«Heute sind wir etwas spät dran mit Mittagessen», sagt Melanie Flückiger lachend am Telefon. «Mir hi mit eire Chue chli Komedii gha bim Itue», so die Älplerin. Das brauche manchmal halt etwas Zeit und Geduld. «Auf der Alp muss man sich immer auf unvorhergesehenes einstellen, das macht es ja spannend», so die junge Frau.

Schon den dritten Sommer

Mit ihrem Freund Edi Lauber und dessen Eltern Hanni und Fritz verbringt Melanie Flückiger schon den dritten Sommer auf der Alp Ausser Iselten. Die schöne Alp liegt am Südhang des Schynigen-Platten-Massivs und reicht bis auf 2100 m ü. M. «Am 8. Juni sind wir mit den 52 Kühen, einem Muni und den 52 Rindern auf den untersten Stafel angekommen», sagt die Älplerin. Bisher sei alles gut verlaufen, die Kühe und Rinder sind zwäg. «Etwas mehr Gras hätten wir gerne», meint sie. Leider hinterliessen die starken Regenfälle auch ihre Spuren auf den Alpweiden. «Letztes Jahr wurden wir halt von einem Traumsommer verwöhnt», sagt Flückiger rückblickend.

Die meiste Milch wird auf der Alp Iselten, welche ein dreistafliges Senntum bildet, verkäst. «Sicher wird dieses Jahr die Weidepflege zur grossen Herausforderung», ist Melanie Flückiger überzeugt. Doch so schwarz will sie noch nicht sehen: Denn schon bald geht es mit den Kühen hinauf auf den mittleren Stafel. Bis es aber so weit ist, geniessen die Tiere zuerst einmal auf 1500 m ü. M. das frische Berggras.

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Noch kalte Nächte

Auch für Werner Kocher und Vera Fankhauser hat die Alpzeit begonnen. Das Paar aus dem Berner Seeland verbringt den zweiten Sommer auf der Alp Eggmatte bei St. Stephan im Berner Oberland. Mitte Juli geht es dann weiter mit den Kühen, Rindern, Kälbern und einem Stier von Klaus Eschler aus Boltigen hinauf auf die Alp Flösch auf 1950 m ü. M. «Am 13. Juni zügelten wir in fast fünf Stunden von der Vorweide in St. Stephan hierher auf die Alp Eggmatte», so der Hirte. Morgens, kurz nach drei Uhr, sei man gestartet und gegen acht Uhr sei man oben angekommen. «Natürlich wünschen wir uns wärmeres und besseres Wetter», so der Älpler.

Auch die relativ kalten Nächte seien recht aussergewöhnlich. Leider gab es wegen der starken Niederschläge auch schon Trittschäden auf den Weiden. Ob das Futter bis zu Herbst dann reichen wird, kann man noch nicht sagen. «Auf jeden Fall hat es letztes Jahr in der gleichen Zeit mehr Futter gehabt als jetzt», ist dem Landwirt aufgefallen. Einen Höhepunkt konnte das Hirtenpaar dennoch schon verbuchen: In der ersten Nacht auf der Alp kam schon ein gesundes Kälblein auf die Welt.

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Es ist eine andere Müdigkeit

Insgesamt sind es 58 Tiere, davon 21 Kühe, die es zu versorgen gilt. «Da wir keinen Strom haben, melken wir mit einem Notstromaggregat», sagt Werner Kocher. In der Küche wird auf dem offenen Feuer oder auf zwei Gas-Rechauds gekocht und aus der Leitung fliesst nur kaltes Wasser. «Obwohl die Einrichtungen hier oben sehr einfach sind, können wir schon sagen, dass uns das Älplervirus gepackt hat», sagt das Hirtenpaar überzeugt. Auch wenn man am Berg körperlich schwerer arbeitet als unten im Tal, sei es doch eine Müdigkeit, die einen befriedige. «Obwohl wir nette Nachbarn haben und wir uns gegenseitig unterstützen, bringt das Älplerleben doch eine gewisse Ruhe und Zweisamkeit mit sich», sind die beiden überzeugt.

Doch eines bereitet dem Hirtenpaar grosse Sorgen: die Wolfspräsenz in ihrem Gebiet. Ob die Stimmung bis zum Alpabzug hält, ist deshalb nur zu wünschen. Auf jeden Fall bleibt das Älplerpaar jetzt drei Wochen auf der Alp Eggmatte, bevor es mit Sack und Pack oder besser gesagt, mit dem Vieh weiter hinauf geht auf die Alp Flösch.

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