114'000 Equiden gibt es in der Schweiz, Tendenz weiterhin steigend. Weniger als 20 Prozent der Pferde sind heute noch im Sportregister eingetragen, und ihre Besitzer(innen) sind immer seltener in Vereine eingebunden. Dafür steigt die Bedeutung der Vierbeiner für den Menschen als Freizeit- und Sozialpartner.

Es braucht seriöses Wissen

Hansruedi Häfliger, Direktor des Landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg im aargauischen Gränichen, stellte fest: «Die Gesellschaft braucht das Pferd mehr denn je – aber auch seriöses und praxistaugliches Wissen.» Weiterbildung gab es am Nordwestschweizer Pferdetag am LZ Liebegg in Gränichen, gemeinsam organisiert mit dem LZ Ebenrain und BZ Wallierhof, mit Fachreferaten und der Besichtigung von zwei Betrieben, die für die grosse Bandbreite der Pferdehaltung stehen.

Die Schweizermeister

Die Pferde von Familie Luder aus Oftringen AG sind Hochleistungssportler. Mit ihnen schaffte der Gespannfahrer Marcel Luder dieses Jahr den Schweizermeistertitel in der Vollprüfung der Zweispänner und sogar den achten Rang an der Weltmeisterschaft. Daneben generieren die Freibergerpferde Einkommen mit Gesellschaftsfahren und arbeiten gelegentlich noch auf dem Feld und im Wald. Sie leben in Boxen, zweimal täglich gehen sie gemeinsam in den Auslauf beziehungsweise auf die Weide.

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Bewegung im Stall

So gut ausgelastet ist heute nur noch eine Minderheit von Pferden. Viele Besitzer(innen) beschäftigt sich mit der Frage, wie sie ihren Tieren Bewegung und Beschäftigung bieten können. Gut bedient wären sie im Aktivstall von Familie Suter, ebenfalls in Oftringen. Die Pferde leben in der Gruppe, bekommen ihr Futter in einer automatischen Futterstation in kleinen Portionen über 24 Stunden verteilt und werden durch das Stallsystem zur Bewegung animiert. Für die Stallbetreiber bedeutet das mehr Platzbedarf, dafür deutlich weniger Arbeitsaufwand gegenüber der Boxen-haltung, die auf dem Betrieb ebenfalls angeboten wird.

Nicht nur die Hufpflege ist wichtig

Wie auch immer die Haltung aussieht – gesunde Hufe braucht jedes Pferd. Mélanie Stucki, Huforthopädin und Inhaberin der Fachschule für Huforthopädie Schweiz, führte am Pferdetag aus, dass nicht nur die Hufpflege selber, sondern auch die Haltungsbedingungen und die Ernährung des Pferdes grossen Einfluss haben. «Gesunder Stoffwechsel gleich gesunder Nährstofftransport in die Huflederhaut gleich gesundes Horn», heisst der Grundsatz.

Problem beim Stoffwechsel

Wenn die Entgiftungsorgane des Pferdes überlastet sind, werden die belastenden Stoffe auch über Haut und Horn ausgeschieden. Das führt gemäss Mélanie Stucki zu Symptomen wie Mauke, Juckreiz und Strahlfäule. «Strahlfäule steht heute öfter mit Stoffwechselproblemen in Zusammenhang als mit mangelnder Hygiene.» Auch Hufgeschwüre und -abszesse würden auf eine Übersäuerung hindeuten. Grundsätzliche Fütterungsfehler – zu viel Kraftfutter, zu lange Fresspausen, zu energiereiches Futter – sind ebenso problematisch wie plötzliche Futterumstellungen oder mit Schimmel belastetes Heu und Stroh. Silage möchte Mélanie Stucki nicht im Pferdestall haben: Der hohe Anteil an Milchsäurebakterien schade der Darmflora. Auch Heulage sei tendenziell zu sauer. Minerale wie Zink, Biotin und Mangan sind wichtig für gesunde Hufe. Ein hochwertiges Mineralstofffutter – in Ergänzung zum Grundfutter – decke den Bedarf in aller Regel.

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Hufe einfetten ist gemäss Mélanie Stucki übrigens in der Regel nicht nötig, bei zu häufiger Anwendung sogar schädlich, weil das Fett die Poren verstopft und dadurch die Befeuchtung des Hufs auf natürlichem Weg beeinträchtigt.

Das braucht der Huf

  • Saubere Haltungsbedingungen (Kot und Urin sind sehr schädlich für das Hornmaterial) und tägliches Auskratzen der Hufe. 
  • Angepasste Hufbearbeitung, regelmässige Bearbeitungsintervalle (Beschläge alle sechs bis acht Wochen, Barhufpflege alle vier bis sechs Wochen). 
  • Gute Grundfutterversorgung (angepasstes Raufutter, ausgewogenes und hochwertiges Mineralfutter). 
  • Stoffwechsel in Schwung halten mit genügend Bewegung. 

Trends in Medizin und bei der Automatisierung

Tierärztin Rahel Joss von der Tierklinik 24 informierte über Sehnenverletzungen, die in ihrem Klinikalltag bei Sport- wie bei Freizeitpferden vorkommen. Ursachen sind neben akuten Verletzungen auch wiederkehrende Überlastungen wie Fehlstellung, zu kurze Aufwärmphase oder ein ungeeigneter Boden. Zunehmend kommen bei betroffenen Pferden regenerative Therapien aus der Humanmedizin zum Einsatz, zum Beispiel Stammzellen- oder die Stosswellentherapie. 

Automatisierte Fütterungssysteme, aus der Nutztier­haltung bekannt, breiten sich auch in den Pferdeställen aus und sorgen für kurze Futterpausen, individuelle Rationen und Flexibilität. Jeanne Lehmann von der Firma Schauer stellte Systeme für den Gruppen- und den Boxenstall vor. Zunehmend gefragt sei auch die Chill-Out-Boxe im Gruppenstall, wo sich ein einzelnes Pferd für eine Weile zurückziehen kann. Eine weiterer Automationsschritt im Pferdestall ist der Weidezugang über ein zeitgesteuertes Tor.