Ende Jahr geht er in Pension: Richard Schmid, Regionalleiter Verkauf der Besamungsregion Mülligen AG. Fast 40 Jahre lang war er ein treuer Mitarbeiter von Swissgenetics. Schmid ist fast so bekannt wie ein Bundesrat. Sei es an Anlässen, Messen, Besucherbetreu-ung in Mülligen oder Ausstellungen – «Richi» war immer an vorderster Front anzutreffen. Über 300 Schleifen hat er in all den Jahren den Siegerkühen an den Viehschauen überreicht. «In dieser langen Zeit habe ich viele Kontakte und schöne Freundschaften schliessen können», hält er rückblickend fest. Langweilig wird es dem vielseitig interessierten Schmid auch in Zukunft nicht. Ein Buch hat er zwar schon geschrieben, aber: «Viele Ideen und Projekte schwirren noch in meinem Kopf», sagt der 63-Jährige.
Kühe und Stiere
Richard Schmid, den Bauernbub aus dem thurgauischen Oberbussnang, zog es schon früh zu Kühen und Stieren hin. «Zu Hause hatten wir einen Braunviehzuchtbetrieb mit dazugehörendem Restaurant», sagt der gelernte Landwirt. Als sein Bruder später den Betrieb übernahm, orientierte sich der viehzuchtbegeisterte Schmid beruflich um. 1980, als 22-Jähriger, trat er die Stelle als Lagerdisponent bei der Besamungsstation in Bütschwil SG an. «Die Arbeit machte mir Spass», sagt er rückblickend. Der junge Mann besuchte nebenbei die Abendhandelsschule und legte auch eine beachtliche Militärkarriere hin, die schliesslich beim Major endete.
Nach einem Jahr Unterbruch kehrte er 1983 zum damaligen KB-Verband zurück und betreute die Logistik in Mülligen. Beruflich ging es vorwärts und Schmid übernahm 1996 die Regionalleitung Verkauf in Mülligen. Rückblickend gesehen hat Schmid quasi eine Tellerwäscher-Karriere gemacht, vom Lagerdisponenten zum Regionalleiter. Gut 60 Besamungstechniker und 30 Vertragstierärzte werden von Mülligen aus betreut. Das Gebiet reicht von Basel über die Zentralschweiz bis nach Chiasso TI. «Ich durfte immer mit einem zuverlässigen und treuen Team zusammenarbeiten», sagt er stolz.
Grosse Veränderungen
In den 40 Jahren hat Richard Schmid viel erlebt. Die Reformierung der Preisgestaltung 1991. Damals mussten die Bauern nur für die erste Besamung bezahlen, danach gab es zwei Nachbesamungen gratis, wenn die Kuh nicht trächtig wurde. 1995 kam die Liberalisierung auf dem Genetikmarkt; auch der Skandal von 1999 blieb Schmid noch in bester Erinnerung. So versuchte der damalige KB-Direktor mit ein paar Gleichgesinnten, den KB-Verband quasi zu «sprengen», um separat eine Übertragungsfirma gründen zu können – was schlussendlich scheiterte. 1999 folgte dann der Startschuss für die Wartehaltung und im Jahr 2004 folgte der Namenswechsel vom KB-Verband zu Swissgenetics. Ein Meilenstein war auch, als man 20015 in Mülligen mit der Produktion von gesextem Sperma begann. Auch fünf Direktoren hat Richard Schmid in seiner 40-jährigen Tätigkeit miterlebt: Hans Maurer, Fredy Rychen, Hans von Rotz, Stefan Felder und Christoph Böbner. Wenn man noch Peter Gfeller dazuzählt, der 1999 für ein halbes Jahr die Geschäftsleitung ad interim übernahm, waren es sogar sechs. «Rückblickend war es eine sehr spannende Zeit», sagt Schmid. Zu den Aufgaben von Richard Schmid gehörte auch die Gruppenzuteilung der Prüf-, sowie die Verteilung der Importstiere. «Das war eine sehr spannende Arbeit, führte aber unter der Züchterschaft immer zu heissen Diskussionen», sagt der Regionalleiter. «Einige unterstellten mir dabei, dass ich immer die besten Prüfstiere ins gleiche Gebiet einteilen würde.» Zu den Top-Zuchtgebieten gehörten damals für Holstein und Red Holstein das Freiburgerland und für Braunvieh der Kanton Graubünden. «Ich erinnere mich noch, dass beim Braunvieh die Stierenmütter zusätzlich zur kantonalen Beurteilung noch sonderbeurteilt wurden. Viermal die Zehn (Format, Fundament, Euter, Zitzen) war die Maximalnote. Wehe, wenn ich zwei Prüfstiere ins gleiche Gebiet eingeteilt habe, wo die Mutter mit der Maximalnote beurteilt war, da kam sicher ein Telefon von einem aufgebrachten Züchter», sagt Schmid.
Auch schöne Hörner
Vor allem Prüfstiere von bekannten Züchtern waren heiss begehrt. Bei Braun war es der Plantahof, bei Rot der Betrieb von Franz Sepp Flury und bei Schwarz Alfred Theiler. Aber auch die Stiere selber mussten exterieurmässig «was darstellen» – wehe einer präsentierte dabei nicht schöne Hörner. Gern in Erinnerung bleiben Richard Schmid die Stiere Jongleur, Wurl, Baccala, Pickel oder der Rot-faktor-Stier Bad.
«Der Red-Holstein-Stier Pickel ist und bleibt sicher eine Legende», sagt der Regionalleiter. 1990 geboren, kam Pickel ein Jahr später als Prüfstier nach Neuenburg. Wie damals üblich, wurde von den Prüfstieren ein Samenlager von 35 000 Dosen angelegt. «Nachher gingen die meisten zum Metzger, denn eine Wartehaltung gab es damals noch nicht. Erst im Jahr 1999 wurde diese eingeführt», sagt Schmid. Pickel ging aber nicht zum Metzger, sondern wurde vom Verkäufer zum damaligen Schlachtpreis plus 500 Franken wieder zurückgekauft. Nachdem Pickel ein sehr gutes Nachzuchtprüfungsresultat erhielt, liessen die Besitzer vom Stier ein privates Samendepot anlegen. Dank seiner Vererbungskraft und Beliebtheit schnellten die Besamungszahlen von Pickel nach oben. Das Privatdepot von ihm war also heiss begehrt. Pickel war unglaubliche 23 Jahre lang im KB-Katalog aufgeführt worden. «Jetzt, auch ohne Publikationen, werden jährlich noch einige hundert Besamungen mit ihm durchgeführt. Pickel ist eine Marke», hält Schmid fest.
Vergisst man nicht
Nach fast 40 Jahren ist also Schluss und Richard Schmid geht in den wohlverdienten 3. Lebensabschnitt. Vielen Züchtern wird der Regionalleiter in bester Erinnerung bleiben. Es ist wie bei einem guten Stier: Diesen vergisst man lebenslang auch nicht, da können noch so viele Neue kommen.