Das Zürcher Jagdgesetz ist in die Jahre gekommen. Es stammt von 1929 und ist damit nicht mehr zeitgemäss. Der Kantonsrat hat daher Anfang letzten Jahres ein neues Jagdgesetz verabschiedet. Mit diesem werden die Jagdausübung und der Schutz der wild lebenden Säugetiere und Vögel den heutigen Verhältnissen angepasst. Auch hat es zum Ziel, eine nachhaltige jagdliche Nutzung nicht gefährdeter Wildtierarten zu gewährleisten sowie die von Wildtieren verursachten Schäden am Wald, an landwirtschaftlichen Kulturen und an Nutztieren auf ein tragbares Mass zu begrenzen.
Auch für die Landwirtschaft relevant
Vor einer Woche hat nun der Regierungsrat die dazugehörige Jagdverordnung erlassen und die Inkraftsetzung des Gesetzes beschlossen. Noch ausstehend ist die Genehmigung der Verordnung durch den Bund. Gesetz und Verordnung treten voraussichtlich Anfang des nächsten Jahres in Kraft. Für den Vollzug ist die Fischerei- und Jagdverwaltung im Amt für Landschaft und Natur zuständig.
Für die Landwirtschaft besonders relevant ist, dass Stacheldrahtzäune im Wald und auf offener Flur nicht mehr erlaubt sind. Dies, weil sich immer wieder Wildtiere in Stacheldrahtzäunen verfangen und diese zu Todesfallen werden. Den Entscheid begründet der Kanton auch damit, dass heute modernere Mittel zur Verfügung stehen, um Nutztiere einzuzäunen. «Wenn ein neuer Zaun notwendig wird, besteht die Möglichkeit, dafür Beiträge aus dem Wildschadenfonds zu beantragen», sagt Manuel Bünzli von der kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung.
Alte Zäune müssen rückgebaut werden
Doch was passiert nun mit den alten Stacheldrahtzäunen? «Der Rückbau von Stacheldrahtzäunen unterliegt einer Übergangsfrist von drei Jahren ab Inkrafttreten», so Manuel Bünzli. Alte Zäune dieser Art gebe es insgesamt noch kilometerweise, vor allem in bergigen Gebieten wie im Tösstal, Zürcher Oberland, auf der Albiskette oder der Lägern. Gemäss Jagdverordnung obliegt der Rückbau den Bewirtschafter(innen) der Parzellen.
Da die Zäune jedoch teilweise schon sehr alt sind, wisse man manchmal gar nicht mehr, dass diese noch bestehen und wer dafür zuständig ist. «Daher wird es sicher Rückbauaktionen geben müssen», sagt Bünzli. Diese zu organisieren, könne auch Aufgabe der Jagdgesellschaften der betreffenden Reviere sein. Sie wüssten um die in ihren Revieren bestehenden Stacheldrahtzäune und sollten mit den Bewirtschaftern nach Lösungen für den Rückbau suchen.
Neu ist ein Selbstbehalt von 300 Franken
Dabei spielt eine weitere gesetzliche Neuerung eine Rolle: Wurden die Reviere bisher an die Jagdgesellschaft mit dem Höchstgebot vergeben, werden zukünftig inhaltliche Vergabekriterien massgeblich sein. Zu diesen gehört nebst der örtlichen Nähe der Bewerber(innen) zum Jagdrevier, der Zusammensetzung der Bewerbergruppe hinsichtlich jagdlicher Erfahrung und Nachwuchsförderung neu auch das Erbringen eines ökologischen Leistungsnachweises. Dazu zählt, zum Arten- und Lebensraumschutz von Wildtieren beizutragen, wie etwa, sich um den Rückbau alter Stacheldrahtzäune zu kümmern.
Ebenfalls angepasst wird der Umgang mit Wildschäden. «Bei der Verhütung von Wildschäden werden die Gesuche um Beiträge neu einer Kosten-Nutzen-Prüfung unterzogen», hält Manuel Bünzli fest. Dies gelte insbesondere für Ackerbaukulturen mit geringen Deckungsbeiträgen. Übersteigen die Kosten der Verhütungsmassnahme den zu erwartenden Schaden deutlich, gibt es keine Beiträge oder nur einen Teil. Dafür gibt es keine Abzüge bei der Entschädigung, falls dennoch ein Schaden eintritt. Neu gibt es Beiträge für den Unterhalt von Verhütungsmassnahmen, etwa zum Ausmähen von Wildschadenzäunen.
Unverändert bleiben das Verfahren und die Ansätze zur Entschädigung von Wildschäden. Abgeschafft werden einzig die Bagatellschäden, zugunsten eines Selbstbehalts pro Betrieb und Jahr von 300 Franken.
Vermehrte Zusammenarbeit aller Beteiligten
Vorgesehen ist auch eine verstärkte Zusammenarbeit der Akteure. So sollen die Jagdgesellschaften die Gemeinde regelmässig über ihre Aktivitäten und die Wildschadenssituation informieren. Zudem werden die Bewirtschafter(innen) dazu verpflichtet, auftretende Schäden umgehend der Jagdgesellschaft zu melden, wenn sie eine Entschädigung durch den Kanton beantragen wollen.
Häufen sich Wildschäden regional, besteht neu die Möglichkeit eines runden Tischs mit allen Involvierten.
Das neue Zürcher Jagdgesetz enthält zudem weitere Bestimmungen, welche auch die breite Bevölkerung betreffen:
- Leinenpflicht: Während der Brut- und Setzzeit im Frühling und Sommer sind Wildtiere besonders anfällig auf Störungen und Gefahren. Deshalb gilt neu jeweils vom 1. April bis 31. Juli im Wald und bis 50 Meter ausserhalb des Waldes eine allgemeine Leinenpflicht für Hunde.
- Fütterungsverbote: Die Fütterung von Wildtieren, wie etwa Greifvögel, Füchse oder verwilderte Haustauben, ist zukünftig nicht mehr erlaubt. Das Füttern von Singvögeln mit Kleinmengen an Futter, etwa mit Futterhäuschen im Winter, ist davon nicht betroffen. Auch Wasservögeln oder Eichhörnchen dürfen weiterhin kleine Mengen verfüttert werden.
Temporäre und feste Zäune
Im neuen Zürcher Jagdgesetz wird klar unterschieden zwischen temporären Zäunen und festen Zäunen, die bewilligungspflichtig sind. Temporäre Zäune sind fachgerecht aufzubauen und zu unterhalten. Funktionieren sie nur mit Strom, haben sie während der Dauer des Gebrauchs unter angemessener Spannung zu stehen. Nach Gebrauch müssen alle temporären Zäune wieder abgebaut und wildtiersicher gelagert werden. Bei Viehweiden mit gerammten Pfosten reicht es aus, wenn die Litzen entfernt werden. Feste, dauerhafte Zäune sind aufgrund des Raumplanungsgesetzes unabhängig der Jagdgesetzgebung bewilligungspflichtig. Im Rahmen der Revierneubewertung für die kommende Pachtperiode sollen die festen Zäune in jedem Jagdrevier aufgenommen und mit den bestehenden Bewilligungen abgeglichen werden.