Der Kanton Luzern ist in mancher Hinsicht von anderem Kaliber als der Kanton Appenzell Ausserrhoden: Die Bevölkerung zählt mehr als das Siebenfache, Rindvieh gibt es über sechsmal mehr und beim Schweine- und Geflügelbestand überflügelt er den flächenmässig kleineren Ostschweizer Kanton sowieso. Entsprechend kämpft Luzern seit Jahrzehnten mit zu hohen Nährstoffemissionen.
Gemeinsam wird nach Lösungen gesucht
«Der Zustand des Baldeggersees etwa hat sich zwar in den letzten Jahren durch umfassende Massnahmen verbessert. Aber das reicht nicht, der jährliche Phosphoreintrag muss weiter gesenkt werden, um die Sauerstoffkonzentration zu erhöhen», sagte Thomas Steinsberger vor einer Woche an der Januartagung des Bauernverbands Appenzell Ausserrhoden in Gais.
Steinsberger ist wissenschaftlicher Projektleiter der Versuchsstation «Nährstoffflüsse» in Sursee. Diese untersucht im Auftrag von Agroscope, Agridea, dem Kanton Luzern und der Branche nach Lösungen, um die Nährstoffeffizienz auf den Betrieben zu erhöhen und die Emissionen aus der Tierhaltung zu reduzieren. Dazu wurden Betriebe gesucht, die freiwillig mitmachen. Im vergangenen Jahr starteten die Versuche mit einem Netzwerk von 26 tierhaltenden Betrieben. «Die Landwirte sind es, die beim Projekt den Karren ziehen, indem sie die notwendigen Daten auf ihren Betrieben erheben», so der Umweltwissenschaftler.
Auch der Heustock wird vermessen
So gelte es bei der Stickstoff- und Phosphorbilanzierung, während zweier Jahre regelmässige Proben aller Futtermittel sowie aller Hofdünger wie Gülle und Miststöcke zu entnehmen. Kein einfaches Unterfangen: «Es ist beispielsweise schwieriger, die Mengen zu bestimmen als die Inhaltsstoffe», stellte der Projektleiter fest. «Denken Sie etwa an das genaue Vermessen eines Heustocks.» Zur detaillierten Datenaufnahme gehören zudem unter anderem auch die Bestimmung der Tiergewichte mit dem Viehmassband oder das Notieren der Weidestunden. Zuweilen kommt auch modernste Technik zum Einsatz. Beispielsweise mit der Nah-Infrarot-Spektrografie (NIRS), mit der sich die Bestandteile des Hofdüngers ermitteln lassen.
Schliesslich soll für jeden Betrieb genau festgestellt werden, wo wie viel Nährstoffverluste entstehen. Die Daten wiederum werden mit den erwarteten tabellarischen Werten verglichen.
Es gibt keine Patentlösungen
«Interessant wird es beispielsweise, wenn zwischen einzelnen Betrieben, trotz ähnlicher Betriebsstruktur, Unterschiede bezüglich Nährstoffverluste festgestellt werden»», so Thomas Steinsberger. Es ist laut dem Referent auch wichtig, zu verstehen, weshalb es auf einem vergleichbaren Betrieb zu mehr Nährstoffverlusten kommt. Dabei ist jeder Fall als System für sich zu betrachten. So gesehen, gibt es keine Patentlösungen. Vielmehr ist für jeden einzelnen Betrieb zu ermitteln, mit welchen Massnahmen dieser zur Reduktion von Nährstoffemissionen beitragen kann. Dabei handelt es sich um ein ganzes Paket und nicht nur um punktuelle Eingriffe. Es gibt zahlreiche Schrauben, an denen gedreht werden kann, beispielsweise die Umstellung der Fütterung, Verbesserungen bei der Lagerung oder der Reinigung.
Für aussagekräftige Resultate bleiben erst die zwei Versuchsjahre abzuwarten. Diese sollen dereinst via Agridea allen Landwirt(innen) zugänglich gemacht werden, zusammen mit möglichen betrieblichen Massnahmen. «Die Versuchsstation bildet eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis und kann das Verständnis der mitspielenden Faktoren verbessern», stellte Steinsberger fest.