Von der Rückkehr der Teuerung sind auch Dienstleistungsangebote im landwirtschaftlichen Bereich betroffen. Während beispielsweise viele Lohnunternehmer in einem Schreiben an ihre Kundschaft – die Bauern – kurz nach Anstieg des Dieselpreises informierten, dass dieser Umstand sich entsprechend auf die Preise auswirkt, tun sich andere Dienstleistungsanbieter schwerer. So zum Beispiel die Pensionspferdehalter. Und zwar nicht nur die bäuerlichen Anbieter.

NPZ hat aufgeschlagen

Abo Eine Gruppe Freiberger Pferde steht draussen auf der Koppel. Pferdehaltung So rechnet sich ein Pensionsstall für Pferde: Zu Besuch bei zwei Betrieben Sunday, 5. February 2023 «Seit Monaten steigen die Kosten, im Lebensunterhalt wie für Unternehmen – auch die Pferdebranche ist betroffen», schrieb das Nationale Pferdezentrum NPZ Ende 2022. Steigende Preise würden den Alltag und die Budgetierung manche Betriebsleiterin vor eine Herausforderung stellen. Die Leitung des NPZ hat mit einer Preiserhöhungen und ebenfalls mit einem Teuerungsausgleich für die Mitarbeitenden reagiert. Die Entscheidung für eine Preiserhöhung sei der NPZ-Betriebsleiterin Salome Wägeli schwergefallen. «Uns war jedoch auch bewusst, dass, wenn wir unseren Mitarbeitenden einen Teuerungsausgleich beim Lohn ermöglichen wollen, eine Preiserhöhung unumgänglich ist», erklärt die Agrarwissenschaftlerin. In der Pferdebranche würden zudem im Vergleich zu anderen Branchen relativ tiefe Löhne bezahlt.

Wägeli ist sicher: Die Marge in der Pferdebranche sei relativ gering, wodurch viele Betriebe kaum in der Lage seien, die Preiserhöhungen, mit denen sie derzeit konfrontiert sind, aufzufangen. Wägeli erwartet deshalb, dass viele weitere Betriebe mit Preiserhöhungen reagieren werden.

In Zahlen
80'541 Pferde wurden 2022 in der Schweiz gehalten.

75 bis 80 Prozent davon leben auf Landwirtschaftsbetrieben.

1200 Franken ist ein Pensionspreis im gehobenen Segment. Hier sind Preisanpassungen einfacher umzusetzen.

700 Franken und darunter sind Stallplätze im Tiefpreissegment. Hier sind Preisanpassungen schwieriger umzusetzen.

Zusatzleistungen verrechnen

Wie sieht es nun konkret bei bäuerlichen Angeboten aus? «Wir haben unsere Kunden Ende 2019 darüber informiert, dass wir den Pensionspreis erhöhen», erinnert sich Hans Gerber, Inhaber des Betriebs Mooshof im bernischen Zauggenried. Aktuell steht in seinem Stall aber trotz der gestiegenen Kosten keine Preiserhöhung an. Was er sich aber offen hält, ist, relativ bald einmal gewisse Zusatzleistungen, wie das Anziehen von Gamaschen für den Weidegang, separat in Rechnung zu stellen.

«Wir sind ein Landwirtschaftsbetrieb mit einem Dienstleistungsangebot, aber Familienanschluss bieten wir keinen»

begründet Gerber.

Kosten genau analysiert

2019 hat Hans Gerber eine Standortanalyse gemacht und in der Folge die Pensionsnehmer informiert, dass für das aktuelle Angebot eine Erhöhung von 200 Franken gerechtfertigt wäre. Mit Optimierung habe man sich schliesslich auf eine Erhöhung von 100 Franken entschieden. Eine der insgesamt 40 Pensionärinnen verliess damals den Stall, der Rest empfand die Preiserhöhung als korrekt.

