Was tun Sie, wenn ein Tier im Fressfanggitter eingeklemmt ist? Wen rufen Sie an, wenn eine Kuh ins Gülleloch gefallen ist? Welche Nummer wählen Sie, wenn ein Tier vergrätscht ist? Es gibt keine einheitliche Lösung für diese Situationen, aber der Grosstier-Rettungsdienst (GTRD) ist für alle oben erwähnten Fälle vorbereitet. Seit 1997 ist der Rettungsdienst etabliert und hält sich seither mit Spenden über Wasser – die Einsätze kosten die Landwirtin und den Landwirten nur einen symbolischen Beitrag von 50 bis 500 Franken, welcher je nach Einkommensituation der betroffenen Bauernfamilie auch nach unten angepasst wird. Die Susy Utzinger Stiftung finanziert den Grossteil der geleisteten Einsätze im Nutztierbereich.

Hauptproblem: Rutschige Böden

Der GTRD rückt aus, wenn Tiere festliegen, wenn Tiere ausgebüxt oder eingeklemmt sind oder sich anderweitig in einer misslichen Lage befinden. Ruedi Keller stellt fest: Das Hauptproblem sind die rutschigen Böden, auf denen die Tiere vergrätschen. Der Fachmann rät deshalb, den Stallboden bei Bedarf aufzufräsen, um solche Unfälle zu vermeiden. Auch gehen viele Notrufe im Bereich der Bergung aus Güllegruben ein.

Früher ging es um die Rettung von Tieren aus alten Güllelöcher, die nur mit Holzbrettern abgedeckt sind. Aber heute kommt es immer mehr in modernen Ställen vor, dass die massiven Gitterdeckel verschoben werden und dadurch Tiere verunfallen. Keller rät deshalb: Die Ränder immer gut säubern, damit der Rost gut eingepasst ist und nicht verrutschen kann.

Immer mit Luft arbeiten

Sobald es um Notfälle in Güllegruben geht, ist Vorsicht geboten: «Wenn man sich im Gülleloch aufhalten muss, ist via Ventilatoren, Heugebläse oder auch Laubbläser Frischluft zuzuführen», warnt Ruedi Keller. Dabei ist ein indirekter Luftzug mit einem Winkel von 45 Grad zur Person anzustreben und alle möglichen Öffnungen zu öffnen.[IMG 2]

Eine weitere Unfallquelle sind spröde Gummibeläge. «Gummimatten werden mit der Zeit hart und in Kombination mit Urin oder Mist gibt das fast einen Seifenboden», beobachtet Keller. Er rät: Gummiböden sanieren und mit weichen Gummimatten ersetzen, damit der Untergrund wieder griffig wird. Auch der Zustand der Spaltenböden ist regelmässig, oder zumindest bei der Leerung des Güllelochs oder bei der Dichtheitskontrolle zu überprüfen, denn diese Elemente können im schlimmsten Fall brechen, wie der Fachmann weiss. Dies hängt unter anderem von der Konzentration der Gülle ab. Keller rät, sich bei Verdacht beim Stallbauer zu erkundigen und wenn angezeigt, entsprechende Lösungen zu finden.

«Die Bauern bemühen sich»

Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb schlummern viele Gefahren, doch Keller stellt fest: «Die Bauern bemühen sich sehr, gute Ställe zu bauen, doch auch moderne Ställe müssen gut gewartet werden». Der Farbbelag im Melkstand beispielsweise reibt mit der Zeit ab und wird bei Nässe rutschig. Auch hier hilft das Aufrauen oder das Nachstreichen mit Sand gemischten Epoxidfarben. Auch Elektroinstallationen sollten regelmässig überprüft werden, um Brandfälle zu vermeiden.

Rettung durch Feuerwehr ist kantonal geregelt

Der GTRD bedient sieben Stützpunkte und betreibt sechs Ambulanzen, die bei schweren Verletzungen, Frakturen oder Nervenlähmungen zum Einsatz kommen. Die häufigsten Einsätze leistet der GTRD in der Ostschweiz. Im Kanton Bern beispielsweise nimmt der Rettungsdienst verhältnismässig wenige Rettungen aus misslichen Lagen entgegen. «Das hat mit der starken Präsenz der Feuerwehr im Kanton Bern zu tun», ist GTRD-Leiter Ruedi Keller überzeugt. 

Die Grosstierrettung der Feuerwehr ist in der Schweiz kantonal geregelt. Das jeweilige kantonale Inspektorat der Feuerwehr definiert die Zuständigkeit, die Aufgabenverteilung und die Kostenregelung, wie der Schweizerische Feuerwehrverband auf Anfrage erklärt.

Vertikal und schonend retten

Die Feuerwehr hat den Vorteil, dass sie viel schneller auf Platz ist und sofort die ersten Massnahmen einleiten kann. Aber gerade Vertikalbergungen oder Rettungen in Innenräumen, die im Nutztierbereich nicht selten angezeigt sind, seien sehr anspruchsvoll, meint Ruedi Keller.  Der Rettungsdienst habe im Spezialgebiet der Bergung von Nutztieren 30 Jahre lang wertvolle Erfahrungen sammeln können. Das spare in einem Ernstfall Zeit und ermögliche eine schonende Rettung, so Keller.[IMG 3]

Er vermutet, dass der GTRD im Kanton Bern und in der Westschweiz noch weniger in den Köpfen der Bauern und Bäuerinnen verankert ist, als dies in der Ostschweiz den Anschein erweckt. Mit dem überarbeiteten Tierschutzgesetz sah sich die Feuerwehr aber in Zugzwang sich für die tierspezifische Rettung aufzurüsten, denn bei der Bergung von Tieren gelten seit 2005 angepasste Auflagen im Arbeitssicherheits- und Tierschutzbereich, die der GTRD sowie die Feuerwehr jederzeit einhalten müssen. Somit bestreitet in den meisten Kantonen der GTRD Güllegruben-Einsätze zusammen mit der Feuerwehr. Sie trifft Vorbereitungenr und der GTRD bringt dann die spezialisierten Arbeitskräfte und das tierspezifische Rettungsmaterial auf Platz. «Das läuft Hand in Hand», so der Fachmann.

Auch das Feuerwehrinspektorat des Kantons Bern schreibt: «Die Grosstierrettung bedingt eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Tierbesitzer, der Ortsfeuerwehr, dem Sonderstützpunkten GTR und dem Tierarzt oder der Tierärztin».