Schon vor sechs Jahren wurde in der BauernZeitung erstmals über die Innovation der niederländischen Firma Hanskamp berichtet, welche damals ihre Entwicklung einer Cow Toilet präsentierte. Mit einer Art Pissoir für Kühe soll Kot und Harn getrennt werden. Eine bewegliche Schüssel stimuliert Nerven zwischen Schwanzansatz und Euter, was bei Kühen den Harnreflex auslöst. Der Harn kann so aufgefangen und separat gelagert werden. Die Trennung von Kot und Harn soll die Emissionen von Ammoniak reduzieren.

Erstmals auf Praxisbetrieb

Die Cow Toilet von Hanskamp erlangte aber erst in den Folgejahren Marktreife. In der Schweiz ist das System seit Ende 2023 von der Stallbaufirma Rindlisbacher AG erhältlich. Die Funktionalität und Tiergerechtigkeit wur-den von der Agroscope in einer Masterarbeit bewertet und Ende 2024 Baufachleuten an einem Weiterbildungskurs vorgestellt. Michael Zähner von Agroscope wies darauf hin, dass die Cow Toilet aus Sicht der Tiergerechtigkeit unproblematisch sei. Es könne allerdings mit diesem «Pissoir» lediglich ein Teil der Gesamtharnmengen einer Kuhherde aufgefangen werden. Die Massnahme zur Minderung von Ammoniakemissionen sei zudem sehr teuer, mit rund 30 000 Franken pro Station empfohlen für 25 Kühe. Allerdings könne dank dem System die Kraftfutterstation eingespart werden, da die Kühe in dieser Urinierstation Lockfutter erhalten. Emissionsmessungen würden unter Schweizer Haltungsbedingungen aber bisher fehlen.

Das soll sich nun ändern: Auf dem 33 h grossen Betrieb von Andrea und Franz Röösli, Unterschwand, Hellbühl, mit Ackerbau (je 5 ha Silomais und Weizen) und 320 Mastschweineplätzen werden im neuen Milchviehstall seit April die schweizweit ersten zwei Cow Toilets auf einem Praxisbetrieb getestet. Das System wurde am Mittwoch den Medien und weiteren Interessierten vorgestellt und stiess bei den über 110 Teilnehmenden auf grosse Beachtung.

Röösli realisierte einen Neubau für 50 Rindviehplätze, derzeit werden 36 Kühe gemolken mit Roboter. Im Laufgang wurden zwei freistehende Boxen installiert, in welchen die Kühe nach der Massage ihren Harn ablassen sollen. Derzeit würden allerdings erst 80 Prozent der Kühe den Zugang nutzen, trotz Lockfutter von einem Kilo Maiswürfel, erklärte Sohn Janis Röösli. Gleichwohl könnten bereits gegen 200 Liter Harn täglich gesammelt werden, der separat gelagert wird. Der diene als Dünger in Weiden, sei aufgrund der hohen Qualität aber auch von Biobetrieben sehr gefragt. Wie Thomas Kupper von der HAFL erklärte, könne so mineralischer N-Dünger ersetzt werden, Harn habe mindestens die gleich gute Wirkung wie Gülle, aber mit weniger Geruch. Erwartet wird auch eine bessere N-Wirksamkeit und weniger gasförmige N-Verluste. Es gebe aber bisher in der Schweiz kaum Erfahrungen mit Harngülle als Dünger.

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Viel weniger Ammoniak

Die Einführung der Cow Toilet auf dem Betrieb sei problemlos verlaufen, erklärte Franz Röösli. Im Neubau wurden auch weitere Ammoniak reduzierende Massnahmen realisiert wie erhöhte Fressplätze, Fressgang und Laufgang mit Gummimatten, mit seitlichem Gefälle von drei Prozent, mit Harnsammelrinne. Zudem wurde die bisherige offene Güllegrube rückgebaut und unter dem Neubau eine grosse Güllegrube realisiert. Insgesamt betrage so das Ammoniakreduktionspotenzial 44 Prozent pro Kuh, gegenüber vor dem Umbau. Laut Schätzungen von Experten tragen die Cow Toilets rund 15 Prozent dazu bei.

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Es braucht viel Luft für Innovationen

Es gebe viele innovative Ideen in der Landwirtschaft, allerdings seien die Hürden für die Realisierung oft sehr hoch, meinte Raphael Felder, Geschäftsführer des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes, bei der Präsentation der Cow Toilets bei Rööslis in Hellbühl. Das Korsett an nationalen und kantonalen Auflagen sei eng. Auch Franz Röösli wies darauf hin, dass sein Neubauprojekt einen langen Atem abverlangte, und ohne Sistierungen eines Baugesuches scheine es im Kanton Luzern kaum mehr zu gehen. Den Ball nahm Daniel Christen, Leiter Dienststelle Umwelt und Energie auf: «Die Sistierungen beschäftigen auch uns in der Verwaltung, und wir wollen besser werden und uns entwickeln.»

Er plädierte für die Weiterführung von solchen Ressourcenprojekten und Vorzeigebetrieben wie hier. Der Gesellschaft müsse aufgezeigt werden, dass es Lösungen für die Ammoniakproblematik gebe, diese aber sehr komplex und aufwendig seien. Die Luzerner Grüne-Kantonsrätin Laura Spring wies auf die Zielkonflikte zwischen Tierwohl und Ammoniakbelastung hin. Zumal Luzern diesbezüglich einen Spitzenplatz belege, bestehe eben grosser Handlungsbedarf. Auch Samuel Vogel vom Bundesamt für Landwirtschaft mahnte zum Handeln, lobte anderseits die gerade im Kanton Luzern lancierten Ressourcenprojekte. «Aus Problemdruck entsteht Innovationsgeist.»

Mit dem Neubau bei Rööslis mit den Cow Toilets wurde bereits ein dritter Musterstall im Rahmen des «Ressourcenprojekts Ammoniak und Geruch Zentralschweiz» realisiert, wo Innovationen gefördert und in der Praxis getestet werden. Ein erster Muster-Rindviehstall wurde in Merlischachen im Frühjahr 2023 und ein Muster-Schweinestall in Ufhusen im März 2024 präsentiert.