«Wenn dich eine Biene sticht, bekommst du von mir ein Kilo Honig», sagt Andreas Lüthi aus Signau (Bern) zum Besucher der BauernZeitung und lacht dabei. Der passionierte Imker ahnte es wohl, dass seine friedfertigen Insekten nicht so schnell zustechen werden. Denn auch dank der Zucht habe die Aggressivität seiner Bienen abgenommen. Und der Imker sollte recht behalten: Trotz dem emsigen Summen rund um die Bienenstöcke sticht keine einzige Biene zu, trotzdem gibt es am Schluss 500 Gramm feinsten Honig als Geschenk.

Seit 20 Jahren ein Imker

Schweizer Honig ist beliebt, sehr beliebt sogar. Jedoch nur rund 50 % des gesamten Honigbedarfs stammen aus der einheimischen Produktion, der Rest wird importiert. Einer, der das Bienenleben in- und auswendig kennt, ist Andreas Lüthi. Als Erwerbsimker betreibt er seine Leidenschaft schon mehr als 20 Jahre. Seine Frau arbeitet zu 60 Prozent noch auswärts, doch der Grossteil des Einkommens wird durch den Verkauf von Honig und Bienenwachskerzen erwirtschaftet. Wenn es um Bienen geht, macht ihm so schnell keiner was vor. Der gelernte Landwirt hat durch Zufall mit der Imkerei angefangen, zuerst war es seine Frau, dann packte auch ihn die Leidenschaft. In all den Jahren hat Lüthi die Höhen und Tiefen der Imkerei kennengelernt. «Es gab Jahre, da konnte ich fast keinen Honig ernten, aber es gab auch solche, da floss er im Überfluss», sagt er. Dieser Frühling zum Beispiel, gehöre zu den besten Honigjahren», so der Imker. Zehn bis 20 Kilogramm sei normalerweise der Ertrag pro Volk. «In guten Jahren kann es auch gerne 40 und mehr sein», verrät er.

Ein guter Frühling 2020

Dass dieser Frühling ein gutes Honigjahr sei, habe damit zu tun, dass die Vegetation zwei bis drei Wochen früher war als sonst und auch das Wetter während der Blütezeit mitspielte. «Vielleicht blühte der Raps fast noch zu früh, die Bienen im Stock waren noch gar nicht recht parat», hält Andreas Lüthi lachend fest. Damit die Bienen überhaupt fliegen und Nektar sammeln, müssen die Tage eine gewisse Länge und Temperatur (ab 10 Grad), erreichen. Als Nahrungslieferant sei Raps im Frühling eine wichtige Kultur für die Bienen. «Blüht dieser in einer schlechten Wetterperiode», gibt es garantiert eine schlechte Honigernte», sagt der Fachmann. Passe aber alles zusammen, sei dies nicht nur für den Imker, sondern auch für die Bauern ein grosser Segen: «Sind Bienenstöcke in der Nähe des Rapsfeldes aufgestellt, könne der Landwirt mit 30 % mehr Rapsertrag rechnen», verrät der Imker. Wo der Raps beim Imker für eine reichhaltige Ernte sorgt, sei dies bei den Sonnenblumen weniger der Fall: «Für deren Bestäubung sind die Bienen zwar wichtig, aber die heutigen Sonnenblumensorten geben doch sehr wenig Nektar ab.»

Das drittwichtigste Nutztier ist die Biene

Wie Lüthi betont, sei die Biene das drittwichtigste Nutztier für die Landwirtschaft. Früher habe jeder Hof seine eigenen Völker gehabt. Heute sei dies nur noch zu etwa fünf Prozent der Fall. Der Imker hat daher mit diversen Landwirten und Obstbauern im Kanton Bern Absprachen betreffend Stellplätzen für seine Völker getroffen. «Die Bauern können sich jeweils bei uns melden, wenn sie Bienen für die Bestäubung ihrer Kulturen benötigen und wir stellen ihnen dann gratis die Bienenkästen ans Feld», sagt Lüthi. Es sei eine Win-win-Situation: «Ich bekomme den Honig und der Landwirt profitiert gratis von den Bienenvölkern.»

