechende Nutzungszeit verkleinert.

«Man kann den Mist auch abdecken», erklärt Burri eine weitere Variante. Dies könnte eine Option sein, wenn der Güllekasten durch die Entwässerung des Stalles bereits ausgelastet ist. Wer den Mist aber nicht abdecken will, muss ihn zwingend entwässern, sei dies in den Güllekasten oder in einen abflusslosen Kunststofftank. «Den Mist unter einem bestehenden Vordach witterungsgeschützt zu lagern, könnte für manche Betriebe ebenfalls eine Option sein», sagt Burri weiter. Dies sei eine praktikable Option, an die man oft nicht denke. Der Boden unter dem Vordach muss trotzdem betoniert sein. Wände braucht der Mistplatz nicht unbedingt, aber mindestens eine Bordüre ist vorgeschrieben.

Alpschweine fehlen
Die Inspektionsstellen orientieren sich bei der ÖLN-Grundkontrolle am Handbuch «Gewässerschutzkontrollen» des Amts für Wasser und Abfall AWA. Die Alpschweine sind im Handbuch «Gewässerschutzkontrollen» noch nicht abgebildet. Diese werden früher oder später hinzukommen. Aktuell ist es in Ordnung, wenn das Sulbecken auf Naturboden über den Oberboden entwässert wird. Allerdings sollte dies ganzflächig und nicht punktuell erfolgen. Der Fressplatz, der Ort, an dem am meisten Kot anfällt, ist betoniert und in die Güllegrube entwässert.

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Bewilligung nötig

Urs Burri erwähnt, dass auf Alpbetrieben viele Hofdüngeranlagen ohne Bewilligung gebaut wurden. Dies sei ein Problem, denn spätestens bei der flächendeckenden Zustandskontrolle der Hofdüngeranlagen würden diese ans Licht kommen und müssten nachträglich bewilligt werden. Ein entsprechendes Baugesuch ist bei der Gemeinde einzureichen. Ein noch vielfach ungelöstes Problem stellt der Morast auf Alpbetrieben dar. In einem Sommer wie 2022 war dies natürlich keine Schwierigkeit. «Aber in anderen, nasseren Sommern ist es wichtig, dass die Bewirtschafter ein Augenmerk darauf haben», sagt Urs Burri. «Hat die Alp eine Zufahrt, kann auf jeden Fall etwas gemacht werden.» Ansonsten lasse sich mit Umzäunen viel erreichen.

Mängel beheben

​Das Prozedere läuft wie folgt: Falls bei einer Kontrolle ein Mangel auftritt, wird zwischen Mangel A und Mangel B unterschieden. Ein Mangel A kann ohne bauliche Massnahmen und ohne Bau- oder Gewässerschutzbewilligung behoben werden. Es handelt sich um kleinere Mängel wie zum Beispiel Risssanierungen und Ausbesserungsarbeiten. B-Mängel erfordern bauliche Massnahmen und/oder eine Bau- oder Gewässerschutzbewilligung. Diese B-Mängel werden von der Inspektionsstelle direkt dem Amt für Wasser und Abfall rapportiert, welches wiederum die Gemeinde beauftragt. Diese macht dann eine Verfügung mit Frist. Bei Nichteinhaltung kann es zu einer Kürzung der Direktzahlungen kommen.

«Die Bestimmungen für den Gewässerschutz bestehen schon seit geraumer Zeit», erklärt Urs Burri. Es sei richtig, dass sich neben den Privaten und Unternehmen auch Landwirtschaftliche Betriebe an die Bestimmungen hielten. «In der Schweiz kann man das Wasser auch in Zukunft aus dem Hahn trinken», ist Urs Burri überzeugt, «und deshalb machen die Gewässerschutzvorschriften Sinn.»

Fit für den Gewässerschutz
Die Gewässerschutzbeauftragten des Inforama nehmen die Kontrollpunkte genau unter die Lupe. Beratungen finden auch direkt auf dem Betrieb statt.
Andreas Ritter: ÖLN, Biodiversität, Gewässerschutz, Nährstoffbilanzen; Tel. 031 636 41 10; andreas.ritter(at)be.ch
Tabea Stäubli: ÖLN, Kobe/NPr-Futter, Hoduflu, Gewässerschutz; Tel. 031 636 12 71; tabea.staeubli(at)be.ch
Peter Berger (Region Oberland): Herdenschutz, Gewässerschutz, Tierschutz; Tel. 031 636 83 14; peter.berger(at)be.ch