Es war ein eher schwieriges Jahr, auf das der Präsident Marcel Dettling mit dem Schweizer Kälbermästerverband zurückblicken musste. Dessen Delegiertenversammlung fand am vergangenen Freitag im bernischen Arni statt. Tiefe Preise, Mäster, die aussteigen, Einlagerungen, wenig Zug im Markt und die Kälberimpfung beschäftigen die Kälbermäster. Doch trotz aller Krisen: Dettling sucht nach Lösungen, statt den Kopf in den Sand zu stecken. «Wir können uns nicht immer darauf verlassen, dass alles aus dem Ausland kommt, was hier fehlt», betonte er mit Blick auf die «Vegi-Initiative», die wieder gegen das «gute, einheimische Fleisch» ziele. Und zum politischen Gegenwind gegen die Fleischwirtschaft meinte er: «Schmetterlinge und Blumen haben wir nun lange gezählt, vielleicht sollten wir doch noch etwas produzieren.»

Alle im gleichen Boot

Was vor wenigen Jahren noch niemand laut auszusprechen wagte, wird nun offen thematisiert: die Schlachtung von Tränkern. Geschuldet ist dieser Umstand der starken Saisonalität der Abkalbungen und dem grossen Tränkeranfall im Winter, während sie im Sommer fehlen. Diesem Trend will die Branche gegensteuern, das betonte auch Adrian Weber, der im Namen von Swissherdbook ein Grusswort an die Delegierten überbrachte. Die Geburtsbetriebe seien gefordert, damit möglichst keine Tränker geschlachtet würden. Dazu gehöre auch die gute Betreuung der Kälber, wie auch die korrekte Umsetzung der nun eingeführten Kälberimpfung. Ausserdem gab er zu bedenken: «Nicht jede Kuh muss jedes Jahr ein Kalb haben. Es gibt immer mehr Hochleistungskühe, bei denen längere Laktationen Sinn machen.» Auch so lasse sich die Zahl der Kälber effektiv senken.

Für ihn seien die Tränkerschlachtungen ethisch nicht vertretbar. Darum sei es an den Geburtsbetrieben, wo möglich die Saisonalität der Abkalbungen anzupassen. Auch bezüglich der Impfung der Kälber rief er zur Solidariät untereinander auf: «Wir sitzen alle im gleichen Boot, es braucht ein Miteinander, statt gegeneinander zu schiessen.» Er nahm damit Bezug auf die verbreitete Skepsis der Mäster gegenüber der privatrechtlichen Einführung der Kälberimpfung gegen fieberhafte Atemwegserkrankungen.

Mäster haben die Wahl

Auch Marcel Dettling liess diesbezüglich Bedenken nicht gelten: «Wir müssen die Gesundheit der Kälber verbessern», betonte er und sprach vom Damoklesschwert des Antibiotikaeinsatzes, das über der Branche schwebe. Die Lösung, die man nun für die Impfung gefunden habe, sei eine gute. Die Kosten würden so zwischen Geburtsbetrieb und Mäster aufgeteilt. «Die Milchproduktion hat ein Verantwortung», betonte er. Es gehe nicht, dass man die Kälber einfach nur möglichst schnell loswerden wolle. Und an die Mäster appellierte er, im eigenen Interesse nur geimpfte Kälber zu übernehmen: «Schlaumeier, die das System austricksen wollen, können wir derzeit nicht gebrauchen.» Letzten Endes hätten die Mäster die Wahl, von welchen Betrieben sie Kälber abnehmen wollten und von welchen nicht mehr, so Dettling. Auch werde es eine gesetzliche Regelung geben, wenn es der Branche nicht aus eigenem Antrieb gelinge, den Antibiotikaeinsatz in der Mast noch weiter zu senken.

Sinkende Mitgliederzahl

Genaue Zahlen, wie viele Kälber im Alter von unter 57 Tagen geschlachtet werden, gibt es nicht. Zwar wären diese Daten bei der TVD vorhanden, doch deren Auswertung ist teuer. Auch aus Kostengründen wird die Dokumentation der Kälberimpfung nicht über die TVD erledigt. Die Anpassungen hätten rund 50 000 Franken gekostet. Zu seinen Finanzen trägt der Schweizer Kälbermästerverband mit Blick auf die sinkenden Mitgliederzahlen Sorge.

Auch in Zukunft dürfte sich dieser Trend nicht umkehren, wenn die Wirtschaftlichkeit der Kälbermast nicht steigt. Dazu bräuchte es auch einen steigenden Konsum, damit die Preise steigen. Die Branche will deshalb Kalbfleisch vermehrt in den Fokus der Konsumenten rücken. Im vergangenen Jahr realisierten die Mäster im Schnitt einen Preis von 14.42 Fr. pro kg SG für ihre Schlachtkälber. Das sind 78 Rappen weniger als noch im Jahr 2023. Dies, obwohl das Angebot deutlich gesunken ist. Allerdings bleibt der Inlandanteil hoch, sodass der Markt wenig spielt und unter den Phasen mit vielen Kälbern leidet.

Produktion sinkt

187 386 Kälber wurden im vergangenen Jahr im Inland gemästet und geschlachtet. Das sind 1,2 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Insbesondere im Sommer und im Herbst wurden deutlich weniger Kälber geschlachtet als noch im Jahr zuvor. Dies, nachdem im Frühling noch Fleisch eingelagert wurde, um den Markt zu entlasten. Insgesamt kamen laut Statistik von Proviande im vergangenen Jahr 18 535 Tonnen einheimisches Kalbfleisch auf den Markt. Hinzu kamen 398 Tonnen Importe. Damit betrug das Gesamtangebot an Kalbfleisch in der Schweiz 18 933 Tonnen. Damit hat jeder Schweizer im vergangenen Jahr im Schnitt 2,08 kg Kalbfleisch verspiesen. Im Jahr zuvor waren es noch 2,13 kg. Der Inlandanteil liegt bei sehr hohen 97,9 Prozent.

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Die Saisonalität als grosse Herausforderung

Rund ein Viertel aller Schweizer Kühe kalbt in den Monaten September, Oktober und November. Dieses gehäufte Angebot an Kälbern entstand ursprünglich, weil dann die Rinder von den Alpen kommen. Diese Häufung von Geburten und Tränkern im Winterhalbjahr bringt allerdings für die Mäster massive Probleme, denn sie wollen zu jeder Jahreszeit gleich viele Tiere einstallen, da die Anzahl Mastplätze gegeben ist.

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Mit Programmen wie Sommerochsen und der Produktion von Fressern sollen das Sommerloch beim Rindfleisch gestopft und die Schlachtung von Tränkern verhindert werden. Gefordert sind insbesondere die Geburtsbetriebe, welche die Tiere nicht mehr alpen und somit ihre Geburten in andere Monate verlegen könnten.