Der Hitzesommer 2018 liess nicht nur Herr und Frau Schweizer unter der Hitze ächzen, er stellte vielerorts auch die Bauernfamilien vor Probleme. Der Schweizer Bauernverband (SBV) nahm dies zum Anlass für eine Umfrage. Die Resultate wurden am Donnerstag im Rahmen einer Medienkonferenz zum Klimawandel vorgestellt.
"Abhängigkeit ist heikel"
Total haben sich 2507 Betriebe an der generellen Umfrage und 158 an einer Umfrage zu den Sömmerungsbetrieben beteiligt. Im ersten Teil wurde die Betroffenheit abgefragt. Die Frage lautete: "Wie stark und inwiefern waren Sie in den letzten Jahren von Wasserknappheit betroffen?"
Die Umfrage wurde unterteilt in die Bereiche Haushalt, Pflanzenbau und Tierhaltung. Im Bereich Haushalt (2417 Antworten) gaben 34 Prozent der Betriebe an, im Haushalt in irgendeiner Form von der Trockenheit betroffen gewesen zu sein. Erklären lässt sich das dadurch, dass rund 36 der befragten Betriebe nicht an die öffentliche Versorgung angeschlossen sind, sondern eine eigene Quelle nutzen. "Die Abhängigkeit vieler Betriebe von eigenen Quellen ist heikel", schreibt der SBV im Fazit.
Grünland leidet besonders
26 Prozent der Betriebsleitenden gaben an, dass sie bewässern können. Das spiegelt laut SBV den schweizweiten Durchschnitt wieder. Dabei seien Kooperationen mit Nachbarn wirtschaftlich bestimmt lohnender als individuelle Lösungen. Im Bereich Pflanzenbau wurden verschiedene Kulturen abgefragt. Sehr wenig oder nur punktuell seien Kulturen wie Raps, Sonnenblumen, Leguminosen, Erdbeeren und Reben betroffen gewesen. Bei den Erdbeeren war aber der Grossteil zum Zeitpunkt der grössten Trockenheit bereits geerntet.
Eine stärkere Betroffenheit gaben Produzenten von Kartoffeln, Mais, Zuckerrüben und Getreide an. Am stärksten betroffen waren Grünlandflächen. Hier gab mehr als die Hälfte der Betriebsleitenden an, dass ihre Flächen mittel oder stark von der Dürre betroffen gewesen seien. "Dies kommt auch daher, dass sich eine Bewässerung nicht lohnt", schreibt der SBV. Die Betriebe hätten aus wirtschaftlichen keine Bewässerungsinfrastruktur fürs Grünland und planten auch keine.
Kaum Ernteversicherungen
Laut der Umfrage nutzen nur wenige Betriebe Versicherungslösungen gegen Trockenheit und Frostschäden. "Grund: Diese Lösungen sind für die Produzenten nach wie vor zu teuer", schreibt der SBV. Eine Verbilligung dieser Prämien wird im Rahmen der Agrarpolitik 2022+ diskutiert. Mit Abstand am meisten wird die Versicherung gegen Hagelschäden genutzt. Rund 22 Prozent der teilnehmenden Betriebe gaben an, gar keine Versicherung abzuschliessen. Dabei dürfte es sich eher um Betriebe mit viel Grünland handeln.
Alpen brauchten Wasser
Bei der zweiten Umfrage zu den Sömmerungsgebieten war die Beteiligung (158 Betriebe) deutlich kleiner. Besonders die Wasserbereitstellung fürs Tränken der Tiere sei ein Problem gewesen, heisst es in der Zusammenfassung der Umfrage. Speziell gelitten hätten Betriebe, die Käse produzieren. Sie brauchen zusätzlich Wasser für die Gewährleistung der Hygienestandards.
Rund 28 Prozent der Alpen mussten Wasser zuführen. Die Mengen variierten stark: Eine Gruppe von Bauern gab an, dass sie mit dem Auto und Milchkannen zwischen 10 und 1000 Liter pro Tag selbst hoch transportiert hätten. Bei einer anderen Gruppe waren es während der Alpsaison zwischen 10'000 und 30 Mio Liter. In vier Fällen kam dafür der Helikopter zum Einsatz.
Ist die Umfrage aussagekräftig?
Die Resultate der beiden Umfragen beziehen sich auf die ganze Schweiz. Trotzdem sei ihre "Aussagekraft limitiert anzusehen", schreibt der SBV. Es hätten sich vor allem der Nord-, Ost- und Zentralschweiz beteiligt, die im Schnitt von der Dürre stärker betroffen gewesen seien. Es gab vermehrt Rückmeldungen aus den Kantonen St. Gallen und Thurgau. Dies verzerre die Resultate wohl etwas in Richtung "stärkere Betroffenheit", heisst es. Eines scheint dennoch klar: Das Thema Trockenheit wird die Landwirtschaft weiterhin und vor allem immer mehr beschäftigen.
Zahlen zur Schweizer Landwirtschaft und zum Klimawandel
Um 6°C dürfte die mittlere Sommertemperatur bis Ende des Jahrhunderts ohne Klimaschutzmassnahmen steigen (Quelle: Neueste Schweizer Klimaszenarien CH2018). Um bis zu 45% könnten die Sommerniederschläge dabei abnehmen.
Der Anteil der Schweizer Landwirtschaft an den Emissionen von Treibhausgasen in der Schweiz lässt sich nicht wegdiskutieren: Aktuell betrage er rund 13 Prozent, erklärte Martin Rufer, Präsident der Energieagentur für die Landwirtschaft AgroCleanTech am Donnerstag vor den Medien. Der grösste Teil davon fällt mit etwas über 45 Prozent in der Nutztierhaltung in Form von Methan an, das sich im Magen von Wiederkäuern bildet. Der Rest entfällt auf Kohlendioxid. Dieses entsteht, wenn Treibstoff verbrannt wird oder entweicht den landwirtschaftlichen Böden.
Seit 1990 konnte die Landwirtschaft ihren Gesamtaustoss um 11.4 Prozent reduzieren.