Die beiden Treibhunde Lif und Mira haben nur Augen für die Schafe. Reto Wäfler hat sie gut ausgebildet. Sie sind seine besten Mitarbeiter und gehorchen bei Fuss. Unterwegs zu seiner Schafweide erinnert sich Wäfler gerne daran, wie er vor 20 Jahren in die Schafzucht und die Schafmilchproduktion eingestiegen ist.

Schlosser, Matrose, Schäfer

«Als Jugendlicher habe ich nie daran gedacht, den Hof zu übernehmen», erzählt Reto Wäfler. Der heute 50-Jährige lernte Schlosser und heuerte bei einer Reederei an. Während zweier Jahre befuhr er als Matrose die See zwischen Nord- und Südamerika. «Als ich zurückkam, wurde über die Hofübergabe diskutiert. Meine Geschwister hatten kein Interesse. Mich packte es aber dann doch», sagt er.

Gelassen und langsam äsend nähern sich die Schafe mit ihrem schmalen Kopf und den Hängeohren dem Zaun. «Es sind Lacaune-Schafe. Ihr Markenzeichen ist der wollfreie Bauch», erklärt Wäfler. Entscheidend für die Wahl der Rasse sei der Käser gewesen. Ihm hätten von der Milchqualität her die Lacaune besser gepasst als die Ostfriesen.

«Die Lacaune-Schafe, überhaupt die Schafhaltung, passen perfekt auf meinen Betrieb beziehungsweise in die Hügelregion im Zürcher Oberland», sagt er. Auf die Schafhaltung ist Reto Wäfler durch eine Projektarbeit am Winterkurs am Strickhof Wülflingen gekommen, den er nach seinen Abenteuern auf dem Meer besuchte. «Milchschafe faszinierten mich von Anfang an», meint er.

Als während seiner Ausbildung am Strickhof sein Vater unerwartet starb, kaufte er Lämmer zu und zog sie auf. Nach 16 Monaten begann er mit der Schafmilchproduktion. Damit ging die Ära Braunvieh auf dem Hof zu Ende. Umgehend baute Reto Wäfler einen neuen, stützenfreien Schafstall mit 188 Fressplätzen. Die Futterachse liegt längsseits in der Mitte. So können die Schafe von den linken und den rechten Boxen her fressen.

Gegen selektives Fressen

Reto Wäfler füttert Heu und Silage, die er im Futtermischwagen aufbereitet. «Schafe sind Feinschmecker und fressen selektiv – am liebsten feine Rispen und Blätter. Aber mit dem Futtermischwagen werden auch die Stängel gut zerkleinert, sodass es weniger Krippenverluste gibt», sagt er. Der Side-by-Side-Melkstand ist im alten Kuhstall untergebracht. Im Melkstand erhalten die Mutterschafe eine eiweissbetonte Getreidemischung. Die Milchleistung seiner 130 Milchschafe liegt im Durchschnitt zwischen 400 und 450 kg pro Jahr. Gemolken wird zweimal täglich, und zwar das ganze Jahr über. Das ist von Wäflers Abnehmern erwünscht. [IMG 3]

Die ersten paar Wochen sind die Lämmer beim Mutterschaf, gemolken wird gleichwohl. Die Lämmer-Mutter-Aufzucht habe sich bewährt. «So habe ich mit der Tiergesundheit keine Probleme. Die Lämmer sind stark, vital und keck», sagt er. Davon kann man sich bei Reto Wäfler selbst überzeugen. Schon viele Jahre kauft Wäfler keine Lämmer mehr zu. Der einzige Neuzugang ist alle zwei Jahre der Bock.

Der Bock steuert

«Die Lacaune-Schafe sind eigentlich auf saisonales Ablammen gepolt. Damit ich das ganze Jahr über Milch liefern kann, staffle ich. Steuern tue ich das mit dem Bock», erklärt Reto Wäfler. Der eine Bock stammt von einer milchbetonten Rasse, der andere von einer Mastrasse.

Der Bock aus der Milchrasse ist ab dem 15. April bei der einen Gruppe Mutterschafe. Ab Mitte Mai aber nehmen die meisten Schafe, die noch nicht trächtig sind, nicht mehr auf. Die Brunstphase setzt dann erst wieder im September ein. [IMG 4]

Zur anderen Gruppe Schafe, die vor allem aus Erstlaktierenden besteht, kommt der Bock der Fleischrasse auf Mitte Juni. Es ist ein Dorper-Bock mit einem schwarzen Kopf.

Die Trächtigkeit dauert bei den Schafen fünf Monate. Die ersten Auen lammen bereits im September, die Lammzeit dauert bis in den März hinein.

So sorgt Reto Wäfler dafür, dass er ganzjährig Schafmilch liefern kann. Zusätzlich puffert er die Wochen im September/Oktober, wo er wenig Milch hat, indem er Schafmilch einfriert.

Aufwendig ist das Weidemanagement. Wichtig ist Reto Wäfler, früh mit Weiden zu beginnen, am besten von Anfang März bis in den Spätherbst hinein. Das kühle Wetter in diesem Jahr behagte den Schafen. Im Gegensatz zu Rindern gibt es auch bei dem diesjährigen, nasskalten Wetter keine Trittschäden. «Das ist bei uns, wo wir vor allem schwere Böden mit einem hohen Lehmanteil haben, von Vorteil.»

Hitze haben seine Schafe weniger gern. Die Bremsen machen ihnen schwer zu schaffen. «Dann stelle ich auf Nachtweide um», sagt Wäfler.

Mähweidenutzung

Reto Wäfler setzt auf Portionenweide. Jeden Tag gibt es eine neue Portion. «Nach jedem Weideumtrieb erfolgt eine Mähnutzung der Parzelle. So kann ich den Parasitendruck massiv senken», sagt Wäfler.

Am liebsten mäht Reto Wäfler kurz vor dem Rispenschieben, das gibt das hochwertigste Futter für die Milchproduktion.

Marktpotenzial begrenzt

Milchschafhaltung ist ein intensiver Betriebszweig. Stimmt denn auch der Milchpreis? «Ich bekomme zwischen Fr. 2.60 und Fr. 3.–. Mit drei Franken bin ich zufrieden. Fr. 2.60 sind knapp, um damit alle Produktionskosten zu decken», sagt Wäfler. «Es ist früher einfacher gewesen, Schafmilch und Schafmilchprodukte am Markt zu platzieren», lautet sein Resümee.

Auch etwas Direktvermarktung macht der Betrieb und verkauft Schaffleisch-Mischpakete und Schafmilch. «Unsere Kundschaft ist vor allem italienisch- und türkischstämmig. Sie schätzen Schafmilch», sagt er. Schafmilch hat ja auch ihre Vorteile. Sie hat nicht nur höhere Protein- und Fettgehalte als Kuhmilch, sondern auch die Nährstoffdichte ist einiges höher.

Website: www.schafmil.ch

Betriebsspiegel
Familie: Nicole und Reto Wäfler mit Anna-Lena, Joelle und Orell
Ort: Bäretswil
LN: 27 ha, voralpine Hügelzone
Viehbestand: 130 Milchschafe, 100 Mastlämmer