Lehrende und Berater mit Fokus Schweinehaltung waren an den Schweizer landwirtschaftlichen Bildungszentren schon immer an einer Hand abzuzählen. Dies wird sich nicht ändern, der Strukturwandel ist in der Schweineproduktion ausgeprägter als beim Rindvieh. Von der Produktionsform her sind die «Söieler» auch näher an der Futtermühle und dem Handel, wo viele Schweinespezialisten im Aussendienst arbeiten.
Käser und Agronom
Frischen Wind gibt es aber auch an den Schulen, einerseits macht sich der Produzentenverband Suisseporcs seit Jahren stark für eine höhere Gewichtung, andererseits sind gerade einige neue Lehrpersonen eingestiegen. Etwa Sandra Haslebacher an der Rüti, Sabrina Imfeld am BBZN (mehr über ihre Ausbildung zu Corona-Zeiten im Kasten unten) oder seit 2020 Philipp Egli am Strickhof.
Der 29-jährige Egli hat einen aussergewöhnlichen Werdegang. Aufgewachsen auf einer Tilsiter-Käserei mit dazugehörender Schweinemast, lernte er erst Milchtechnologe. «Milchverarbeitung und Schweine haben mich bereits vor der Berufswahl interessiert», sagt er. Entsprechend besuchte er bei den Milchtechnologen eine Vertiefung Schweinehaltung und entschied sich für Lehrbetriebe mit Zucht- und/oder Mastschweinen.
«Fan» der hiesigen Produktion
Obwohl er bereits die naturwissenschaftliche Berufsmaturität «im Sack» hatte, entschied sich Egli schliesslich für die Passerelle, eine Maturitätsschule für Erwachsene. Dadurch hatte er Zugang zum universitären Studium. Dies reizte ihn insbesondere auch deshalb, weil dort die Forschung einen hohen Stellenwert hat. Davon profitiert er nun in seiner Tätigkeit am Zürcher Strickhof und bei AgroVet-Strickhof, wo für ihn sowohl die Bildung, die Beratung, aber eben auch die angewandte Forschung von Bedeutung sind. Daneben führt er zusammen mit seinem Vater einen mittelgrossen Label-Schweinemastbetrieb. «Ich sehe mich als Bindungsstelle zwischen Forschung, Ausbildung und Praxis», sagt er denn auch. Das Agrarwissenschaftsstudium an der ETH, Vertiefung Tierwissenschaften, schloss er Ende 2020 mit der Masterarbeit zum Thema «Nachgeburtsphase bei Muttersauen in freier Abferkelung» ab. Wie aus seinem Umfeld zu hören ist, wurde diese mit einer glatten Sechs bewertet.
Was gab schliesslich den Ausschlag für die Agrarwissenschaften? «Der Rohstoff Milch begeistert mich noch heute», sagt er zwar. Aber insbesondere ein Aufenthalt auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Kanada machte die Entscheidung für die Landwirtschaft dann klarer. «Mich fasziniert die Leistung, welche ein gesundes Schwein erbringen kann», erklärt er den Reiz. Egli ist ein «Fan» der Schweizer Schweineproduktion. Bäuerlich geprägt, mit sehr strengem Tierschutzgesetz und einem hohen Gesundheitsstatus und ausgerichtet auf eine hervorragende Schweinefleischqualität. «Dennoch gibt es eine allgemeine Kritik und Misstrauen gegenüber der Nutztierhaltung», gibt er zu bedenken. Der Umgang damit sei «herausfordernd», die Vorteile der hiesigen Produktion aufzuzeigen, sei ein Lernprozess. Jeder Schweinehalter sei gleichermassen gefordert.
«Es muss das Ziel sein, genügend motivierte und gut ausgebildete Fachpersonen für die Schweinehaltung zu faszinieren», sagt er. Philipp Egli pflegt hierzu einen engen Kontakt zur Suisseporcs. Der Sektor Rindvieh ist um einiges grösser als die Schweinehaltung und zieht entsprechend auch viele Fachleute von den Hochschulen ab. «Dennoch macht die Schweinehaltung knapp zehn Prozent des landwirtschaftlichen Produktionswertes aus», unterstreicht Egli den Stellenwert.
Umfangreicher ausbilden
Je nach Ausbildungsstufe und Fragestellung setzt Egli andere Schwerpunkte. Bei der Grundbildung geht es um Grundlagen bei Haltung, Fütterung und Management. «In der höheren Berufsbildung werden die Grundlagen vertieft und wir legen den Fokus auf die Wirtschaftlichkeit», erklärt Philipp Egli. Die Zeit für eine umfangreiche Ausbildung im Bereich der Schweinehaltung sei momentan aber zu knapp. Nebst den Grundlagen bleibt Zeit für einen Betriebsbesuch während des zweiten Lehrjahres. Im dritten Lehrjahr gibt es dann die Möglichkeit, das Wahlfach oder die Vertiefung Schweinehaltung zu wählen. In der Forschungskooperation AgroVet-Strickhof, wo intensiv mit ETH und Uni Zürich zusammengearbeitet wird, geht es Egli um die Erforschung praxistauglicher Massnahmen, welche direkt im Versuchsstall von AgroVet-Strickhof überprüft und optimiert werden können.
«Ein neues Ausbildungsmodell mit einer dreijährigen Lehre plus freiwilligem Zusatzjahr wäre für die Schweinehaltung geeignet», blickt er in die Zukunft. So könnten junge Berufsleute bereits auf Stufe Grundbildung in einer umfangreichen Tiefe auf den Ausbildungs- und Versuchsbetrieben weitergebildet werden. Und dass dabei der Praxisbezug nicht verloren geht, dafür sorgt auch er. Nachts Schweine verladen – das kennt der neue Schweineflüsterer vom Strickhof nicht nur vom Hörensagen.
Zufriedener Verband
Durchaus Freude an der neuen Garde von Lehrern und Beratern an den Bildungszentren hat die Suisseporcs. Denn jedes Jahr steigen gut hundert Betriebsleiter als Nachfolger auf den Schweinehaltungsbetrieben ein. «Dafür braucht es enormes Fachwissen und unternehmerische Fähigkeiten», sagt Adrian Schütz vom Schweineproduzentenverband mit Sitz in Sempach.
Das Denken in Vollkosten, intensive Tierbeobachtung und Tierbetreuung sowie das Agieren am Markt sind für ihn wichtige Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein. Zusätzlich sei der Austausch mit Profis bereichernd. Es habe sich abgezeichnet, dass die anspruchsvolle Fachrichtung nicht an allen Schulen angeboten werden könne. Es gebe nun eine Konzentration auf wenige Standorte mit viel Fachwissen rund um das Schwein. Weiterhin brauche es gut geführte Lehrbetriebe, genügend Lektionen auf Stufe Grundbildung und eben auch ein anspruchsvolles Modul Fachrichtung Schweine.
«Der Schweinehalterkurs auf Stufe Betriebsleiterschule ist sehr bewährt und deckt die Anforderungen des Betriebs-leiters gut ab», weiss Schütz. Mit der Revision Bildung Landwirt EFZ sei man auf Kurs. Die Suisseporcs konnte wichtige Anregungen einbringen und einer baldmöglichen Um-setzung sollte gemäss Schütz «nichts im Wege stehen».