«Immer mehr Bauern wollen in Zukunft ihre Tiere auf dem Hof töten lassen», sagt Mischa Hofer. Dies sei stressfrei und komme dem Konsumentenwunsch nach tierfreundlicher Haltung bis zum Tod des Tieres sehr entgegen. Bis jetzt haben aber nur einzelne Betriebe eine Bewilligung dafür. Das soll sich nun bald ändern: «Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) debattiert zurzeit die Änderung der Verordnung über das Schlachten und die Fleischkontrolle (VSFK)», weiss Hofer, der in Lützelflüh BE die ­Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH (hofschlachtung.ch) betreibt. Für diese Tötungsart und den Weg vom Betrieb bis zum Schlachthof braucht es spezielle Fahrzeuge.

Es braucht eine Bewilligung

Man ist guten Mutes, dass der Bundesrat im Sommer den Verordnungstext genehmigen und grünes Licht für die Hofschlachtung geben wird. Somit wäre es in der ganzen Schweiz einfacher, die nötige kantonale Bewilligung zu erlangen. Dann könnten alle Tierhalter Hof- und Weideschlachtungen durchführen – wenn sie die Vorschriften erfüllen und eine Bewilligung haben. Mit der neuen Verordnung würde auch der Name angepasst: Dann hiess es nicht mehr Hof- und Weideschlachtung, sondern Hof- und Weidetötung. Genauer betrachtet heisst dies, dass bei der Hoftötung die Betäubung mittels eines Bolzenschussapparats durchgeführt werden muss und die Weidetötung mit dem Gewehr. Das Tier muss dabei in einem Gatter fixiert sein. Danach muss der Schlachtkörper nach der Ausblutung innert 45 Minuten ins Schlachthaus gebracht werden.

Ist die Hoftötung eine Marktlücke?

Mischa Hofer hat die Marktlücke schnell entdeckt und in eine mobile Schlachteinheit (MSE-200A) investiert. Diese sieht von aussen aus wie ein normaler Viehanhänger, nur ist er anders ausgerüstet. So besteht der MSE aus einem Fangmodul, welches motorisch hinaus und wieder in den Wagen hinein gezogen werden kann. Wird ein Tier geschlachtet, fährt ein Metzger von der Platzhirsch Hofschlachtung mit dem Gefährt direkt zum Bauernhof, das Fangmodul wird aktiviert, dass Tier fängt sich selbstständig am Fanggitter und der Metzger führt mittels eines Bolzenschusses die Betäubung durch. Innerhalb von knapp 20 Sekunden wird das Fangmodul mit dem Tier, in den MSE hineinbefördert und erst dort erfolgt im geschlossenen Raum die Entblutung.

Eine Neuheit in der Schweiz

Dank dieser Vorrichtung gelangt kein Blut auf den Boden, sondern wird in einer grosszügig konzipierten mobilen Auffangwanne gesammelt. «Es ist der erste solche Anhänger in der Schweiz», betont Mischa Hofer. Und: «Der Wagen und die gesamte Schlachteinheit kostete für mich über 90'000 Franken.» Nach dem Töten und Entbluten des Tieres geht es zum Schlachthof. Dort findet die Entnahme der Eingeweide und die weitere Verarbeitung statt. Denn aus Hygiene-Gründen darf das Tier nicht auf dem Bauernhof ausgeweidet werden.

Distanz darf nicht zu gross sein

Ab dem Ausbluten des Tieres, welches zirka drei Minuten dauert, bis zum Ausladen im Schlachthof, darf es laut neuer Verordnung voraussichtlich nur 45 Minuten dauern. Das heisst, dass die Distanz vom Betrieb bis zum Schlachthaus nicht zu gross sein darf. «Damit wir dies jederzeit garantieren und belegen können, ist das Fahrzeug mit einer Videokamera ausgerüstet, welche vom Bolzenschuss bis hin zum Entbluten, aber auch den Auslad des Tieres im Schlachthof filmt und festhält», sagt Mischa Hofer. Mit diesem System könne somit eine 100%ige Qualitätssicherung garantiert werden. Der Beweis, dass Hofer mit seiner Strategie nicht ganz falsch liegt: Er konnte mit diesen System und der tierfreundlichen Schlachtmethode Bio Suisse, KAG Freiland, Demeter, Pro Specia Rara und IP-Suisse mit ins Boot holen.

Der Landwirt bezahlt einen Pauschalpreis

Für den Landwirt ist diese Schlachtmethode aber nicht gratis. Möchte er die Dienste von Hofer in Anspruch nehmen, muss er für das Gefährt eine Pauschale von 200 Franken bezahlen. Dazu kommt der zur Verfügung gestellte Metzger mit einem Stundenansatz von 45 Franken. Im Schnitt habe dieser zwei Stunden für seine Arbeit, das ergeben dann Kosten von 290 Franken. Dazu kommen noch zusätzliche Tierarztkosten für die Fleischkontrolle und Kosten für die Weiterverarbeitung des Tieres im Schlachthof. Das System der Platzhirsch Hofschlachtung GmbH ist in Deutschland patentiert und in der Schweiz als mobile Schlachteinheit ebenfalls zugelassen. Die Firma verfügt über das in der Schweiz geschützte Label «Hofschlachtung Schweiz» und arbeitet eng mit dem Schweizer Tierschutz zusammen.

Ein Nischenmarkt für Direktvermarkter

«Vor allem bei den Betrieben, welche das Fleisch über die Direktvermarktung veräussern, herrscht für die Hoftötung eine grosse Nachfrage», weiss Mischa Hofer. Hier sehe er einen interessanten Nischenmarkt. So habe er schon dutzende von Anfragen und jetzt komme es darauf an, was der Bundesrat entscheidet. «Ich bin mir sicher, dass er grünes Licht geben wird», ist Hofer überzeugt. «Dann kann wohl jeder Landwirt ohne grosse Hindernisse eine Bewilligung für die Weide- und Hoftötung einholen», ist er überzeugt.

Konsumenten würden Mehrpreis zahlen

Und: Eine Umfrage habe gezeigt, dass viele Konsumenten bereit seien, für eine tierfreundliche Tötung und Schlachtung einen deutlichen Mehrpreis für das Fleisch zu bezahlen. «Für viele bewusste Konsumentinnen und Konsumenten ist artgerechte Tierhaltung ein wichtiges Kriterium beim Fleischeinkauf. Dazu wachse auch das Bewusstsein für eine stressfreie Schlachtung», sagt Hofer. Zudem sei es aus der Sicht der Fleischbranche positiv, dass mit einer solchen Schlachtungsart eine Steigerung der Fleischqualität miterzielt werden könne. «Schlussendlich wünschen wir, dass die Tiere dort sterben können, wo sie auf die Welt kamen», hält Hofer fest.