Der Schauplatz im solothurnischen Derendingen ist parat, die Tiere der Zuchtfamilie von Urs Guggisberg, Nicole Hälg und den Söhnen Dario und Armon am richtigen Ort platziert. Die ganze Familie hilft mit, die letzten Handgriffe zu erledigen. Hier wird noch einmal im Fell etwas ausgebürstet, da ein Schwanz zurecht gezupft, allgemeine Vorfreude ist spürbar, während allmählich die Gäste eintrudeln. Pünktlich zum Beginn der Zuchtfamilienschau verziehen sich die dicken, schwarzen Wolken und machen der Sonne Platz.

Unter den wachsamen Augen der Experten Jürg Brönnimann und Werner Walter führen die Söhne Dario und Armon sowie Vater Urs die Kühe nacheinander vor. Der jüngste Spross, der 10-jährige Armon, darf die Stammkuh Guggisberg Jerudo Narita GM vorführen. Nach ihr folgen Nebraska (Vater Escobar), die Zwillinge Nirvana und Nizza (Rubels), Nubia (Spirit) sowie die knapp eineinhalbjährige Nevada eine Astra-Tochter.

Durchschnitt 12 000 kg Milch

Die Experten strecken die Köpfe zusammen und beraten sich. Dann hat das Warten ein Ende und die Punktevergabe beginnt. Jürg Brönnimann erklärt, dass 50 Prozent der Gesamtpunktzahl von 100 Punkten aus dem Zuchtwert stammt, die restlichen 50 Prozent vergeben die Experten für das Exterieur. Brönnimann lobt die Zuchtfamilie um Narita, welche sich in einer top Kondition und sehr gepflegt präsentiere. «Narita wurde im Mai 2013 geboren und hat in neun Laktationen, 115 839 kg Milch gegeben. Das bei einer durchschnittlichen Leistung von 12 000 kg Milch.

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Viel Lob für die Stammkuh

«Es ist eindrücklich, wie sie organisiert ist. Das sieht man nicht alle Tage», lobt Jürg Brönnimann. Narita sei eine kapitale Kuh. Die extreme Stabilität im Rücken- und Lendenbereich sei für ihr Alter eindrücklich. Am Tag der Zuchtfamilie präsentiert sie ihr Euter im Galt-Zustand. Den Gesamteindruck der Familie beurteilen die Experten als homogen, Kapazitäten zum Milch produzieren sei vorhanden, auch die Becken seien gut. Kritik gibt es für die Euter, die sich unterschiedlich präsentieren. Die Experten vergeben schliesslich 35 von 50 möglichen Punkten für das Exterieur der Zuchtfamilie. Durch die sehr hohen Milchgehalte resultieren 47 Punkte von 50 Punkten beim Zuchtwert. Dies sei sehr hoch, resümiert Jürg Brönnimann. Der Durchschnitt liege bei 33 oder 34 Punkten. Die Zuchtfamilie um Narita wird schliesslich mit total 82 Punkten in der Klasse A eingestuft.

Schau-Kühe sind nicht das Ziel

Die Freude der Züchterfamilie ist gross. Dass ihre Tiere nicht mit top Eutern punkten können, wissen sie. Urs Guggisberg macht im Gespräch mit der BauernZeitung deutlich: «Wir wollen Kühe, die hohe Gehalte geben und alt werden. Das ist uns wichtig.» Und seine Frau Nicole Hälg ergänzt: «Wir haben nie Schau-Kühe gezüchtet.» Für beide bedeutet das Präsentieren einer Zuchtfamilie und das gute Abschneiden, Freude und Bestätigung für die tägliche Arbeit. Dabei sind die Aufgaben unter dem Paar klar aufgeteilt. Nicole Hälg ist als gelernte Tierärztin fürs Tierärztliche und die künstliche Besamung (KB) zuständig, Urs Guggisberg für die Fütterung und den Rest. Ob eine Kuh mit einer Mastrasse oder mit einem Zuchtstier und gesext belegt werden soll, entscheiden beide gemeinsam. Die Wahl der Mastrasse trifft jedoch Nicole Hälg, denjenigen Stier für die Zucht sucht ihr Mann aus.

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Das Tierwohl zählt mehr

Die Aufzucht der Jungtiere ist beim Nachbarn ausgelagert, dessen Arbeit Nicole Hälg und Urs Guggisberg sehr schätzen.

Ein weiteres Mal erwähnt der Landwirt die Langlebigkeit ihrer Tiere. Momentan stünden drei Kühe mit einer Lebensleistung von über 100 000 kg Milch im Stall. Gesamthaft seien es bereits über 15 Kühe gewesen sowie 25 Kühe, die eine Lebensleistung von 80 000 kg Milch vorweisen konnten. «Wenn ein Tier krank ist, schauen wir nicht aufs Geld, sondern aufs Tier», erklärt Urs Guggisberg. Dass seine Frau Tierärztin ist, sei da ideal. «Ich habe Freude an grossen Tieren. Viel mehr als etwa an Hunden und Katzen», meint seine Frau dazu leicht verlegen.

Beim Tierwohl schaut der Landwirt nicht aufs Geld. Andernorts schon. Er weiss genau, dass jeden Monat zwischen 3 und 5 Rappen pro Liter Milch mehr Milchgeld wegen des Gehaltszuschlags resultiere. Das mache aufs Jahr gerechnet rund 20 000 Franken aus, welches ins Tierwohl investiert wird. Etwa in Form von Lüftern und einer Sprinkleranlage im Stall, welche die Kühe im Sommer sehr lieben würden. Zudem rechnet Urs Guggisberg jeden Monat genau die Kraftfutterkosten aus. «Du spielst damit», ergänzt Nicole Hälg und lacht. Dass sie der Molkerei Lanz AG ihre Milch abliefern können, bezeichnet der Landwirt als «grosses Glück.» Bei einem Stalldurchschnitt von 10 800 kg produziert die Familie pro Jahr rund 440 000 kg Milch. Gemolken wird mit einem 2 x 5-Fischgräten-Melkstand der Firma GEA.

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Auszeichnung als Bestätigung

Jährlich zeichnet Swissherdbook die besten Kühe und Betriebe für ihre herausragenden Leistungen aus. Im vergangenen Jahr geschah dies zum zehnten Mal. Die Betriebsleiterin erklärt: «Wir haben die Auszeichnung Betriebsmanagement zum fünften Mal erhalten.» Ihr Mann ergänzt: «Es gibt nur sehr wenige Betriebe, die das fünfmal erreichen. Es ist eine Bestätigung, dass wir alles richtig machen.»

Betriebsspiegel

Urs Guggisberg und Nicole Hälg

Ort: Derendingen
Familie: Dario (14 J.) und Armon (10 J.)
Fläche: 24 ha
Kulturen: Getreide, Gras, Weide, Zuckerrüben und Mais
Tiere: 42 Kühe der Rasse Red Holstein, wenig Holstein
Milchabnehmer: Molkerei Lanz AG