«Wir sehen, dass wir mit der klassischen Medizinierung an die Grenzen stossen», sagt Andreas Stalder. Der Präsident von IP-Suisse ist mit André Ackermann zu Besuch bei der BauernZeitung. Der Drogist Ackermann ist Gründer und Inhaber von Homöopharm, die mit Animalmed Komplementärmedizin für Tiere herstellt und vertreibt. Die beiden erzählen über ihre Zusammenarbeit, die sie zu intensivieren gedenken. Die Corona-Pandemie hat den Weg zu einem Ausbildungszentrum für Komplementärmedizin zwar ausgebremst, aber irgendwann, in absehbarer Zeit, soll eines entstehen, ist Ackermann sicher. Stalder weiss, dafür muss bei IP-Suisse noch ein wenig Wasser die Aare runterfliessen.

Komplementärmedizin mehr Platz einräumen

Das Gedankengut der Komplementärmedizin ist zwar uralt, aber verdrängt worden. Einzug gehalten hat es vorderhandin der Humanmedizin, wie Drogist André Ackermann weiss. «Das weibliche Geschlecht war der Türöffner in der Humanmedizin», so Ackermann. Sehr oft seien es die Frauen, die in der Rolle als Mütter automatischzur Komplementärmedizin gelangen.

Komplementärmedizin soll nun also auch im Nutztierbereich zunehmend Einzug halten. Welches sind die Gründe, dass der Käfer in diese Richtung fliegen will? «Durch unsere Gesinnung bei IP-Suisse wollen wir nicht einfach zuwarten. Wir wollen nicht warten, bis wir mit unserem Handeln in die Kritik kommen. Antibiotika stehen einfach in der Kritik. Schuld daran sind Rückstände und Resistenzen», fasst Andreas Stalder die aktuelle Situation zusammen. Die Schwierigkeit am Ganzen ortet er bei Landwirten die vielfach sehr stark unter Zeitdruck stünden. Zuwarten und bei einem kranken Tier einfach auf die Keule Antibiotika setzen, sei heute aber definitiv nicht mehr der richtige Weg, ist er sicher.

Das vorhandene Wissen nutzen

IP-Suisse hat sich aus diesem Grund auf die Suche nach einen Partner gemacht, «der dieses Wissen hat», und ihn in André Ackermann, dem Inhaber von Animalmed, gefunden. «Wir müssen uns Wissen aneignen, und ich kenne niemanden, der sich derart tief mit der Materie beschäftigt wie André Ackermann», sagt Andreas Stalder.

Die Wege von Landwirt Andreas Stalder und Drogist André Ackermann haben sich bereits vor 20 Jahren gekreuzt. Die Thematik um die Komplementärmedizin im Nutztierbereich stand damals allerdings noch in den Kinderschuhen. «Die Intensität, die angestrebt wurde, ist letztlich zum Bumerang der Landwirtschaft geworden. Die Preise gingen runter, und im Gegenzug intensivierten wir. Pflanzenschutzmittel und tiermedizinischer Einsatz nahmen zu. Ich habe das auch gemacht», erinnert sich Stalder. «1984 hatte ich 100 kg Ertrag beim Winterweizen Arina, aber ich habe diesen auch dreimal gespritzt. Die Forschung propagierte, dass genau dies die richtige Entwicklung sei, während ich selbst merkte, dass ich hier in ein Hamsterrad gelange», weiss Stalder.

«Diese Entwicklung hat mir Sorgen bereitet»

Analog lief es im Stall ab. «Die hohen Milchleistungen waren meines Erachtens nicht mehr zielführend, weder für die Tiergesundheit noch für das Portemonnaie des Bauern. Diese Entwicklung hat mir Sorgen bereitet, und ich habe gemerkt: Da muss es einen Weg geben, der uns dort rausführt.»

Auf die Frage, wie das Interesse von Landwirtinnen und Landwirten für solche alternativen Wege zur Schulmedizin gefördert werden könne, sind die beiden sicher: «Kommen wird das, die Frage ist nur, wie lange es dauert.» «Ohne Faktor Zeit geht es nicht. Wir können das Gegenüber nicht überrumpeln», weiss André Ackermann. Die Zusammenarbeit mit einem Player, der sich die ökologische Landwirtschaft auf die Fahne geschrieben habe, sei wichtig, um die Leute zu erreichen, sagt der Drogist.

«Es ist Zeit, endlich etwas zu ändern!»

Durch Wissen Vertrauen schaffen, ist das Credo der beiden. «Das Interesse der Bauern ist da. Wir kennen die Standardmedizinierungen der Schulmedizin mittlerweile auswendig. Im Bereich der Komplementärmedizin ist wenig Wissen vorhanden. Die Erfolge werden aber zu überzeugen wissen», ist Stalder sicher. «Wir müssen andere Lösungen haben in der Tiermedizin. Aber man muss das Angebot zuerst einmal erschaffen», sagt der IP-Suisse-Präsident.

Die Resistenzproblematik im Zusammenhang mit dem Antibiotika-Einsatz habe nicht nur die übrige Gesellschaft, sondern auch die Landwirtschaft hellhörig gemacht. Es sei Zeit, etwas zu ändern, bevor die Landwirtschaft dazu gezwungen werde, sind sich die beiden einig.

Einen Ausschnitt aus dem Gespräch hören Sie in der nächsten Folge des Agrarpodcasts (online ab 25.2.22). www.bauernzeitung.ch/agrarpodcast