«So schlimm ist es nicht»

Immer wieder hört man in den Medien, dass vor allem die Landwirtschaft schuld am Bienen- und Insektensterben sei. «So schlimm ist es nicht», versichert Andreas Lüthi. «Sicher ist es nicht von Vorteil, wenn während des Tages, bei schönstem Wetter, die Felder oder die Bäume mit Pflanzenschutzmitteln gespritzt werden», sagt der Imker. Und wegen den ÖLN-Vorschriften sei es ohnehin verboten, in die offenen Blüten zu Spritzen. «Sicher wäre es besser, wenn man diese Arbeit erst am Abend ab 21 Uhr erledigen würde, denn dann wären die meisten Bienen im Stock und weniger angreifbar. Da ich selber Landwirt gelernt habe, weiss ich, dass es nicht immer möglich ist, alle Arbeiten auf den Abend zu verschieben», so der Fachmann. Zudem stehen die Bauern auch wirtschaftlich unter Druck, da könne man nicht einfach auf die Pflanzenschutzmittel verzichten. «Wenn ich nur sehe, wie viele Hobbygärtner unnötig Insektizide in ihren Gärten einsetzen oder ihren Rasen jede Woche mähen, bevor überhaupt eine Blume blüht, ist das Problem der Landwirtschaft gering», hält der Imker fest. Es sei halt einfacher, mit dem Finger auf die Anderen zu zeigen, als vor der eigenen Haustüre zu wischen.

 

Auch die Landwirtschaft kann etwas dagegen tun

Die Landwirtschaft leistet einen grossen Beitrag, damit die Bienen überhaupt etwas zu fressen finden. Sie kann aber auch dafür sorgen, dass es den Insekten noch besser geht. Den Landwirten die Schuld am Insektensterben zu geben, ist zu kurz gegriffen.Immer weniger Lebensraum durch Überbauung oder der zunehmende Verkehr sind genau so schädlich wie der zu viele und nicht fachgerechte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Mit den folgenden Massnahmen kann die Landwirtschaft ihren Beitrag leisten, um den Insekten mehr Lebensqualität zu bieten.

Erntetechnik: Mähaufbereiter leisten für den intensiven Futterbau gute Dienste, indem das Gras rascher abtrocknet und somit nährstoffreicheres Futter eingeführt werden kann. Für Bienen und andere Kleintiere wie Spinnen sind diese Geräte aber tödlich. Die meisten überleben den Durchgang durch den Aufbereiter nicht. Das gleiche gilt für Mulchgeräte. Wird ein blühender Bestand mit vielen Bienen gemäht oder gemulcht, sterben im Extremfall bis 90 000 Honigbienen pro Hektare. Das entspricht den Bienen von rund drei Völkern.

Pflanzenschutzmittel: Bienen sind nach Sonnenuntergang normalerweise nicht mehr aktiv; deshalb soll die Anwendung nach Sonnenuntergang erfolgen. Die Applikation muss am Abend erfolgen, damit das Pflanzenschutzmittel über Nacht antrocknet und am kommenden Tag nicht mehr von den Bienen aufgenommen werden kann. Bienengefährliche Pflanzenschutzmittel (PSM) sind auf der Verpackung oder auf dem Etikett gekennzeichnet mit einem Sicherheitssatz «Gefährlich für Bienen».

Nahrung: Stellen Sie den Bienen ein ausreichendes Nahrungsangebot sowie Nistmöglichkeiten zur Verfügung (Blühstreifen, Hecken, Kleinstrukturen usw.). Auch Insektenhotels, die an der Hauswand aufgestellt werden können, werden von den Bienen gerne bewohnt, vor allem von den Wildbienen.

