Es gibt nicht so viele, entsprechend kennt man sie, wenn man Schweine hält. Die Rede ist von Landwirtschaftslehrern, die sich während ihrer Berufskarriere vor allem mit Schweinen befassen. In unserem Lesergebiet gehört Hans-Peter Albrecht vom BBZ Natur und Ernährung Kanton Luzern zu dieser raren Spezies. Wobei "gehörte" in seinem Fall passender ist – er geht Ende April in Pension. Als die BauernZeitung kürzlich zum Interviewtermin erschien, schredderte Albrecht gerade alte Beratungsfälle.
BauernZeitung: Hans-Peter Albrecht, die "Söieler" unter den Beratern kann man an einer Hand abzählen. Warum eigentlich?
Hans-Peter Albrecht: Ja, es gibt nicht mehr viele in der Schweiz, vielleicht noch vier aktuell, die sich mehrheitlich mit der Schweinehaltung auseinandersetzen. Die Bedeutung der Schweineproduktion ist natürlich regional auch sehr unterschiedlich. Gewicht hat das Thema aber schon bekommen. Früher hatten wir etwa in der Betriebsleiterschule zwei Tage Unterricht. Heute ist Schweinehaltung ein 14-tägiges Blockmodul. 40 Lektionen sind es im Wahlfach in der Grundbildung. Im Gegensatz zu den Kühen haben Schweine keinen Namen. Schweine werden weniger alt und man bringt sie nicht an Schauen. Rasch stellt auch der Tierarzt die Diagnose "Schlachten" beim Schwein, auch aus wirtschaftlichen Überlegungen. Das ist beim Rindvieh sicher anders.
Nachfolge geregelt
Sabrina Imfeld aus dem obwaldnischen Stalden übernimmt die Schweinehaltung am BBZN. Die 38-jährige ETH-Agronomin machte bereits 2005 ein Praktikum in Hohenrain. Astrid Lussi (Tierzucht/Nebenerwerbslandwirtschaft) und Raphael Albisser (Rindfleisch) übernehmen weitere Aufgaben von Hans-Peter Albrecht.
Haben Sie ausserhalb der Schulzimmer noch viele Aufgaben? Die Futtermühlen haben in den letzten Jahren ja massiv in ihre Beratungsdienste investiert.
Ich pflegte eine gute Zusammenarbeit mit den Futtermühlen. Fütterungsberatungen mache ich heute keine mehr. Das gilt auch für die Stallbauberatungen. Im Stallbau sind inzwischen viele Profis am Werk. Ab und zu werden mir Pläne vorgelegt und eine Meinung verlangt. Das Schatzen von Tierbeständen, Schaden bei Betriebsausfällen oder auch Mietverträge für Stallungen machen wir aber noch.
Findet mit weniger Beratung nicht eine Entfernung von der Praxis statt?
Anfänglich berichtete ich noch von meinen Erfahrungen in der Schweine- und Futtermittelbranche. Die Schüler staunten. Die Geschichten werden aber immer ein Jahr älter. Die Erfahrungen aus den Arbeitskreisgruppen sind wertvoll. Das habe ich den Teilnehmern auch so gesagt. Ich habe als Organisator und Moderator genauso profitiert. Die Kombination Lehrer und Berater ist schon wichtig. Der Unterricht profitiert enorm davon.
Wie haben sich die Schüler entwickelt in all den Jahren? Immerhin erlebten Sie 31 Jahrgänge?
Manchmal habe ich mich schon gefragt, wie lange ich mir das noch antue (schmunzelt). In den letzten vier bis fünf Jahren waren es dann wieder super Klassen. Es ist sicher schön, so aufzuhören.
«Es ist sicher schön, so aufzuhören.»
Hans-Peter Albrecht über seine letzten Schulklassen
Heute sind die Jungen spätestens in der Pause online. Wenn im Bündnerland eine Landi brennt, weiss es sofort jeder. Jedes Jahr ist wieder anders. Ich habe eigentlich einen recht guten Zugang zu den Schülern, auch wenn der Altersunterschied immer grösser wurde. Selbstironie hilft sicher. Die Schüler sind mit dem neuen System natürlich jünger, was sich bemerkbar macht. Das Niveau hat sich meiner Meinung nach nicht gross verändert. Die Streuung bei den schulischen Leistungen ist gewaltig.
In der Sparte Weiterbildung sind – Sie haben es angetönt – Arbeitskreise beliebt. Mit den Erfahrungsgruppen bei den Schweinen gehörten Sie zu den Ersten. Wie kam es dazu?
Etwas in der Art hat mir schon lange vorgeschwebt. Markus Zemp, damals tätig in Muri, berichtete mir von seinen «Stallgesprächen». 2004 hatten wir für unsere Schweinefachtagung dann über 140 Anmeldungen. Dort machte ich eine Umfrage für solche Arbeitskreise Schweine. Ein Kreis wurde im selben Jahr mit 18 Teilnehmern gegründet. Später machten wir zwei draus und es kamen weitere Interessierte dazu. Im Moment haben wir drei Arbeitskreise. Bei den Tagungen dagegen kamen bis 2013 immer weniger Leute. Futtermühlen und Vermarkter haben uns mit kostenlosen Veranstaltungen hier den Rang abgelaufen.
Die Leistungen der Sauen sind gestiegen. Haben die Schweinehalter das Management im Griff?
Die Gewichtung der Wurfgrösse wurde im Zuchtziel in der Schweiz ja wieder abgeschwächt. Zucht auf Mütterlichkeit und Ausgeglichenheit der Würfe sind heute aktuell. Einer aus dem Arbeitskreis sagte mir, er wolle einfach "Easy-Care-Sauen". Bei der Reproduktion sind wir auf einem guten Weg. Ein Fragezeichen setze ich hinter höhere Tageszunahmen. Effizienz erhöhen ist ebenfalls wichtig. Etwa den Stickstoffeinsatz reduzieren und die Effizienz steigern.
Und auch bei der Tiergesundheit hat sich einiges bewegt?
Heute ist der Umgang mit Tierarzneimitteln viel bewusster. Es wird nicht mehr mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Weniger Einsatz und wenn, dann weniger problematische Antibiotika, das steht im Vordergrund. Dass Homöopathie einen solchen Aufschwung erlebt, hätte ich nie geglaubt. Heute haben wir auch viel kompetentere Schweinemediziner. Und auch bei der Haltung gab es enorme Fortschritte. Auch dank den Tierschutzgesetzen sind wir den Deutschen 20 Jahre voraus. Niemand will zurück, etwa beim Kastrieren. Heute dürfen wir zeigen, was im Stall passiert.
Was zeichnet den Schweinehalter aus?
Schweinehalter sind den Markt gewohnt. Ich war an über 100 Treffen von Arbeitskreisen. Nie wurde gejammert, auch nicht bei Ferkelpreisen von Fr. 3.20. Alle wissen, es kommt wieder anders. Es wird nach vorne geschaut, der Markt hat es immer gerichtet.
«Der Markt hat es immer gerichtet.»
Hans-Peter Albrecht über schlechte Schweinepreise