Der Bundesrat will laut einer Mitteilung die tierschutzrechtlichen Vorgaben stärken. Das habe zwei Hintergründe: Einerseits neue wissenschaftliche Erkenntnisse und andererseits diverse parlamentarische Vorstösse. «Gewisse Praktiken im Umgang mit Tieren entsprechen nicht mehr dem heutigen Verständnis von Tierschutz und sollen künftig verboten werden», schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Die entsprechenden Vorschläge gehen nun in die Vernehmlassung.

Bei Schafen verbieten, wie es bei Hunden der Fall ist

Eine Praktik, die künftig nicht mehr erlaubt sein soll, ist demnach das Kürzen von Schwänzen bei Schafen. Es sei schon bei Hunden, Equiden, Schweinen und Rindern verboten, künftig soll dasselbe für Schafe gelten. Dieser Vorschlag geht auf eine Motion der abgewählten Grünen-Nationalrätin Meret Schneider zurück, die allerdings lediglich ein Verbot des Schwanzcoupierens ohne Betäubung forderte. Es fehle aber eine zuverlässige Anästhesiemethode für diesen Eingriff, so das BLV. Eine Pflicht zur Schmerzausschaltung wäre aus Sicht der Behörde für die Tierhaltenden mit grossem Aufwand und Kosten sowie beträchtlichem Kontrollaufwand seitens der Ämter verbunden. Da ausserdem die Schwanzlänge züchterisch beeinflussbar sei, soll der Eingriff gleich ganz untersagt werden.

Gutachten für die Frist

Weiter könnten Managementmassnahmen den negativen Auswirkungen langer Schwänze entgegenwirken. Das BLV nennt als Beispiele die Zufütterung von Heu bzw. die fachgerechte Bekämpfung von Magen-Darm-Parasiten oder das Ausscheren des Hinterteils inklusive Schwanz und Euter.

«Um züchterische Massnahmen voranzutreiben, wird das Schwanzkürzen verboten», so das BLV. Es ist aber eine «angemessene Frist» vorgesehen, deren nötige Länge ein Gutachten bestimmen soll.

Beschäftigen statt Touchieren

Die Überprüfung der Ausnahmen von der Schmerzausschaltungspflicht und der jeweiligen Eingriffe haben dazu geführt, dass auch das Touchieren der Schnäbel von Hausgeflügel verboten werden soll. Ähnlich wie beim Schwanzcoupieren im Fall der Schafe verweist man im erläuternden Bericht auf Management-Massnahmen: Mit ausreichend Beschäftigungsmaterial könne Verhaltensstörungen beim Geflügel vorgebeugt werden.

Andere Regeln im In- und Ausland

Gemäss erläuterndem Bericht ist das Kürzen der Zehen und das blutige Zurückschneiden der Sporen männlicher Küken für die Zucht in Produzentenkreisen nicht mehr Usus und soll in Zukunft in der Schweiz auch nicht mehr erlaubt sein. Unter anderem mit baulichen Anpassungen sei das Verletzungsrisiko für Hennen durch aggressives Paarungsverhalten der Hähne entschärfbar. Das Kürzen des Sporenhorns entspreche hingegen dem Krallenschneiden und wird daher weiterhin erlaubt bleiben.

Wie im Bericht zu lesen ist, schlüpfen die fraglichen Küken in der Regel aber nicht in der Schweiz, sondern im Ausland. Dort, in den ersten Lebenstagen in der Brüterei, würden ihnen allenfalls auch Zehen und Sporen gekürzt. Von Importbeschränkungen ist nicht die Rede.

Zicklein muss der Tierarzt betäuben

Ein Beispiel für den Einfluss neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ist die vorgeschlagene neue Vorschrift, dass Zicklein zur Enthornung nur durch den Tierarzt betäubt werden dürfen. Das Enthornen soll weiterhin der Tierhalter durchführen dürfen, die bisherige Formulierung zur Schmerzausschaltung sei aber nicht eindeutig gewesen. Da in einer Vetsuisse-Studie über 43 Prozent der untersichten Zicklein Zeichen einer ungenügenden Betäubung gezeigt haben, will das BLV hier präzisieren. Die Vorgabe werde bereits seit Anfang 2020 so umgesetzt.

Pferde nicht mehr ausbinden

Die Vorlage zur Änderung der Tierschutzverordnung enthält im Weiteren verschiedene neue Vorschriften zum Umgang mit Pferden. Unter anderem will man das Ausbinden verbieten. Damit würden Kopf und Hals der Tiere in einer bestimmten Haltung fixiert, was das Erfüllen arttypischer Bedürfnisse über längere Zeit verunmögliche. Ausserdem seien schmerzhafte Muskelverspannungen damit verbunden.

Explizit verbieten will der Bund zudem das Ausüben physischer Gewalt gegenüber Equiden, den Aufbau übermässigen psychischen Drucks sowie bestimmte Ausrüstungsgegenstände und den groben Gebrauch von Hilfsmitteln.

Die Vernehmlassung dauert bis zum 15. März 2024.