Wenn die Rinder von der Alp kommen und für den Winter geschoren werden, wird häufig Kälberflechte entdeckt. Der Pilz Trichophyton verrucosum, der die runden, haarlosen Stellen an Kopf und Hals verursacht, schätzt feuchtes und dunkles Klima im winterlichen Stall. «Im Sommer tritt die Kälberflechte selten auf, weil die Tiere häufiger draussen und dadurch intensiverer UVC-Strahlung – sprich Sonnenlicht – ausgesetzt sind», erklärt Charlotte Waldvogel, Tierärztin beim Kälbergesundheitsdienst (KGD).
Mit Lampen und Zweigen
Die Schwäche des Pilzes gegenüber Sonnenlicht kann man ausnutzen; Es gibt verschiedene UVC-Lampen für den Stall. «Da diese Strahlung schädlich ist für das menschliche Auge, sollten die Lampen nachts für maximal vier Stunden laufen», führt Waldvogel aus. Sie dienen zur Prävention und auch zur Behandlung. Es gibt auch noch andere alternative Ansätze zur Behandlung; etwa Zweige des Schwarz- oder Kreuzdorns oder Misteln, die Landwirte im Stall aufhängen. Wissenschaftlich bewiesen ist deren Wirkung nicht. Um die Flechte zu bekämpfen, waschen manche die betroffenen Stellen mit Kernseife. Die Schulmedizin verwendet Antimykotika, die laut dem Tierarzneimittelkompendium kaum Nebenwirkungen haben. Allerdings ist diese Behandlung aufwendig; «es braucht vier Nachbehandlungen im Intervall von drei bis vier Tagen. Man trägt das Medikament mit einem Schwamm oder einer Sprühflasche auf», so die Tierärztin. Es ist auch möglich, Kälber gegen Flechten zu impfen. «Dazu gibt es zwei zugelassene Impfstoffe, die zweimal im Abstand von 14 Tagen verabreicht werden», erklärt sie. Die Impfung ist nicht nur vorbeugend, sondern beschleunigt auch die Heilung. Die Diagnose ist laut Charlotte Waldvogel ziemlich eindeutig: runde haarlose Stellen insbesondere an Kopf und Hals, die oft mit schuppig-krustigen, hellgrauen Belägen bedeckt sind und an deren Rändern sich die Haare leicht ausreissen lassen. «Die Stellen sind scharf abgegrenzt und jucken im Gegensatz zur Räude nicht», erklärt die Tierärztin. Kälberflechte ist ein relativ weitverbreitetes Problem. Waldvogel schätzt, dass etwa ein Fünftel der Tiere in einem Mastbetrieb betroffen sind. «Bei den Geburtsbetrieben ist es wohl etwa jedes Zehnte oder Zwanzigste ». Da z. T. die Pilzinfektion quasi mitgekauft wird, ist die Prävention schwierig. Allgemein empfiehlt der KGD, UVC-Licht im Stall (über Sonnenlicht oder spezielle Lampen). «Weiter sind Spurenelemente wie Eisen und Selen wichtig zur Stärkung», so Waldvogel. Alles, was Stress reduziert, also schonender Transport, kleine Tiergruppen, gute Hygienebedingungen, Lüftung und Tränkeregime, Beschäftigung usw. unterstützt das Immunsystem. Bei einem Ausbruch der Kälberflechte sollte man wenn möglich alle Tiere ausstallen (etwa auf eine Weide oder Alp) oder bei der nächsten Umstallung sauber ausmisten, Stall und Gerätschaften mit Hochdruck reinigen und den Stall während mindestens zwei Tagen leer stehen lassen. Während dieser Zeit kann das Sonnenlicht die Pilzsporen markant reduzieren. Auch Menschen können infiziert werden. «Beim Menschen führt der Pilzbefall zu runden, juckenden oder schmerzhaften Rötungen, die ziemlich hartnäckig sein können», erklärt Waldvogel. Um eine solche Zoonose zu vermeiden, sollte man bei der Behandlung betroffener Kälber Handschuhe tragen.
Auch Kügeli wirken
Kälberflechte kann man auch homöopathisch behandeln. Wie Nicole Studer, Homöopathin und Beraterin bei Kometian, erklärt, nimmt man dazu zuerst eine Standardbehandlung mit Bacillinum vor. «Die Kügeli werden in Wasser aufgelöst und auf das Flotzmaul der betroffenen Tiere gesprüht», führt Studer aus. In der Regel wirke das gut und mit einer einmaligen Gabe sollte nach etwa einer Woche der Befall zurückgehen. Ein homöopathisches Mittel kann therapeutisch oder auch vorbeugend für eine ganze Kälbergruppe eingesetzt werden. Bacillinum sei frei von Nebenwirkungen und man gehe bei einem Therapie-Versuch kein Risiko ein. «Ich bin überzeugt, man kann den Befall mit Homöopathie in den Griff bekommen», stellt Studer klar. Je nachdem müsse man dann nach der Standardtherapie weiter behandeln. Dabei sollte man sich von einer Fachperson beraten lassen.