Das Pferd als grosser Klimasünder und schwitzende Pferde als Tierschutzfall – das sind zwei Beispiele für neue Themen, mit denen sich Pferdehalterinnen und Pferdehalter auseinandersetzen müssen. «Die gesellschaftliche Optik hat sich grundlegend verändert», sagte Liebegg-Direktor Hansruedi Häfliger am Nordwestschweizer Pferdetag der Bildungszentren Liebegg, Ebenrain BL und Wallierhof SO in Gränichen.
Wichtig für Biodiversität
Der erste Referent, Beat Wampfler vom Nationalen Pferdezentrum Bern, nannte ein Argument für die Pferde, das auch gegenüber «Nichtrösselern» greift: «Grosstiere sind wichtig für die Biodiversität.»
«Es muss sich für ein Pferd lohnen, alt zu sein.»
Veterinärmediziner Beat Wampfler zur Frage, wie lange ein Pferd leben soll.
Wampflers eigentliches Thema war «Fitte Pferde bis ins hohe Alter». Der Bewegungsapparat macht nach wie vor am häufigsten Probleme, gefolgt vom Verdauungsapparat. Doch generell werden die Equiden immer älter und immer seltener geschlachtet. In der Veterinärmedizin ist heute vieles möglich – aber nicht alles in jedem Fall sinnvoll. «Es geht nicht nur ums reine Überleben», lautet Beat Wampflers Grundsatz, «es muss sich für das Pferd lohnen, am Leben und alt zu sein.»[IMG 3]
Neben Genetik und Phänotyp entscheidet auch die Prägung in jungen Jahren über ein langes Leben. «Das Mass muss stimmen, aber Ausbildung und Arbeit sind für Jungpferde wichtig», betonte er.
Einsatz bei über 30 Grad
Kutschenfahren bei hohen Temperaturen sei Tierquälerei, hatte eine Tierschutzorganisation im Sommer kritisiert. Ein Team von der Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften Zollikofen (HAFL) untersuchte im Auftrag des Schweizer Tierschutzes Kutschenpferde im Alter zwischen acht und zwanzig Jahren im Einsatz bei Temperaturen über 30 Grad. Sie massen Atem- und Herzfrequenz, Schweissscore, Trinkverhalten, Rektaltemperatur und weitere Parameter, wie Jan Kocher von der HAFL am Pferdetag informierte.
«Trotz intensiver Fahrt waren die Pferde nicht überfordert.»
Jan Kocher von der HAFL Zollikofen zu einem allfälligen Hitzestress bei Kutschenpferden.
[IMG 2] Die Pferde gingen jeweils einspännig auf eine rund 45-minütige Tour, davon 25 Minuten im Trab, und zogen ein Gewicht von 240 Kilogramm. Das Fazit: «Trotz der intensiven Fahrt hat nichts auf eine Überforderung der Pferde hingewiesen.» Die Tiere hätten ihre Thermoregulation aufrechterhalten können. «Aber es braucht bei solchen Temperaturen Vorkehrungen zur Reduktion der Hitzebelastung wie Pausen, Abkühlen und regelmässiges Angebot von Trinkwasser», erinnerte Jan Kocher.
Von Erziehung bis Parasiten
Am Nachmittag stand der Tinkerhof von Adino und Rebekka Narcisi in Besenbüren zur Besichtigung offen. Niklaus Muntwyler gab viele Inputs zur Grunderziehung und zur Freiheitsdressur, die Tierklinik 24 half bei der Entscheidung zwischen Stallapotheke oder Tierarzt, und Guido Wehrle von Tierhompara nahm mögliche Parasiten bei der Pferdehaltung unter die Lupe.
Auf das Futter achten
«Ohne Hafer» kann auch dann auf einem Futtersack stehen, wenn Haferschälkleie drinsteckt. Das ist gut zu wissen, falls ein Pferd eine Allergie gegen Hafer hat.» Mit diesem und anderen Beispielen machte Brigitta Wichert auf die Tücken von Ergänzungsfutter aufmerksam. Die Veterinärmedizinerin von der Universität Zürich zeigte auf, wie in Pferdefutter eine Vielzahl an Komponenten gemischt wird, je nach Preis, Verfügbarkeit und Modetrends. «Ein nahezu unerschöpfliches Thema», warnte Wichert ihre Zuhörerinnen und Zuhörer, und doch sollten sie sich Kenntnisse aneignen. Beim Blick auf die Etikette sind folgende Punkte zu beurteilen:
Welches sind die wichtigsten Nährstoffe einer Komponente?
Was genau sind diese Komponenten überhaupt?
Ist die Komponente für Pferde verträglich und in welcher Menge?