Sie gehören zu den traditionellsten Novembertagungen in der Schweizer Landwirtschaft, die regionalen Anicom-Treffen, in der Deutschschweiz aufgeteilt gemäss Organisation des grossen Tiervermarkters aus dem Hause Fenaco in Ostschweiz, Mittelland und Zentralschweiz. So war auch in Schenkon bei Sursee im Kanton Luzern «Full House», wie Tanja Müller, Präsidentin Regionalausschuss Zentralschweiz, erfreut feststellte. Und noch mehr freute sie sich über die vielen Frauen im Publikum.
Haartiere laufen noch immer gut
Die Stimmung bei den Tierproduzenten ist diesen Spätherbst noch immer zweigeteilt. Auf der einen Seite sind da die Haartiere, namentlich Metzgkühe, Muni oder Kälber, die von einem gesunden Markt und entsprechend anhaltend guten Preisen profitieren. «Im Vergleich mit dem Vorjahr konnte sogar nochmals eine Schippe draufgelegt werden», bilanzierte Christian Probst, Leiter Region Zentralschweiz. Auf der anderen Seite ist das Sorgenkind Schweinemarkt mit «ruinösen Preisen», und es brauche schon sehr viel Zuversicht dafür, Licht am Ende des Tunnels zu erahnen. Dass das Image der Schweizer Landwirtschaft gut sei, Medienberichten zum Trotz, davon sind Tanja Müller wie auch Gastredner Mike Egger, Nationalrat und Leiter Business Development bei der Migros-Metzgerei Micarna, überzeugt. Obwohl nur 2 Prozent in der Landwirtschaft aktiv sind, wurde auch die Massentierhaltungs-Initiative mit zwei Dritteln der Stimmen wuchtig abgelehnt. Wobei die Städte dieser Initiative ja zugestimmt hätten. «De la terre à la table» heisst die Ausstellung zur Land- und Ernährungswirtschaft der Fenaco, die am 1. Juni im Verkehrshaus in Luzern eröffnet wird, und ein wenig dazu beitragen soll, den Graben zwischen Stadt und Land zu verkleinern.
Schweinefleisch-Import «wenig sensibel»
Unterschiedliche Meinungen gibt es dann und wann aber auch innerhalb der Branche. Christian Probst rollte nochmals den Fall Importfleisch aus. Mitten in einer der grössten Krisen auf dem Schweinemarkt hatte Denner bekanntlich im Herbst einen Wochenendkracher mit «falschen Filets» aus Deutschland im Angebot. Importeur war die Ernst Sutter AG, also das Fleisch-Kompetenzzentrum der Fenaco-Landi-Gruppe. Entsprechend waren die Rückmeldungen der Schweineproduzenten, auch bei Christian Probst. Denner sei ein grosser und wichtiger Kunde, es werde versucht, Wünsche zu erfüllen. «In diesem Fall hat aber leider die Sensibilität gefehlt», sagte Probst. Innerhalb der Fenaco sei der Fall kritisch aufgerollt worden. Mit einem Inlandanteil von über 99 Prozent beim Schweinefleisch sei der Verarbeiter ansonsten ein Musterknabe und unterstütze die Branche in den schwierigen Zeiten auch mit Mehrschlachtungen.
Aussichten weiterhin trüb
Die Gründe, die zu dieser nicht enden wollenden Baisse auf dem Schweinemarkt führten, sind bekannt und vielfältig. Auch Corona gehört dazu. Denn die erhöhte Nachfrage während der Zeit von geschlossenen Grenzen führte zu einer falschen Euphorie. Der Mensch hat sein Verhalten kaum verändert. Der Einkaufstourismus bleibt beliebt, genauso wie Ferien im Ausland. Der Schweinemarkt sei ein liberaler Markt, sagte Probst. Die Preise blieben tief, bis die Produktion heruntergefahren werde. Selbst die seit Wochen geltenden Schlachtschweinepreise im QM-Bereich von drei Franken könnten kaum realisiert werden.
Anicom als Tiervermarkter habe im Rahmen seiner Möglichkeiten versucht, sich einzubringen. Etwa mit dem Vorschlag, Schlachtgewichte abzusenken. Selbst Ferkel wurden aufwendig exportiert und die Mastferkelproduzenten auf dem Morenbarometer hingewiesen.
Der Morenbarometer in den wöchentlichen Marktberichten der Suisseporcs zeigt den Züchtern auf, wann Belegungen von allen Muttersauen erwünscht sind und wann mit Vorteil weniger Moren belegt werden und eine Ausmerzung ins Auge zu fassen ist. Der Morenbarometer dient also dazu, das Angebot saisonal marktgerechter zu gestalten. Natürlich zeigt das Instrument im Augenblick auf Rot. Einige seien zwar aus der Produktion ausgestiegen, so Christian Probst, es brauche aber noch mehr. Ein kleiner Hoffnungsschimmer sind aktuell rückläufige Besamungen.
Egger lobt hochwertiges Angebot
Dass die Schweizer Tierproduktion auf einem guten Weg sei, erläuterte Mike Egger von der Micarna. Auf die Errungenschaften, etwas das hohe Tierwohl, könne man stolz sein. Auch wenn man sich davon allein noch nichts kaufen könne, sehe er die Branche gegenüber einer mengenmässig wachsenden und zunehmend kritischen Kundschaft gerüstet.