Die Nachfrage nach Pensionsplätzen im Stall Mooshof ist gross. Mit ein Grund für den Stallinhaber, dass eine Preiserhöhung gerechtfertigt schien. «Wir werden sicherlich bei gegebener Zeit wiederum eine Preisanpassung nach oben vornehmen. Das darf aber nicht in zu kurzen Abständen passieren und die Erhöhung muss begründbar sein, was für viele Ställe derzeit, im Anbetracht der aktuell gestiegenen Kosten, durchaus gegeben ist», sagt Gerber.

Wenn Pferde in Not geraten
Preiserhöhungen in Pensionsställen können Kündigungen nach sich ziehen. Nicht nur, weil die Pferdebesitzerin mit dem Anstieg nicht einverstanden ist, sondern auch deshalb, weil die Kosten nicht mehr zu bewältigen sind. Dann sind die Besitzer oftmals gezwungen, sich von «ihrem Liebling» zu trennen. Insbesondere dann, wenn es sich um mehrere Pferde handelt.

So ergeht es auch dem Haflingerwallach Amano aus Egg SZ, der auf der Plattform «Pferde in Not» ausgeschrieben ist. Der Verein mit Sitz in Schötz LU nimmt sich solcher Umplatzierungen an und vermittelt Pferde und Ponys auf der gleichnamigen Facebook-Seite mit fast 18'000 Abonnenten.

Weitere Informationen: www.pferdeinnot.com

Kundenorientiertes Geschäft

«Im Grundsatz darf man nie vergessen, dass die Kundenorientierung und das Kundenverständnis ganz weit oben in diesem Geschäft stehen. Gleichzeitig ist es ratsam, sich auf dem Laufenden zu halten, was sich bei der Konkurrenz, also bei ähnlichen Betrieben in der Region abspielt und entwickelt», sagt Rolf Sahli, Berater und Lehrer sowie Leiter am Inforama-Standort Waldhof im bernischen Langenthal.

In allen bekannten Modellen und Kalkulationen zur Kostenberechnung und Preisgestaltung von Angeboten im Bereich der Pferdehaltung seien die Lohn- und Arbeitskosten der grösste Kostenblock. Jetzt, da die Preis-Lohn-Spirale in inflationären Zeiten wieder zu drehen beginne (Lohnmassnahmen über den Jahreswechsel 2022/23 oft um 2 Prozent Lohnerhöhungen), werde sich in grösseren Betriebszweigen mit Angestelltenkosten die Kostenstruktur nach oben verändern, ist Sahli sicher.

Modellrechnungen anwenden

«Aus zwei verschiedenen Modellen ergeben sich Bruttolohnkosten pro Box und Monat von rund 440 bis 470 Franken. Eine Steigerung der Lohnkosten über zwei Jahre – bei einer Annahme von 4 Prozent – würden dies somit in Franken 17.60 bzw. 18.80 bedeuten», rechnet Rolf Sahli vor. Dies scheine im ersten Moment betrachtet wenig, man beachte aber den Monatsgewinn aus einer Vollkostenrechnung pro Box, der 34 resp. 53 Franken betrage. «Ein grosser Teil des Gewinnes bricht bei einer Lohnanpassung der Angestellten weg. Hier sind weitere Kostensteigerungen wie Bauteuerung, Futtermittelpreise, die Stromkosten, die Erhöhung der Treibstoffkosten und bei der Einstreu noch nicht mit einbezogen», mahnt Sahli.

Genaue Berechnungen

Wie sind nun aber die Preise korrekt zu berechnen? Idealerweise würde der Betrieb ein Nebenbuch in der Buchhaltung führen, rät Rolf Sahli. Die eigenen Einnahmen, die Positionen des Direktaufwandes und der Strukturkosten würden so individuell ausgewiesen. «Da es sich ja nicht um viele Buchungen pro Jahr handelt, wäre eventuell der Aufwand kleiner als erwartet. Deshalb ist dringend ein geeigneter Kontenplan aufzustellen oder man spricht mit seinem Treuhänder, um eine gut lesbare Gliederung der Erfolgsrechnung für diesen Betriebszweig einzurichten», erklärt er. Fehlt eine Jahresrechnung, könne man sich mit Kalkulationsmodellen behelfen.

