Der Jagddruck beim Reh- und Hirschwild wurde im Kanton Graubünden aufgrund der hohen Schalenwildbestände dieses Jahr erneut stark erhöht. Auf der Hochjagd im September wurden 8290 Stück Schalenwild (Hirsche, Rehe, Gämse, Wildschweine) erlegt. Dies vermeldete das Amt für Jagd und Fischerei (AJF) des Kantons Graubünden diese Woche. Die Zahlen sind tiefer als 2020, aber im ähnlichen Rahmen wie 2019 und 2018.
Schönes Wetter und fehlender Schnee
Die Voraussetzung für eine nachhaltige Regulation der Wildbestände ist die Jagdplanung. Gemäss dem Bündner Abschussplan 2021 müssten beim Hirschwild mindestens 3177 weibliche Tiere erlegt werden. Bis jetzt sind es gemäss AJF erst 708 weibliche Tiere, die auf der Hochjagd im September geschossen wurden. Wie die Zwischenbilanz des AJF zeigt, müssen die Jäger(innen) während der Sonderjagd im November und Dezember noch 2469 Hirschkühe erlegen. So hohe Abschusszahlen für die Sonderjagd gab es bei den Hirschen noch nie. Bei den Rehen sind es 282 weibliche Tiere und diesjährige Jungrehe, die noch geschossen werden sollten.
Als Gründe für die tiefen Abschusszahlen während der diesjährigen Hochjagd nennt Adrian Arquint, Leiter des AJF, das sehr warme Wetter im September und das Ausbleiben von Schneefällen. Der fehlende Schnee hat zur Folge, dass sich die Wildpopulationen lange in nicht bejagbaren Gebieten, auch im benachbarten Ausland, aufhalten und die Jagd für die Jäger(innen) dadurch anspruchsvoller wird. Arquint betont: «Die Jägerinnen und Jäger haben bisher einen grossen Einsatz geleistet.»
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Die Unterschiede im Kanton sind gross
Die Erfüllung der Jagdpläne ist sehr abhängig von den Witterungsbedingungen, dem Vorhandensein und dem Verhalten der Tiere. «Beim Hirschwild gibt es verschiedene Populationen, die erst spät im Herbst nach Graubünden zur Überwinterung einwandern», gibt Adrian Arquint zu bedenken. Zudem gibt es Gebiete in Graubünden, in denen die Jagd verboten ist oder die Wildpopulationen schlecht zu erreichen sind, zum Beispiel in Jagdbanngebieten oder im Schweizer Nationalpark. Dies alles führe dazu, dass die Abschusspläne regional sehr unterschiedlich erfüllt werden, sagt Arquint.
Neben den hohen Reh- und Hirschbeständen, regional auch Gämsbestände, werden Wildschweine im Kanton vermehrt zum Problem. «Besonders im Misox verursacht die Wildschweinpopulation zunehmend grosse Schäden in landwirtschaftlichen Kulturen», weiss Arquint. Hier waren die Abschusszahlen über die letzten Jahre recht stabil. 2020 waren es 51 Abschüsse, in den Vorjahren um die 34 erlegte Tiere. Dieses Jahr wurden bis jetzt 31 Wildschweine geschossen.
Einfluss des Wolfes ist schwer abzuschätzen
Der Klimawandel, insbesondere der fehlende Schnee im September, wird zukünftig eine grosse Herausforderung für die Regulation der Wildbestände sein. Adrian Arquint sagt: «Die Planung der Jagd ist aufgrund der sich dauernd verändernden Umweltbedingungen ein laufender Optimierungsprozess. Wir sind angewiesen auf den grossen Einsatz der Jägerinnen und Jäger.» Einen positiven Effekt könnte da die hohe Wolfspräsenz in Graubünden haben. Dazu sagt Arquint: «Je nach Gebiet und Gestaltung des Lebensraums der Tiere wird der Wolf einen unterschiedlichen Einfluss auf die Schalenwildtiere und somit auch auf die Jagd haben.»