Eigentlich sei er ja kein Morgenmensch, sagte der Innovations- und Zukunftsforscher Hannes Rohner kürzlich am traditionellen Schweineseminar der Landi Sursee und Umgebung im Campus Sursee. Der Berner nahm als erster Referent der Tagung aber rasch Fahrt auf und zog die zahlreichen Schweineprofis in seinen Bann.
Eine Wohlstandsgesellschaft
Sein erstes Geld verdiente der ausgebildete Militärpilot, Physiker, Entwicklungspsychologe und Executive MBA HSG in einem Schlachthof. Und die Branche, insbesondere das Schweinefleisch, beschäftigt den Fleischliebhaber bis heute. Bereits vor 25 Jahren habe er im Luzernbiet über die Zukunft der Landwirtschaft referiert. "Offen gesagt, hat die Branche in letzter Zeit nicht viel gemacht", hielt Rohner fest. Das Wirtschaftswachstum sei seit 25 Jahren tendenziell rückläufig. Wir lebten in einer Wohlstandsgesellschaft und seien überversorgt. Megatrends im Konsum seien als Ersatzreligion die Gesundheit, Individualisierung und eine irre Vermenschlichung der Tiere. Um alles zu erreichen und auf nichts zu verzichten, arbeite der Mensch entsprechend wie "blöd". Die Schweinfleischbranche müsse auf dieses neue Umfeld reagieren. Das sie dies bislang nicht machte, zeigte Rohner anschaulich mit Bildern. Die Entwicklung des VW Golf verglich er mit einem Stück Schweinefleisch im Laden. Während das Auto eine gewaltige Innovation durchlebte, werde das Fleisch noch immer gleich angepriesen. Sowieso sei Schweinefleisch alles andere als trendy.
Fleisch aus dem Labor
Zu viel(e) spreche dagegen, etwa Ärzte (Cholesterin), Ernährungsberater (Fett), WHO (Zusatzstoffe), Kulturen (religiöse Verbote), Ramschaktionen der Grossverteiler und Ökobewegung (Fleisch, das neue Rauchen?). Und zu guter Letzt ein Label- statt Wurstsalat. Schweinefleisch verschwinde zusehends von der Karte städtischer Restaurants. Zu allem Übel wurde vor über einem Jahr der erste Labor-Hamburger entwickelt. Es ist also möglich, Fleisch ohne Tiere herzustellen. "In 50 Jahren gibt es euch nicht mehr", sagte Rohner den verdutzen Bauern, und man war sich nicht ganz sicher, wie ernst ihm dabei war. Mit dem "Manifest Weissenstein", wo sich die Schweinebranche traf, soll nun etwas gegen diese Abwärtsspirale unternommen werden. "Wir müssen etwas tun", sagte Rohner. Als Erstes wurde ein Innovationswettbewerb lanciert.