An diesen neuen Richtlinien dürften nicht alle Schweinezüchter Freude haben: Denn QM Schweizer Fleisch hat entschieden, dass alle QM-Lieferanten ab dem 1. April 2021 im Schweine-Plus-Gesundheitsprogramm mitmachen müssen. Damit man überhaupt am Suis-Sano-Programm teilnehmen darf, muss man zuerst auch Mitglied beim Schweinegesundheitsdienst (SGD), einem Geschäftsbereich der Suisag, sein.
Muss Mitgliedschaft sein?
Diese Mitgliedschaft stösst aber einigen Schweinhalter sauer auf. Etliche Züchter meldeten sich bei der Redaktion und machten ihrem Ärger Luft. Zwar stehen die meisten Schweinehalter einem Schweine-Plus-Gesundheitsprogramm offen gegenüber, finden es aber ein Skandal, dass man dafür auch SGD-Mitglied sein muss. «Das war ein Grundsatzentscheid der Branche», hält Matteo Aepli, Geschäftsführer der Suisag, fest. SuisSano sei ein Zusatzprogramm und beim SGD-Basisprogramm stehe die allgemeine Tiergesundheit im Fokus. «Ich kann Ihnen ein Beispiel machen: Im Rahmen der Plus-Gesundheitsprogramme wird definiert, dass ein Bestand mit einer bestimmten Krankheit, welche einen höheren Antibiotikaeinsatz verursachen kann, saniert werden muss. Im Basisprogramm wird aufgezeigt, wie so eine Sanierung vor sich geht. Die beiden Programme sind eng miteinander verknüpft. Eine Loslösung von SGD-Basisprogramm und SuisSano ist kaum sinnvoll», hält Aepli fest.
Darauf geeinigt
Dass QM Schweizer Fleisch überhaupt entschieden hat, dass ab dem 1. April 2021 die Beteiligung am Schweine-Plus-Gesundheitsprogramm für alle QM-Lieferanten Pflicht sein wird, begründet Suisag-Geschäftsführer Matteo Aepli wie folgt: «Die Branche, sprich die Produzenten zusammen mit dem Handel, den Verarbeitungsbetrieben und den Abnehmern, haben sich damals bei den Verhandlungen zum Anreizsystem darauf geeinigt.» Der Grundsatz sei gewesen, dass man habe verhindern wollen, dass «gesunde Schweine» oder «mit weniger Antibiotika produziertes Schweinefleisch» ausgelobt werde. «So eine Negativ-Differenzierung am Markt hätte grosse Probleme und grosse Unsicherheit bei den Konsumenten ausgelöst», ist Aepli überzeugt. Deshalb sei man in der Branche der Meinung, dass ein solches Gesundheitsprogramm flächendeckend und damit obligatorisch sein sollte. «Die Suisag mit dem Geschäftsbereich SGD ist dabei das ausführende Unternehmen», sagt Aepli.
Lange Warteliste
Aufgrund der Anzahl teilnehmender Betriebe und der Tatsache, dass noch einige hundert Schweinehalter im SuisSano-Programm aufgenommen werden müssen, sei auch die Warteliste dementsprechend lang. So betrage diese doch noch etwas mehr als 800 Betriebe.
«Um bei QM Schweizer Fleisch weiterhin anerkannt zu sein, müssen sich die Betriebe bis 31.3.2021 anmelden. Wir empfehlen deshalb, sich frühzeitig darum zu kümmern», so Matteo Aepli.
Tatsache sei, dass es immer noch viele Betriebe gebe, die bis anhin an keinem Gesundheitsprogramm mitmachten. «Wir gehen davon aus, dass aktuell zirka 450 Betriebe noch nicht angemeldet sind. Wir wissen von einigen, dass sie eine kritische Einstellung gegenüber dem Gesundheitsprogramm haben», sagt der Suisag-Geschäftsführer. «Dafür haben wir Verständnis. Die Argumentation geht von ‹wir setzen ohnehin wenig Antibiotika ein und brauchen das Programm nicht› über ‹ich kann oder möchte kein elektronisches Behandlungsjournal führen› bis hin zu den Kosten resp. Tarifen. Wir nehmen diese Kritik sehr ernst und sind immer wieder im Gespräch mit einzelnen kritischen Tierhaltern», sagt er.
Hohe Kosten
Den Vorwurf, dass die Suisag dank einer «obligatorischen» Mitgliedschaft zu mehr Mitgliedern und damit auch zu mehr Mitgliederbeiträgen kommt, lässt Matteo Aepli nicht gelten. «Der Branche wie auch uns ist es wichtig, die Schweinefleischproduktion in der Öffentlichkeit hochwertig zu positionieren. Der Aufbau des Programms war eine Riesenherausforderung», hält er fest. Die Branche habe in Form von personeller und finanzieller Unterstützung mitgeholfen, die Plus-Gesundheitsprogramme aufzubauen. Zusätzlich habe der Bund finanziell mitgeholfen. «Auch wir haben viel investiert und tun dies weiterhin», so der Geschäftsführer. Den Mehrerträgen stehen entsprechend auch Mehrkosten gegenüber. «Ich denke, dass uns allen die hohe Tiergesundheit und das Image von Schweizer Schweinefleisch auch etwas wert ist», sagt Aepli klar und deutlich.
