Die gesamte Schweizer Rindviehpopulation liegt bei rund 1,5 Millionen Tieren. Davon sind etwas mehr als ein Drittel Milchkühe. Die durchschnittliche Anzahl der Milchkühe pro Betrieb unterscheidet sich von Kanton zu Kanton stark. Während im Kanton Genf im Mittel 56 Milchkühe pro Betrieb gehalten werden, sind es im Kanton Wallis nur rund 16,9 Tiere.

Immer mehr «Andere Kühe»

Im letzten Jahrhundert erreichte der Kuhbestand in der Schweiz im Jahr 1961 mit 943'372 Kühen den Höchststand. Damals gab es noch keine jährlichen Viehzählungen. Bis in die Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts war zudem jede Kuh eine Milchkuh. Erst dann begannen einige Landwirtschaftsbetriebe mit der Haltung von Mutterkühen. Ihr Bestand nahm in der Folge kontinuierlich zu.

Im Gegenzug nahm der Bestand der Milchkühe ab. Eine Leistungssteigerung pro Milchkuh und Jahr von rund 3000 Kilogramm Milch pro Jahr auf zirka 7000 Kilogramm Milch pro Jahr machte diese Abnahme des Bestands möglich, ohne markante Einbussen bei der Milchmenge zu verzeichnen.

Anzahl Mutterkühe?

Es ist also haargenau bekannt, wie viele Milchkühe in der Schweiz leben. Das macht eine entsprechende Erfassung in der Tierverkehrsdatenbank (TVD) möglich. Und Mutterkühe? «In der Schweiz ist der Bestand an Mutterkühen nicht bekannt», sagt Urs Vogt, Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz. Der Grund dafür sei, dass die Kategorie «Andere Kühe» in der Tierverkehrsdatenbank ein Sammelbecken von nicht gemolkenen Kühen ist. Dazu gehören Mutterkühe, aber beispielsweise auch verstellte Galtkühe und Ausmastkühe. Der Bestand an «Andere Kühe» betrug Ende Dezember 2021 rund 139'000 Tiere, weiss Vogt, der ergänzt, dass die Ausmast von Milchkühen in letzter Zeit zugenommen habe. «Der grösste Anteil in ‹Andere Kühe› sind jedoch die Mutterkühe. Bei Mutterkuh Schweiz waren Ende Dezember 2021 rund 100'000 Mutterkühe registriert.»

Diese Definition «Andere Kuh» wirke für viele Mutterkuhhaltende despektierlich, weiss der Geschäftsführer. Die Organisation hat heute mehr als 6000 Mitglieder. «Mutterkühe haben einen grossen Markterfolgt und verdienen es, dass sie auch in der Agrarpolitik als solche bezeichnet werden», ist Vogt der Ansicht.

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Nicht erforderlich

Im Grunde also eine emotionale Sache. Man wünscht eine entsprechende Anerkennung beim Bund. Gefragt nach dem Grund, weshalb es keine Kategorie Mutterkühe gibt, heisst es beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW): «Die Kategorie Mutterkühe ist für den Vollzug der Agrargesetzgebung nicht erforderlich.» Punkt.

Man begründet die bestehende Einteilung in Milch- und andere Kühe mit der Umstellung von der Selbstdeklaration auf den Datenbezug ab der TVD. Dabei sollte deren Administrationsaufwand so gering als möglich gehalten werden. Noch einfacher wäre eine einzige Kategorie Kühe gewesen. «Die Unterscheidung zwischen Milchkühen und anderen Kühen war zwingend erforderlich. Das führte dazu, dass auf der TVD die Nutzungsart unterschieden werden musste. Jede weitere Differenzierung würde eine entsprechende weitere Differenzierung auf der TVD erfordern und zusätzlichen Aufwand verursachen», heisst es beim BLW weiter. Unter diese Kategorie fallen alle Kühe, die nicht zum Milchkuhbestand eines Betriebes zählen. Es sind:

  • Mutterkühe
  • Ammenkühe
  • Ausmastkühe
  • von anderen Betrieben verstellte Galtkühe.

Diese Einteilung besteht seit Einführung des Bezugs der Rinderdaten ab der TVD, also seit dem 1. Januar 2009. Änderungen seien grundsätzlich nicht angedacht. «Im Rahmen der ECH-Fachgruppe ‹Agrardaten› zwecks Projekt DNPSM sollen ECH-Standards für den Datenaustausch zwischen den verschieden Informatiksystemen erarbeitet werden. Es geht um die Umsetzung der Mitteilungspflicht, die administrative Vereinfachung und Förderung der Digitalisierung», führt das BLW aus. Was auch immer das heissen mag – das einfache und schon länger anhaltende Anliegen der Mutterkuhhalter(innen) wird darin nicht berücksichtigt.

Hofer nimmt Anliegen mit

An der Vereinsversammlung von Mutterkuh Schweiz Ende März gab Vorstandsmitglied Martin Eichenberger dem dort anwesenden BLW-Direktor Christian Hofer das Anliegen gleich persönlich mit. Hofer meinte, dass er aktuell keine Gründe sehe, dass das Einführen einer entsprechende Kategorie nicht umsetzbar wäre. Hofer hatte an der Versammlung in Brunegg viel Lob im Gepäck. Die Mutterkuhhalter gingen mit ihrer Produktionsform den richtigen Weg, sagte er überzeugt. Ob das genügt, ihnen eine «eigene» Existenz in der TVD einzugestehen, konnte Hofer aber nicht zugestehen. Er werde das Anliegen aber aufnehmen, sagte er.

Neu bei Kleinwiederkäuern

Während sich die Mutterkuhhalter(innen) demnach noch gedulden müssen, stehen Anpassungen im Tierverkehr im Bereich der Kleinwiederkäuer bereits vor der Umsetzung. Bisher werden die Daten für Ziegen und Schafe noch durch die Tierhalterinnen und Tierhalter im Portal deklariert. Mit der Umstellung auf den Datenbezug ab der TVD ab 1. Januar 2024 werden neue Kategorien bezogen. Wegen der Differenzierung der Milchschafe und Milchziegen müsse die Nutzungsart der Muttertiere auf der TVD neu auch erfasst werden, so das Bundesamt.

Bei den Pferden bleibt es unverändert. Hier werden in der TVD keine Milchpferde ausgewiesen, obschon es einige Betriebe gibt, die ihre Zuchtstuten melken.

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