«Bei beiden Berechnungen über die Buchhaltung oder eine Kalkulation stellt sich die Frage zu den Stallabschreibungen, der Verzinsung des eingesetzten eignen Kapitals und der erwarteten Entlohnung der eigenen Arbeit, also der Arbeit der Geschäftsinhaberfamilie, die keine Löhne bezieht. Das Entgelt für die eigene Arbeit wird zum Puffer im System. Können wir die Teuerung nicht überwälzen, sinkt der eigene Arbeitsverdienst», ergänzt der Berater.

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Nicht dauernd ändern

Analog der Ausführungen von Stallbetreiber Hans Gerber erklärt Rolf Sahli, dass Kunden, die eine «Monats- oder Jahresgebühr» bezahlen, es nicht schätzen würden, wenn Preise dauernd ändern. «Werden Preise angepasst, sollten diese Bestand haben. Das Ziel der Nationalbank liegt bei 2 bis 3 Prozent Teuerung pro Jahr. Möglicherweise wird dieses Ziel in den nächsten Jahren erreicht. Falls Preisanpassungen in 5-Prozent-Schritten zu rund 50-Franken-Schritten im tiefen und evtl. 100 Franken im mittleren Angebotssegment nötig sind, wären diese somit alle zwei Jahre angezeigt», so Sahli.

Wie kommunizieren?

Preisanpassungen müssen kommuniziert werden. Was rät der Fachmann? «Ideal wäre, wenn in den Pensionsverträgen die Teuerung und die Konsequenzen daraus vereinbart sind», sagt Rolf Sahli. Ankündigungen zu Preiserhöhungen würden besser angenommen, wenn sie früh, besser sechs als drei Monate im Voraus, erfolgen. «Eine gute Begründung hilft sicher die Akzeptanz zu steigern. Wenn die Lohn-Preis-Spirale dreht, sollte der Kunde möglicherweise seinerseits seinen Teuerungsausgleich im Lohn jeweils über die Jahreswende auch angepasst bekommen», schliesst Sahli.

Preisanpassungen unterschiedlich umsetzbar
Wie Rolf Sahli erklärt, sei zu beobachten, dass der Pferdeboxenmarkt auf Seiten der Anbieter und der Nachfragenden segmentiert ist. «Das Angebot ist preislich und von den Ausbaustufen der Betreuung grob in ein tieferes, mittleres und Hochsegment unterteilt. Die Kunden sind ebenfalls nicht einheitlich in ihrem Verhalten und in ihren Erwartungen», weiss Sahli. So gebe es auch hier Nachfrager, die eher kostengünstige, minimale Angebotsformen suchen, aber auch solche, die an bereits deutlich erweiterten, teureren Dienstleistungen interessiert seien, und schliesslich auch Kunden «der gehobenen Luxusklasse».

Märkte regional anschauen
Gleichzeitig sind die Märkte auch regional zu sehen. «Dies bezieht sich auch auf eine gute Erreichbarkeit, beispielsweise nahe an einem Autobahnanschluss. Daraus ergeben sich unterschiedliche Preissensivitäten oder anders gesprochen andere Preiselastizitäten. In einer Region, in der das Angebot eher knapp ist und Betriebe oftmals bereits eine gehobene und gut verdienende Kundschaft ansprechen können, sind Preisanpassungen vermutlich möglich», so Rolf Sahli. Hier liege das Preisniveau bei Profibetrieben bereits heute eher bei 1200 Franken pro Monat und Pferd.

Schwieriger umsetzbar
Dagegen müssten Anbieter in Randregionen, deren Kunden aus der Mittelschicht stammen, enger kalkulieren und können die Teuerung evtl. nur teilweise weitergeben. «Im Tiefpreissegment existieren auch Pensionspreise unter 700 Franken Es muss angenommen werden, dass hier Preisanpassungen am schwierigsten umzusetzen sind», bilanziert Sahli.