Je nach Betrieb
Die Kosten für eine SGD-Mitgliedschaft und das Mitmachen beim SuiSano-Programm ist je nach Grösse des Betriebs unterschiedlich. «Der durchschnittliche Schweizer Zuchtbetrieb hat 50 Sauen. Für das SGD-Basisprogramm bezahlt ein solcher Betrieb jährlich 800 Franken. Dazu kommen noch jährlich250 Franken für SuisSano», rechnet Matteo Aepli vor. Inbegriffen in den Tarifen sei ein jährliches Untersuchungsguthaben von150 Franken für die diagnostische Abklärungen im Bedarfsfall.
Bei Mastbetrieben sieht es folgendermassen aus: «Der durchschnittliche Mastbetrieb hat gut 200 Mastplätze. Ein Betrieb mit 201 bis 400 Mastplätze bezahlt einen jährlichen Beitrag fürdas SGD-Basisprogramm von 250 Franken und wiederum250 Franken für die SuisSano-Teilnahme. Das Untersuchungsguthaben beträgt hier 70 Franken. pro Jahr», so Aepli. Darin inbegriffen seien gemäss Programm die vorgesehenen Betriebsbesuche und Beratungen, das elektronische Behandlungsjournal und Auswertungen rund um die Tiergesundheit.
Den Antibiotikaeinsatz senken
Seit April 2018 läuft das Gesundheitsprogramm SuisSano. Bis Ende Dezember machten gut 2500 Betriebe mit, wobei noch einige hundert Betriebe auf der Warteliste sind, um ins Programm aufgenommen zu werden. Das sind aktuell 80 % der Schweizer Betriebe, inklusive der Warteliste, die im SuisSano-Programm sind.
Gesamte Branche
Das Gesundheitsprogramm wurde in den letzten sechs Jahren entwickelt. Es versteht sich als Ergänzung zum SGD-Basisprogramm. SuisSano als Teil der Plus-Gesundheitsprogramme (SuisSano der Suisag und QGS der Qualiporc) ist ein Werk der gesamten Branche, also Produzenten, Handel und Abnehmerinnen und viele weitere Beteiligte. Wie Matteo Aepli, Geschäftsführer der Suisag, mitteilt, habe die Branche frühzeitig die Herausforderungen der Zeit erkannt. Der Arzneimitteleinsatz, insbesondere der Antibiotikaeinsatz, sei ein heikles Thema in der Öffentlichkeit. Zum Image der Schweizer Schweinefleischproduktion und des Schweine-fleisches müsse man sehr Sorge tragen.
Wie viele Arzneimittel
SuisSano gibt zudem eine Antwort auf die Frage, wie viele Arzneimittel wann und wo eingesetzt werden. Zudem konnte man bereits in den letzten drei Jahren den Antibiotikaeinsatz durch Beratung und Transparenz auf vielen Betrieben deutlich senken, ohne Abstriche bei der Tiergesundheit oder dem Tierwohl. «Negative mediale Berichterstattungen zum Arzneimitteleinsatz auf Schweizer Schweinebetrieben können dadurch verhindert werden», sagt Matteo Aepli klar und deutlich.
Viele Vorteile
Dank dem SuisSano-Programm sieht Matteo Aepli folgende Vorteile für die Schweinebranche: «Wir sehen zwei klare Vorteile, die sich öffentlich ausloben lassen: Wir entwickeln mit SuisSano die Tiergesundheit weiter bei deutlich reduziertem und optimierten Antibiotikaeinsatz. Das haben bereits die letzten drei Jahre eindrücklich gezeigt. Damit sorgen wir für den Genuss von Schweizer Schweinefleisch. Zudem stützen wir auch das gute Image der Schweineproduktion», hält Aepli fest. Auch die bessere Tiergesundheit und der verringerte Antibiotikaeinsatz solle sich finanziell positiv auf die Betriebe auswirken.
Die Tiergesundheit ist wichtig
Die Schweinehalter, die bis jetzt am SuisSano-Programm mitmachten, bekamen eine Bonuszahlung von einem Franken pro Mastschwein und pro Mastferkel. Ab 1. April gibt es diese Bonuszahlung nicht mehr. Der Grund ist, dass das Anreizsystem auf drei Jahre beschränkt war. Es wurde vom Detailhandel und den Abnehmern finanziert und verstand sich als Anreiz für jene, die frühzeitig ins Programm eingestiegen sind. Ab 1. April wird das SuisSano-Programm Standard.
Jede Behandlung
Das Kernelement von SuisSano ist das elektronische Behandlungsjournal (EBJ). Bis anhin musste jede Behandlung, welche durch die Tierhalterin durchgeführt wurde, schriftlich auf Papier erfasst werden. In den Plus-Gesundheitsprogrammen ist die elektronische Erfassung vorgesehen. Das EBJ sichert zudem die gesetzliche Dokumentationspflicht und Archivierung. Für gewisse Tierhalter ist dies zumindest in der Anfangsphase eine Herausforderung, für andere eine Erleichterung.
Viele Möglichkeiten
«Die elektronische Aufzeichnung bietet viele Möglichkeiten bei der Auswertung der Daten für den Betrieb», sagt der Suisag-Geschäftsführer Matteo Aepli. Wie bereits erwähnt könne man nur dadurch gegenüber der Öffentlichkeit auf-zeigen, wo man genau mit dem Antibiotikaeinsatz stehe. «Wir gehen aktuell davon aus, dass im Rahmen der Agrarpolitik Tierhaltende für ihren Einsatz bezüglich Tiergesundheit zusätzlich entschädigt werden. Wann das kommen wird, ist bekanntlich zurzeit noch offen», so Aepli.