Das Positive vorneweg: Der Verkauf von Antibiotika für Nutztiere ist in den letzten Jahren stetig zurückgegangen. Und: Es spielt keine grosse Rolle, ob eine Kuh 10 000 kg Milch oder «nur» 7000 kg Milch produziert – der Antibiotikaverbrauch ist bei beiden Milchleistungen etwa gleich gross. «Vor allem das Management auf den Betrieben ist ausschlaggebend für den Antibiotikaeinsatz», ist Michèle Bodmer, Tierärztin und Leiterin Departement für klinische Veterinärmedizin an der Universität Bern, überzeugt. Tiergesundheit, Fütterung oder Überwachung – das alles seien Faktoren, die den Antibiotikaverbrauch beeinflussen würden.

150 Betriebe waren dabei

Doch diese Massnahmen reichen nicht. Aus diesem Grund lancierte der Kanton Freiburg im Jahr 2017 das Projekt ReLait. In diesem Projekt machten 150 Freiburger Milchwirtschaftsbetriebe mit, mit dem Ziel, verschiedene Präventionsstrategien zur Verbesserung der Tiergesundheit umzusetzen. Bis 2023 konnten die teilnehmenden Betriebe Präventionsstrategien aus einem Katalog von 17 Massnahmen auswählen und anwenden, um das Krankheitsrisiko und den damit verbundenen Einsatz von Antibiotika zu verringern.

Das Projekt, das vom Bund unterstützt und in Zusammenarbeit mit der Universität Bern und der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Zollikofen begleitet wurde, ist jetzt abgeschlossen. Am Mittwoch wurden die Ergebnisse in Grangeneuve präsentiert.

Das Ziel nicht erreicht

Doch die Ergebnisse waren alles andere als erfreulich: «Das Ziel, den Einsatz von Antibiotika auf den Projektbetrieben deutlich zu senken, wurde nicht erreicht», hielt Jean-Charles Philipona, Sektorleiter Tierproduktion, Sektion Landwirtschaft in Grangeneuve, fest. Woran es lag, könne man nicht genau sagen. «Wir können nur sagen, dass ein verringerter Antibiotikaverbrauch oder eine verbesserte Gesundheit der Tiere nur über die Selektion geht», ist Philipona überzeugt. Das heisst, Kühe, die immer mit Euter- oder Stoffwechselproblemen zu kämpfen haben, gelte es auszumerzen, und es gelte auch, von diesen Tieren keine Nachzucht zu behalten. «Prävention allein ist wichtig, doch es reicht nicht aus, um die Ziele zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes zu erreichen. Es bleibt notwendig, auch an anderen Aspekten zu arbeiten», sagte Philipona.

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Positive Rückmeldungen

Dass die Resultate nicht besser sind, könnte auch damit zusammenhängen, dass die Betriebe, die am Projekt mitmachten, schon vor dem Beginn gute Praktiken in ihrem Stall angewandt und umgesetzt haben. «Es ist jedoch wichtig, zu erwähnen, dass die Besamungskosten bei den meisten Betrieben nicht gestiegen sind, obwohl ein Anstieg der durchschnittlichen Produktivität der Kühe während des Projektzeitraums festgestellt wurde», so Jean-Charles Philipona.

Diese Entwicklung zeige, dass es für die Landwirtinnen und Landwirte von Vorteil sei, verschiedene Präventionsstrategien zu verfolgen und Überwachungsprotokolle im Zusammenhang mit der Tiergesundheit einzuführen.

Vergebens war das ReLait-Projekt dennoch nicht: «Die Rückmeldungen aus der Landwirtschaft waren positiv. Die Einführung von Berichten und der Austausch zwischen den Produzentinnen und Produzenten wurden sehr geschätzt», freut sich Philipona. Doch beim Projekt fiel der Tierärztin Michèle Bodmer dennoch eines auf: Bei den laktierenden Kühen der 150 Betriebe brauchte es mehr Behandlungen als bei einem Freiburger Durchschnittsbetrieb. «Bei der Behandlung beim Trockenstellen war es genau umgekehrt», so Bodmer.

Ein gutes Gleichgewicht

Damit auch die wirtschaftlichen Auswirkungen untersucht werden konnten, hatte jeder Betrieb während des Projekts dreimal die Gelegenheit, seine jährlichen Produktionskosten zu berechnen. «Die durchschnittliche Milchleistung pro Kuh stieg, die Tierarztkosten gingen zurück», sagt Thomas Blättler, wissenschaftlicher Mitarbeiter der HAFL. Bestimmt sei dies auf die enge Begleitung und die Beratung im Rahmen des Projekts zurückzuführen. Für den Freiburger Staatsrat Didier Castella, der auch zuständig ist für die Landwirtschaft, steht ausser Frage, dass «das richtige Gleichgewicht zwischen einer Mindestproduktion, die das Ziel der Selbstversorgung gewährleistet, und einem wirtschaftlichen Potenzial, das ein angemessenes Leben ermöglicht, zu erreichen ist.»

Das Projektziel

  • Mit dem Antibiotikaprojekt ReLait verfolgte man folgende Ziele:
  • Reduktion des Antibiotikaeinsatzes
  • Förderung der Einführung von Strategien
  • Verbesserung des Wissens über die Faktoren, die zum Einsatz von Antibiotika führen
  • Sicherstellung der Tiergesundheit und der Produktqualität
  • Zusammenarbeit mit praktizierenden Tierärzten

Die Massnahmen

  • Um in Zukunft den Antibiotikaeinsatz auf den Betrieben weiter senken zu können, werden folgende Empfehlungen abgegeben:
  • Selektion von robusten Tieren
  • An Alternativen zu Antibiotika arbeiten
  • Eine gezieltere Behandlung
  • Das Management auf den Betrieben verbessern
  • Ein Augenmerk auf die Stierenwahl setzen – möglichst Stiere mit einem hohen Fitnesszuchtwert bevorzugen
  • Die Produzenten bei der Verringerung des Antibiotikaeinsatzes unterstützen
  • Eine höhere Bewertung von Milch aus der Produktion, die mit den Zielen der Antibiotikareduktion vereinbar ist (ein Bonus für den Zellzahlwert in der Milch müsse überdacht werden)