 

Nicht immer ist der Honig aus Nektar

In der Imkerei braucht es nebst einer fundierten Grundausbildung viel Engagement und unermüdliche Einsatzfreude. Das wird deutlich, als Andreas Lüthi von seinem Jahreskreislauf erzählt. Denn die jährliche Arbeit mit den Bienen ist nicht nach der Trachtsaison beendet. Als Tracht wird der Honig bezeichnet, den die Honigbienen in den heimischen Stock eintragen und nicht selbst verbrauchen, so dass dieser Anteil durch die Imkerei geerntet werden kann. Jetzt nach dem Blütenhonig sind die Bienen daran, den Waldhonig zu sammeln. Waldhonig entsteht nicht aus dem Nektar von Blüten, sondern aus Honigtau. Das ist eine Kohlenhydratartige, süsse Masse, die Insekten wie Blattläuse, Blattflöhe und Zikaden ausscheiden. Im Gegensatz zum Blütenhonig ist der Waldhonig dunkler und flüssiger, darum ist er auch bei den Konsumenten beliebter, da er besser streichbar ist.

Viel zu tun durchs ganze Jahr

Nach der Hauptsaison und dem längsten Tag im Jahr steht bereits die Vorbereitung auf den Winter an. So muss im August schon die erste Varroabehandlung durchgeführt werden, im November folgt dann eine weitere Behandlung. Nachdem die Bienenvölker eingewintert sind, steht eine weitere arbeitsintensive Zeit bei Lüthis an. Der grösste Teil des Verkaufs passiere in der Zeit vor Weihnachten. Das Ehepaar stellt gemeinsam unzählige Geschenksets her. Auch der Honigverkauf übers Internet werde wichtiger denn je. Auf jeden Fall ist der Honig im Frühling immer ausverkauft und es hat wieder Platz für eine neue Ernte. Für eine Ernte, die jedes Jahr anders wird.  

 

Im Kampf gegen die Milbe

Obwohl die Bienenverluste letzten Winter auf niedrigem Niveau waren, gehört die Varroamilbe weiterhin zu den grössten Bedrohungen der Honigbiene. Damit die Bienen den Winter auch gut überstehen, gehöre eine Varroabehandlung dazu. «Wir führen diese bei unseren Bienen im August durch», sagt Andreas Lüthi. Danach sind die Völker gut zu beobachten und bei Bedarf steht eine zweite Varroabehandlung bevor.

Mit Säure gegen die Milbe

Die Varroabehandlung führt Andreas Lüthi mit Ameisensäure mittels eines Dispensers durch. Die verdunstende Säure lässt die Milben abfallen. Sobald sich im Bienenstock keine Brut mehr befindet, folgt im Dezember die Winterbehandlung mit Oxalsäure. «So können wir den Schädling gut in Schach halten», sagt der Imker. Wie Lüthi weiss, habe man die Varroamilbe vor Jahren, mittels Bienenimporten, in die Schweiz eingeschleppt. Vor allem schwache Bienenvölker seien gegen diesen Schädling chancenlos und die Varroamilbe könne in kürzester Zeit ganze Bienenvölker zerstören.

Salweide und Raps

Damit Bienen den Winter auch gut überstehen, muss genug Futter bereitgestellt werden. «Denn schon im Januar beginnen die Königinnen wieder Eier zu legen», sagt Andreas Lüthi. Im Februar, wenn es wieder wärmer (ab 10 bis 12 Grad) und die Tage wieder länger werden, brummt es wieder im Bienenstock und die Arbeiterinnen machen sich daran, die Brut zu füttern. Dabei seien die Blüten der Salweide etwas vom Ersten, was die Bienen im Frühling ansteuern. Deshalb gehört die Salweide zu den wichtigsten Trachtpflanzen im Frühling. Schon bald danach fange der Raps an zu blühen. «Die heutigen Rapssorten sind für den Geschmack des Honigs sehr gut geeignet», sagt der Imker. Früher, vor 20 oder 30 Jahren habe der «Rapshonig» doch sehr ölig geschmeckt. «Heute ist das nicht mehr der Fall.»