Ein prominenter Tessiner Züchter steht im Zentrum eines aufsehenerregenden Falles in der Schweizer Viehzucht. Nach Unstimmigkeiten bei der Identität und Leistung einer Stierenmutter wurde er von Swissherdbook mit einer fünfjährigen Sperre belegt. Diese Sanktion wurde gemäss einem Reglement der Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Rinderzüchter auch von Holstein Switzerland und Braunvieh Schweiz übernommen – eine gängige Praxis.

Nun fällt aber auf, dass der Züchter wieder bei Braunvieh Schweiz «aktiv» ist, wo er bereits vor seinem Beitritt zu Swissherdbook Mitglied war. Ist hier ein Fehler im System? Die BauernZeitung hat bei Braunvieh Schweiz nachgefragt.

Sanktionen übernommen

«Die Sanktionen von Swissherdbook für den Betrieb des betroffenen Züchters wurden von Braunvieh Schweiz übernommen. Er wurde rückwirkend per 1. Januar 2025 von sämtlichen Dienstleistungen für die Dauer von fünf Jahren ausgeschlossen», bestätigt Martin Rust, Direktor von Braunvieh Schweiz.

Hintergrund der Sanktion

Die Verwaltung von Swissherdbook hatte im November 2024 einen Rekurs gegen die Sanktion behandelt und abgelehnt. Der Ausschluss trat am 1. Januar 2025 in Kraft. Die Massnahme wurde ergriffen, da die Identität einer niederländischen Kuh aus dem Stall des betroffenen Züchters nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Als Folge wurden die individuellen Leistungen von zwei Kühen aberkannt, wovon auch die beiden RH-Stiere Lagard-ET P und Lemieux betroffen sind. Diese Stiere standen bis Sommer 2024 bei Swissgenetics im Angebot, wurden jedoch aufgrund der ungeklärten Abstammung nicht weiter vermarktet.[IMG 2]

Michel Geinoz, Direktor von Swissherdbook, erklärte gegenüber der BauernZeitung: «Die Identifikation eines Herdebuchtieres mit seinen Eigenleistungen ist das höchste Gut eines Zuchtverbandes. Bestehen hier Zweifel, muss der Besitzer die Identität einwandfrei nachweisen. Erfolgt dies nicht, muss der Verband entsprechende Konsequenzen ziehen.»

Aber da ist noch ein Vater

Nicht von der Sanktion betroffen ist allerdings der Vater des Züchters, wie Martin Rust der BauernZeitung erklärt. Er führt einen eigenen Betrieb in Nante TI oberhalb von Airolo TI. Auskünfte von Identitas und dem kantonalen Landwirtschaftsamt würden belegen, dass er bereits seit mehreren Jahren eine separate TVD-Betriebsnummer besitzt.

«Rechtsabklärungen von uns haben gezeigt, dass eine Übertragung von Sanktionen vom Sohn auf den Vater nicht zulässig ist. Die beiden sind unabhängige Rechtspersönlichkeiten», erklärt Martin Rust weiter.

Braunvieh ok, Holsteiner nicht

Der Vater kann laut Martin Rust weiterhin alle Leistungsprüfungen (HB, MLP, LBE) bei Braunvieh Schweiz beziehen. Holsteintiere auf seinem Betrieb würden allerdings als Nicht-Herdebuchtiere gelten. «Sie unterstehen im Sinne der integralen Milchleistungsprüfung auch der MLP, die erhobenen Werte fliessen jedoch nicht in die Zuchtwertschätzung ein. Für diese Tiere wird keine LBE durchgeführt und es werden keine Abstammungsausweise ausgestellt. Ebenso werden für die andersrassigen Tiere auf seinem Betrieb keine Zuchtwerte ausgewiesen», fasst Rust die Situation zusammen.

Betrieb aktiv bewirtschaftet

Gefragt danach, ob es sich nicht um einen Betrieb handle, der nur pro forma geführt werde, sagt Martin Rust, dass eine Besichtigung vor Ort ergeben habe, dass der Betrieb in Nante wirklich aktiv bewirtschaftet werde. Zum Zeitpunkt der Kontrolle seien 20 Kühe und 10 Kälber vorhanden gewesen. «Die TVD-Nummer ist somit nicht nur pro forma registriert», so Rust. Etwas speziell sei die Verknüpfung der TVD-Nummer des Aufzuchtbetriebes in Biasca mit eben diesem Bergbetrieb in Nante. «Aber dies liegt in der Verantwortung des Kantons», gibt Rust zu bedenken.