Es ist 0 °C, vergangene Nacht hat es geschneit. Fiona ist stierig, im Laufstall ist es unruhig, die Boxen sind schmutzig – vier Kühe sind verdreckt. Fionas Besitzer fragt sich: «Kann ich die Tiere bei diesen Temperaturen waschen?» Die BauernZeitung hat bei Karin Häcki vom Fachbereich Tierhaltung am Strickhof nachgefragt.
Von unten nach oben waschen
Laut Karin Häcki können Kühe auch im Winter gewaschen werden. Dabei gibt es jedoch, einige Aspekte zu beachten. «Am besten werden die Kühe an einem windgeschützten Platz gewaschen. Das macht es für Mensch und Tier angenehmer», erklärt die Expertin. Zudem sollte eine eisfreie, ebene Fläche gewählt werden, um Verletzungen zu vermeiden. Bei Temperaturen unter 0 °C empfiehlt die Fachfrau nur einzelne Tiere zu waschen. «Hier stellt sich zudem die Frage, ob das ganze Tier oder nur der dreckige Bereich gewaschen werden sollte», so die Expertin.
Um die Tiere langsam an das Wasser zu gewöhnen, sollte mit dem Waschen an den Beinen begonnen werden. «Danach kann man sich langsam nach oben vorarbeiten», erklärt Häcki. Dabei sollte systematisch von der Schulter nach hinten gewaschen werden. Wenn möglich, empfiehlt Häcki die Tiere, mit handwarmem statt kaltem Wasser zu waschen. «Das ist für die Tiere angenehmer und sie bleiben tendenziell ruhiger», erklärt sie.
Je stärker der Wasserstrahl, desto weiter weg vom Tier
Der Wasserstrahl sollte nicht zu stark eingestellt sein, da ein zu hoher Druck Verletzungen verursachen kann. «Lässt sich der Wasserstrahl am Schlauch oder Hochdruckreiniger nicht regulieren, sollte der Abstand zum Tier angepasst werden. Je stärker der Strahl, desto weiter weg sollte man stehen», rät Karin Häcki. Nach dem Einweichen mit Wasser geht es ans Einshampoonieren und Entfernen des gröberen Schmutzes mit der Bürste und dem Striegel.
«Der Striegel sollte nur verwendet werden, wenn der Schmutz mit der Bürste wirklich nicht entfernt werden kann», betont die Expertin. Empfindliche Stellen wie die Sprunggelenke und das Euter sollten dabei gemieden werden. Hier kommt lieber der Schwamm zum Einsatz. Werden die Ohren auch gereinigt, empfiehlt sie einen gut ausgedrückten, feuchten Schwamm zu benutzen, damit kein Wasser ins Ohr läuft.
Das Shampoo gründlich auswaschen
«Beim Auswaschen des Shampoos ist Gründlichkeit entscheidend», betont Häcki. Es komme immer wieder vor, dass Shampoo zurückbleibt. Besonders stark entfettende Mittel können laut der Fachfrau die Haut austrocknen und zu Schuppen oder sogar rissigen Hautstellen führen. Wie auch beim Einweichen gelte es auch hier, systematisch vorzugehen, um keine Körperstelle zu übersehen.
«Ein einfacher Test ist es, mehrmals mit der Hand über den Rücken und den Bauch der Tiere zu streichen. Wenn die Hand nicht schäumt, wurde das Shampoo gründlich entfernt», so Häcki. Wer seine Kühe regelmässig wasche, dem empfiehlt Häcki die Verwendung eines sogenannten Conditioners. Dieser sorge dafür, dass die Haut ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt wird und nicht austrocknet.
Mit dem Schweissmesser und dem Handtuch abtrocknen
Nach dem Waschen sei es wichtig, die Tiere gut abzutrocknen, bevor sie zurück in den Stall kommen, so Karin Häcki. «Ein Schweissmesser, wie es bei den Pferden verwendet wird, eignet sich gut, um das meiste Wasser zu entfernen», so die Expertin. Anschliessend könne man die Tiere mit einem Handtuch weiter abtrocknen. «Ganz trocken bringt man die Tiere aber nicht», sagt sie.
Im Laufstall gelte es darauf zu achten, dass die Tiere nicht direkt nach dem Waschgang nach draussen in den Laufhof oder in die Liegebox gehen. «Am besten lockt man die Tiere an den Fresstisch, denn das Fressen kurbelt gleichzeitig die Wärmeproduktion an», rät Häcki.
Eine unverhoffte Geburt im Laufgang
Und wie sieht es mit dem Waschen von Kälbern aus? Zum Beispiel, wenn dieses unverhofft im Laufgang der laktierenden Kühe auf die Welt kommt und völlig verdreckt ist? «Bei leichten Verschmutzungen reicht es oft, das Kalb lediglich mit Stroh oder Tüchern abzureiben oder nur die verdreckten Stellen zu waschen», erklärt Katrin Müller, Kälberspezialistin am Strickhof.
Ist das Kalb jedoch stark verschmutzt, bleibe keine andere Wahl, als es vollständig zu waschen. Dazu sollte laut Expertin angenehm warmes Wasser verwendet werden. «Im Winter empfehle ich, das Kalb in einer Wärmebox zu trocknen, falls vorhanden», rät Müller. Alternativ könne es auch im warmen Stallbüro mit einem kleinen Heizlüfter getrocknet werden, so Müller. «Im Notfall kann auch ein Föhn verwendet werden. Dabei sollte das Jungtier in einen warmen Raum gebracht und sofort abgetrocknet werden», erklärt die Expertin.
Mäntel gibt es nur für trockene Kälber
Falls kein warmer Raum und keine guten Trocknungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, solle das Kalb zuerst samt Dreck unter einer Wärmelampe oder Ähnlichem getrocknet werden und der Schmutz im Anschluss im trockenen Zustand abgebürstet werden.
«Das anschliessende Anziehen eines Wärmemantels, vier Liter hochwertige Kolostrumgabe und viel Stroh helfen, den schwierigen Start zu kompensieren», so Katrin Müller und ergänzt: «Der Wärmemantel sollte nur trockenen Kälbern angezogen werden. Bei ganz tiefen Temperaturen empfehle ich zudem, eine Wärmelampe in der Kälberhütte zu installieren.»