Der Herbst ist ja immer diese Jahreszeit, in der man wieder mal alle Tiere in den Stall holt und sich dann denkt, dass der Stall entweder geschrumpft sei oder die Tiere sich vermehrt haben. Bei mir ist eindeutig Zweiteres der Fall. Bei den Enten hat immerhin der Fuchs dafür gesorgt, dass sie trotz dem rasanten Wachstum immer noch Platz haben im Stall. Wenn sich auch ihre Begeisterung in Grenzen hält, wenn sie abends rein müssen. Die lernen nichts daraus, was ihren Brüderchen und Schwesterchen passiert ist, oder haben ein deutlich entspannteres Verhältnis zum Tod als wir Menschen.

Ausbüxende Ziegen verderben die Freude

Mir jedenfalls macht der Zuwachs in der Ziegenherde nicht nur ungetrübt Freude. In Gedanken kreuze ich schon im Frühling diejenigen an, für die es im Herbst eng wird. Und traditionsgemäss ändert sich das dann im Verlaufe des Sommers noch ein paar Mal. Je nachdem, wer am häufigsten aus der Weide ausbricht, zu oft die Rebe oder Geranien frisst. Dann gibt es diese Tage, wo sie mich richtig hässig machen, in die Sattelkammer einbrechen, alle Futtersäcke aufreissen, den Kirschbaum anfressen oder beim Melken die Milch auskippen. Diese Tage nutze ich dann, um mit vollster Entschlossenheit den Metzger anzurufen.

Die Ziege, die dem Metzger entgeht 

Dann, je näher der Termin rückt, desto länger wird meine Begnadigungsliste. Darauf ihren festen Platz hat Anna, die meinem Sohn gehört, mich seit elf Jahren in den Wahnsinn treibt, aber dank der Überzeugungskraft meines Kindes immer noch lebt. Und überhaupt sind sie schon drei Tage nicht ausgebrochen und schauen nie so treuherzig wie wenn ich mit dem Begleitdokument anrücke um die Ohrmarkennummern zu notieren.

Das Fleisch schmeckt nach Geranien - oder etwa doch nicht?

Entschlossen packe ich die drei am wenigsten herzigen ins Auto meines Vaters, der netterweise den Transport übernimmt. Oder er kennt mich und weiss, ich würde mich auf dem Weg in die Südere vielleicht noch umbesinnen. Aber ich gebe zu, ich esse gerne Fleisch. Und wir essen fast nur Fleisch von eigenen Tieren, die ein schönes Leben hatten, uns genervt und erfreut haben und deren Fleisch ein bisschen nach den gefressenen Geranien schmeckt – oder meine ich das nur?

Alles Fleisch verwenden und nicht nur die besten Stücke

Bald werden auch die übrig gebliebenen Enten in der Kühltruhe landen, so herzig sie waren. Denn ich weiss genau, im Winter, wenn ich Futter, Mist und gefrorene Tränkeeimer schleppe, bin ich froh um jedes Tier, das in der Kühltruhe überwintert. Es wäre nicht richtig, wenn wir unsere Tiere leichtfertig schlachten würden. Nur so kann man das Fleisch als etwas besonderes ansehen und ist darum bemüht das ganze Tier vollständig zu verwerten und nicht nur die besten Stücke heraus zu picken. Und dabei helfen mir dann meine Hunde, die sich denjenigen Teilen annehmen, die sich nicht für die Küche eignen. Schliesslich haben die mit einigen Ziegen auch eine Rechnung offen, wenn sie wiedermal einem Hornstoss erwischt haben. 

Der Schlachttag ist nicht ganz einfach, aber gehört dazu

Aber eben, meine Laune war schon einmal besser als am Schlachttag. Da kommt mir diese Trulla auf Facebook gerade recht, die behauptet, die Schafbauern bekämen ja fürstlich Geld für die Schafe, da spiele es keine Rolle, ob der Wolf die Tiere reisse oder sie dann eh geschlachtet würden, wenn nicht Schlimmeres – Zagg, irgendwer bekommt dann halt meine Emotionen ab – auch wenn der Wolf wohl nichts dafür kann, dass einige Menschen so wirklich gar nichts vom Leben und Sterben verstanden haben.