Michael Hunkeler weiss, was zu tun wäre, um die Biogasanlage auch in Zukunft rentabel betreiben zu können. Ende 2026 fällt die Anlage aus der KEV und weil es kein Neubau ist, besteht nicht die Möglichkeit, von der neuen gleitenden Marktprämie zu profitieren. «Wir sind dem freien Markt ausgesetzt», so der Agronom aus Altishofen LU. Sein Vater Thomas ist hälftig an der Biogasanlage auf dem Wiggerhof von Inhaber Meinrad Pfister beteiligt, Michael ist Betriebsleiter der Anlage. Er erklärte anlässlich der Luzerner Agrarrechtstage, die komplexe Lage.

Genug Substrat vorhanden

«Weil die Stromproduktion mit der bestehenden Biogasanlage bald nicht mehr wirtschaftlich ist, möchten wir sie auf Gaseinspeisung umrüsten», sagt Michael Hunkeler. Um genügend Gas produzieren zu können, bräuchte es zusätzlich einen Ausbau. Substrat gäbe es genug, schildert der Luzerner. «Die Planung zur Annahme von Mist aus der Region ist jeweils schon im Frühling abgeschlossen und wir bekommen aktuell Anfragen für das nächste Jahr.» Co-Substrat liefert unter anderem die Egli Mühlen AG im Nachbardorf. Über Leitungen sind vier Nachbarbetriebe – darunter Hunkelers eigener Hof mit 140 Mutterschweinen – mit dem Wiggerhof verbunden.

Mit der Vergärung im Fermenter macht der Hofdünger quasi Halt auf dem Weg vom Kanton Luzern in die Ackerbaugebiete Berns und des Aargaus. Bei diesem Stopp entstehen hochwertige Gärprodukte, die von Lohnunternehmern ausgebracht werden. Das derzeitige Blockheizkraftwerk hat eine Leistung von 635 kW, die Abwärme aus der Stromproduktion dient zum Heizen der Schweineställe und Wohnhäuser auf dem Wiggerhof. Zusätzlich werden damit je nachdem Holz, Schafwolle oder auch mal Körnermais in grossen Containern getrocknet.

Betriebsspiegel Hunkeler
 
LN: 8,8 ha, 11 ha Wald
Kulturen: Gerste, Weizen, Mais, Raps, Kunstwiesen
Tierbestand: 140 Sauen, Jageraufzucht
Arbeitskräfte: Betriebsleiter Michael Hunkeler, Vater Thomas im Angestelltenverhältnis, Dominik Hunkeler (Aushilfe)

Plötzlich anders ausgelegt

Das Gasnetz verläuft nur 150 Meter vom Wiggerhof entfernt, der Anschluss für die Gaseinspeisung wäre demnach keine grosse Sache. Sauberes Gas ist gesucht, die Finanzierung für Ausbau und Umrüstung der Biogasanlage könnten die Besitzer aufgleisen. «Aber das ist UVP-pflichtig», nennt Michael Hunkeler ein Hauptproblem des Vorhabens. Die Anlage in Altishofen war bereits bei ihrer ersten Vergrösserung 2017 UVP-pflichtig. Mittlerweile werde aber – basierend auf unveränderter gesetzlicher Grundlage – der ganze Betrieb einer UVP unterzogen. «2017 war das kein Thema, auch die Geruchsabstände wurden noch als ausreichend beurteilt», erinnert sich Meinrad Pfister. Andrea Muff, Leiterin Kommunikation des Luzerner Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements, sagt auf Anfrage, man setzte Bundesrecht um und halte sich an die Vollzugshilfe des Bundes. «Wir gehen davon aus, dass im Vollzug im Grundsatz keine kantonalen Unterschiede bestehen.»

Für die Umrüstung auf Gaseinspeisung müssten also die Schweineställe hinsichtlich Geruchs- und Ammoniakemissionen saniert werden. Dafür gibt es aber keine Bewilligung: «Seit Jahren waren Investitionen in die Ställe unmöglich, weil der Betrieb bodenunabhängig und somit nicht zonenkonform ist», schildert Michael Hunkeler.

In einer Speziallandwirtschaftszone wäre das anders. Eine solche muss von der Gemeinde ausgeschieden werden und erlaubt Bauten und Anlagen, die über die innere Aufstockung hinausgehen. Voraussetzung ist eine gesamtheitliche Interessenabwägung, inklusive Mitwirkung der betroffenen Bevölkerung.

«Seit 2024 ist ein Gesuch für eine Speziallandwirtschaftszone der Gemeinde hängig», sagt Meinrad Pfister. Zuerst sei angedacht gewesen, die Schweinehaltungen der Betriebe Pfister und Hunkeler zusammenzulegen und in einer Speziallandwirtschaftszone ganz neu aufzustellen, was sich allerdings als im Vollzug als zu komplex und zu langwierig erwies. Daher bevorzuge man nun eine Etappierung.

