KAG Freiland, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und der Schweizer Tierschutz (STS) verfolgen gemeinsam das Ziel, eine tierfreundlichere Methode für das Ausstallen von Legehennen zu entwickeln. 2024 wurde das Vorgehen zweimal auf einem Praxisbetrieb in Schlatt TG getestet, wie KAG Freiland in ihrem Magazin berichtet.

Mit beiden Händen

Üblicherweise würden die Hennen an einem Bein aus den Volieren gezogen und kopfüber durch den Stall zu den Transportkisten getragen, schildert die KAG. Bei der alternativen Methode hingegen hebe man die Tiere mit beiden Händen von den Sitzstangen und gebe sie an eine andere Person weiter, die sie noch im Stall in die bereitstehenden Kisten setze. Das dauere länger, räumt die Tierschutzorganisation ein, sei aber für Tier und Mensch schonender.

Die Beteiligten zeigen sich im «KAG-Magazin» zufrieden mit den beiden Versuchen in Schlatt. Mit der neuen Methode habe das Ausstallen der jeweils rund 2000 Legehennen zwar zwischen 1,2- und 1,3-mal länger gedauert, die Tiere seien aber ruhiger gewesen und das Ganze sei entspannter abgelaufen. Das ist auch das Fazit des beteiligten Landwirts. Beim zweiten Mal im Herbst 2024 zeigte sich allerdings, dass die Umsetzung in einem anderen Stallsystem und mit tendenziell aktiveren, weissen statt braunen Legehennen herausfordernder war.

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Nicht in jedem Fall besser

«Die konventionelle Methode des Ausstallens verursacht bei den Tieren Stress und ist aus Tierschutzsicht nicht ideal», begründet die KAG ihre Bemühungen. Es gebe Studien, die das erhöhte Stresslevel von Geflügel während des Ausstallens messbar zeigten, bestätigt Madeleine Herrli, Verantwortliche für die Tierschutzkurse des Aviforums in Zollikofen BE. «Jede Bestrebung, es besser zu machen, ist lobenswert», hält sie fest. Allerdings könne man nicht generell sagen, eine Methode sei in jedem Fall besser als die andere: «Es kommt darauf an, wie man es macht.»

Möglichst kurze Wege

Die Problematik beim Kopfübertragen von Hühnern besteht u. a. darin, dass diese Tiere kein Zwerchfell haben und ihre Organe daher in dieser Haltung auf die Atemorgane drücken, was auf Dauer zu Atemnot und Angst führen kann. «Werden die Tiere sorgfältig umgedreht und nur kurze Zeit kopfüber getragen, entspricht das einer sanften Immobilisation», sagt Madeleine Herrli. Wichtig sei, beim Lösen aus der Voliere achtsam vorzugehen, Tragstrecken kurzzuhalten, Anschlagen an Wänden oder Einrichtungen zu verhindern und zu vermeiden, dass die Hühner etwa wegen Wartezeiten beim Packen länger als absolut nötig kopfüber hängen. Das kommt auch den Gelenken zugute, die gemäss STS auf Druck und nicht auf Zug ausgelegt sind und somit im Hängen Schaden nehmen bzw. auskugeln können.

In der Dauer des Ausstallens sieht Madeleine Herrli neben den Faktoren Licht und Lärm ein weiteres Element, das den Vorgang beeinflussen kann. Lange Ladezeiten in grossen Ställen könnten bedeuten, dass die Tiere länger dem Ausnahmezustand ausgesetzt sind und dass das Personal ermüdet. Mit einem Mehraufgebot an Helfern würden andererseits die Platzkapazitäten im Stall möglicherweise überschritten und die Biosicherheit auf dem Betrieb wäre schwieriger zu gewährleisten, gibt die Tierärztin zu bedenken.

Geschultes Personal

Schlussendlich bringt nicht jeder Stall die gleichen Voraussetzungen mit. «Wir stallen im Aviforum bisher nach der konventionellen Methode aus, denn die Transportkisten hätten im Stallgang nicht Platz», erklärt Madeleine Herrli. Eine gute Vorbereitung, ein bewusster Umgang mit den Tieren und eine zügige Arbeit dank kurzer Wege und guter Organisation würden aber generell helfen, das Stresslevel tief zu halten. «Das setzt indes geschultes und sensibilisiertes Personal voraus.»

An passender Stelle ansetzen

KAG will in Zusammenarbeit mit FiBL und STS ihr Projekt zum schonenden Ausstallen weiterführen. «Aufgrund der ersten, vielversprechenden Erfahrungen bei den beiden Pilotversuchen soll eine praxistaugliche Methode erarbeitet werden», schreibt die Tierschutzorganisation. Denn es seien noch organisatorische Knackpunkte in der Praxis zu klären, damit die alternative Methode verbreitet in Schweizer Ställen zur Anwendung kommen könne. «Etwas, das sich besser bewährt als das Übliche, wird sich durchsetzen, wenn es umsetzbar ist», ist Madeleine Herrli überzeugt. Das könnten Verbesserungen der konventionellen Methode sein oder ein neues Vorgehen (der STS zeigt in einem Merkblatt weitere Alternativen auf, etwa das Fangen im Stallgang oder von der obersten Etage). Um schonender zu arbeiten, brauche es vor allem das nötige Bewusstsein – von den Betriebsleitenden, aber auch von allen am Ausstallen beteiligten Personen, schliesst Herrli. «Es hilft, sich über die wichtigsten Stressfaktoren im Klaren zu sein, um dort anzusetzen, wo es für den einzelnen Betrieb stimmt.»

Das Merkblatt des STS zum tierfreundlichen Ausstallen finden Sie hier