Zu kurze Frist

«Aber die Sanierungsfrist der Schweineställe von fünf Jahren, die uns die Behörden geben, ist fast nicht zu stemmen und finanziell sehr anspruchsvoll», gibt Pfister zu bedenken. Zusammen mit dem Luzerner Bauernverband versuchen die beiden Betriebe nun, mindestens 10 Jahre Zeit zu bekommen. «Das Projekt zur Gaseinspeisung ist sensationell, aber ein Generationenprojekt.» Die Bewilligungspraxis sei extrem komplex geworden, was der Kanton mit diversen Gerichtsentscheiden begründe – sie haben die Art und Weise geändert, wie die geltende Gesetzesgrundlage umgesetzt wird. «Aber das gibt einen Investitionsstau und die Ziele hinsichtlich Geruch und Emissionen werden nicht erreicht.» Zumal beides in alten Ställen am höchsten sei. «Wir möchten ja neue bauen», bekräftigt Meinrad Pfister.

Den Beruf aufgeben?

«Um zonenkonform zu werden, bräuchten wir mehr Land und dieses ist nicht vorhanden», sagt Meinrad Pfister. Er kritisiert, dass jene, die die Tierhaltung generell reduziert haben möchten, keine Alternativen bieten. «Wir sind im Kanton Luzern klein strukturiert, können nicht von Ackerbau im grossen Stil leben und auch Spezialkulturen gibt es kaum.»

«Und man muss doch das machen, was man gut kann und was Freude macht», ergänzt Michael Hunkeler. Sein Grossvater habe mit den Schweinen angefangen, die Luzerner seien professionelle Schweinehalter und sollten dabei bleiben, findet er. «Ich glaube, es wäre falsch, wegen der Raumplanung den Beruf aufzugeben.»

«Zonenkonform» neu denken
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Zum Abschluss der Referate an den Luzerner Agrarrechtstagen präsentiere Roland Norer seine Vision für die beiden rechtlichen Begriffe «Landwirtschaft» und «Zonenkonformität».

Sie seien über die Jahre immer weiter auseinandergedriftet, stellt der Rechtsprofessor der Universität Luzern fest.


«Nicht sehr befriedigend»

«Ursprünglich waren sie eine normative Einheit», fährt er fort. Heute aber seien landwirtschaftliche Nutzungen nicht ohne weiteres zonenkonform und zonenkonforme Bauten oder Anlagen dienten nicht zwingend landwirtschaftlichen Zwecken.

Begriff erweitern

«Das ist nicht sehr befriedigend», findet Roland Norer. Aus rechtssystematischen Überlegungen sollte der Landwirtschaftsbegriff seiner Meinung nach erweitert werden, und zwar sowohl im Landwirtschafts-, als auch im Raumplanungsgesetz.

«Der erste Schritt ist die Diskussion des Landwirtschaftsbegriffs», sagt der Fachmann. Warum sollte etwa Agrotourismus oder Aquakultur nicht darunter laufen?

In einem zweiten Schritt sollte sodann alles, was unter diesen erweiterten Landwirtschaftsbegriff fällt, zonenkonform sein.

Provokation und Vereinfachung

«Das hat ein gewisses Provokationspotenzial», ist sich Roland Norer bewusst, «aber es wäre eine Verwaltungsvereinfachung.»


Hoffen auf RPG 2

Es seien weitere Fälle von Biogasanlagen bekannt, die in raumplanerischen Sackgassen stecken, sagt Martin Hiefner von Ökostrom Schweiz auf Anfrage der BauernZeitung. «Wobei die spezifische Sachlage immer etwas anders ist.»

«Beurteilung beunruhigend»

Die amtliche Beurteilung der Situation auf dem Wiggerhof findet Hiefner insofern beunruhigend, als sie den Prinzipien der Besitzstandswahrung und der Verhältnismässigkeit zuwiderlaufe. «Wenn sämtliche landwirtschaftlichen Anlagen bei einer Erweiterung der Biogasanlage ins UVP-Verfahren miteinbezogen werden, erschwert das die positive Weiterentwicklung der Betriebe.»

Martin Hiefner erhofft sich aber mit der Umsetzung der revidierten Raumplanungsverordnung (RPG 2) ab nächstem Jahr raumplanungsrechtliche Vereinfachungen für die landwirtschaftliche Biogasproduktion. So werde die Zonenkonformität solcher Anlagen auf Gesetzesstufe gestärkt, bis zu einer Grösse von 45 000 t Substratinput pro Jahr sollen sie künftig von der Planungspflicht befreit sein.

«Auf Verordnungsstufe fällt möglicherweise das Kriterium weg, dass sich die Biogasanlage dem restlichen Landwirtschaftsbetrieb unterordnen muss.» Der Fachverband erwarte, dass sich diese Anpassungen in einer erleichterten raumplanerischen Bewilligungspraxis niederschlagen. Weiter biete Ökostrom Schweiz den Anlagenbetreibern juristische Unterstützung bei raumplanerischen Rechtsfragen an.

Abreissen und neu bauen

Unter jenen, für deren Anlagen demnächst die KEV ausläuft, herrsche Konsternation, berichtet Martin Hiefner. «Viele ziehen den Rückbau ihrer Anlage in Betracht.» Wenn eine geeignete Niederdruck-Gasleitung in der Nähe verlaufe, könne die Umrüstung auf Gaseinspeisung – wie sie auf dem Wiggerhof angedacht wäre – eine Option sein. «Weitere Anlagenbetreiber erwägen einen Abriss der bestehenden Anlage und einen Neubau – die Förderkonditionen sehen für Neuanlagen deutlich vorteilhafter aus.»